Ein rotes Signal leuchtet an einem Hauptbahnhof (Symbolbild)
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Bahn-Tarifverhandlungen gescheitert - Streiks drohen

Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn sind gescheitert. Das teilte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Berlin mit. Sie will nun im Bundesvorstand über die nächsten Schritte entscheiden, möglich wäre ein unbefristeter Streik.

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Am Mittwochabend geht es plötzlich schnell: Nach langem Warten und zähen Verhandlungen verlässt die Tarifkommission der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit gepackten Koffern das Gebäude der IG Metall in Berlin-Kreuzberg. Kurze Verwirrung - doch dann ist klar: Die seit Ende Februar geführten Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn sind gescheitert.

Bahn: EVG wirft fast fertigen Tarifabschluss weg

Die Deutsche Bahn hat den Abbruch der Tarifverhandlungen durch die EVG scharf kritisiert. "Die Gremien der EVG sind nicht kompromissbereit. Die Leidtragenden sind unsere Mitarbeitenden und unsere Fahrgäste", sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler am Mittwochabend laut einer Mitteilung. "Die EVG wirft einen fast fertigen Abschluss weg und setzt kurz vor dem Ziel alles auf Null. Eine Einigung war zum Greifen nah, 140 Seiten Tariftext sind bereits fertig. Was jetzt passiert, ist unglaublich."

"Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein guter, ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh", so Seiler. "Die Sommerferien stehen unmittelbar vor der Tür, die Reisenden wollen planen. Und unsere Mitarbeitenden wollen endlich mehr Geld."

Streiks während der Sommerferien möglich

"Die Zentrale Tarifkommission der EVG hat die Verhandlungen am Mittwochabend mit der Deutschen Bahn nach langer und sehr intensiver Diskussion für gescheitert erklärt", teilte die Gewerkschaft ihrerseits in einer knappen Mail mit. Übersetzt heißt das: Kein neuer Tarifvertrag, keine Lösung des Konflikts nach mehr als einem Dutzend Verhandlungstagen. Und: Möglicherweise lange Streiks ausgerechnet während der Sommerferien.

Die EVG war mit großen Zielen in die Verhandlungen gegangen: 650 Euro mehr Gehalt pro Monat, bei den oberen Einkommensgruppen plus zwölf Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit sollten es sein. Wie viel am Mittwochabend auf dem Tisch lag, blieb zunächst offen. Deutlich wurde aber im Verlauf des Tages: In der Tarifkommission herrschte schlechte Stimmung wegen des jüngsten Verhandlungsstands.

Knackpunkt ist die Laufzeit

Über das weitere Vorgehen soll nun der Bundesvorstand der EVG am Donnerstag in Berlin entscheiden. Neben unbefristeten Streiks ist auch ein Schlichtungsverfahren möglich, bei dem eine oder mehrere neutral ausgewählte Personen die Tarifparteien wieder zueinander bringen könnten. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes wurde so vor einigen Wochen der Weg zur Lösung geebnet.

"Der schwierigste Punkt ist nach wie vor die Laufzeit, also in welchem zeitlichen Rahmen Gehaltserhöhungen erfolgen sollen", sagte EVG-Chef Martin Burkert vor dem Scheitern der Verhandlungen gegenüber dem Nachrichtenportal "t-online".

Seit Ende Februar wurde verhandelt

Die EVG verhandelt seit Ende Februar mit Dutzenden Eisenbahn-Unternehmen über höhere Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte. Der Fokus lag dabei auf den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB), dort arbeiten gut 180.000 dieser Beschäftigten.

Die Gewerkschaft kämpfte mit zwei Warnstreiks für ihre Ziele: Im März legte sie den Zugverkehr für 24 Stunden quasi komplett lahm, im April an einem Freitagvormittag für acht Stunden. Gewerkschaftschef Burkert sagte "t-online", der Tarifkonflikt und die Warnstreiks hätten die Gewerkschaft wachsen lassen: "Wir haben aktuell bereits 6.500 neue Mitglieder gewonnen, das sind 2.500 mehr als im vergangenen Jahr."

Abschlüsse bei Privatbahnen in dieser Woche

Zu Beginn der laufenden Woche überraschte die EVG dann mit Abschlüssen bei den Privatbahnen, bei denen Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1.000 bis 1.400 Euro Inflationsausgleichsprämie im Mittelpunkt stehen. Damit seien Maßstäbe auch für die Gespräche mit der DB gesetzt worden, hieß es. In der Branche war zuletzt davon ausgegangen worden, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer DB warten würden. Den wird es nun so schnell nicht geben.

Die Deutsche Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von zwei Jahren zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollten die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe sollte demnach noch in diesem Jahr anstehen. Angedacht war zudem eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Raten von insgesamt 2.850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfällt, zahlbar in mehreren Raten.

Aus der DB-Mitteilung von Mittwochabend geht hervor, dass die prozentualen Erhöhungen in den Verhandlungen durch einen Festbetrag ersetzt und im Gegenzug die Laufzeit von 24 auf 27 Monate erhöht worden sei - für einen Deal hat das aber nun nicht gereicht.

Mit Informationen von dpa

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