Hochmoor in der Gemeinde Raubling
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Über die Klippe: EU-Parlament stimmt Renaturierungsgesetz zu

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EU-Parlament stimmt umstrittenen Renaturierungsgesetz zu

Mehr Bäume, mehr Moore und mehr frei fließende Flüsse. Das ist das Ziel eines neuen Naturschutzgesetzes, das das EU-Parlament am Dienstag beschlossen hat. Eine bemerkenswerte Rolle spielte dabei die EVP.

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Nach langem Streit hat das EU-Parlament am Dienstag für ein neues EU-Naturschutzgesetz gestimmt, mit dessen Hilfe Naturzerstörungen in Europa rückgängig gemacht werden sollen. Bis 2030 sollen die Mitgliedsstaaten für mindestens 20 Prozent der Land- und Seeflächen Europas Maßnahmen ergreifen, damit die Lebensräume wieder natürlicher werden.

EU-Staaten müssen 20 Prozent der Lebensräume renaturieren

Bis 2050 soll das dann für alle bedrohten Lebensräume gelten. Am Ende sollen die Städte wieder grüner sein, die Moore feuchter, die Meere, Flüsse und Wälder wieder näher an ihrem natürlichen Zustand. Außerdem müssen mindestens 25.000 Kilometer Flüsse zu frei fließenden Flüsse werden. Begradigungen oder Kraftwerke müssen also rückgebaut werden.

In Notsituationen kann die Renaturierung bei landwirtschaftlichen Ökosystemen aber ausgesetzt werden. Das wäre der Fall, wenn zum Beispiel die Ernährungssicherheit gefährdet wäre, weil nicht genug Anbauflächen zur Verfügung stehen.  

Deutliche Mehrheit im EU-Parlament dafür

Am Ende stimmten 329 Abgeordnete für das Gesetz, 275 dagegen – das war deutlicher, als viele zuvor erwartet hatten. Die Mehrheit kam vor allem durch die Stimmen der Sozialdemokraten, Grünen, Teilen der Liberalen und der Linken zusammen.

Jutta Paulus von den Grünen hat an vorderster Front für das Renaturierungsgesetz gekämpft: "Ich bin natürlich unfassbar erleichtert, dass das Gesetz zur Rettung der Natur jetzt tatsächlich mit Mehrheit durchs Parlament gegangen ist."

EVP hat viele Veränderungen durchgesetzt, dann aber dagegen gestimmt

Spannend hatte die EVP-Fraktion die Abstimmung gemacht, der aus Deutschland CDU und CSU angehören. Eine Mehrheit der Fraktion stimmte gegen den Vorschlag, auf den sich Kommission, nationale Regierungen und ja auch Vertreter des Europaparlaments im November geeinigt hatten.

Dabei hatte sich die Verhandlungsführerin der EVP früher noch ganz stolz gezeigt, wie viel sie durchsetzen konnte – nämlich: Alles, was ihrer Fraktion wichtig war. Doch nach der Abstimmung heute bleibt für Fraktionschef Manfred Weber nur Kritik an dem Werk: "Dieses Gesetz war von Beginn an ein schlecht gemachtes Gesetz, das seine Ziele auch nicht erreichen wird. Deshalb haben wir diesem Gesetz heute nicht zugestimmt."

EVP: Zu viel Bürokratie im Gesetz

Mit "wir" meint er einen Großteil der EVP-Fraktion, etwa zwei Drittel. Das sei alles zu bürokratisch, zu viele Auflagen, zu viel abgeschoben auf die nationale Ebene, sagt Manfred Weber, auch die EVP sei ja für Umweltschutz und Artenvielfalt, aber sie wolle das nicht gegen die Landwirte erreichen, sondern mit ihnen.

"Wir erleben derzeit, dass die Bauern auf die Straße gehen, um auszudrücken, dass sie vor zusätzlicher Bürokratie – das ist das Hauptthema – geschützt werden", so Weber. "Im gleichen Moment stimmt das Europäische Parlament für zusätzliche Auflagen für unsere Bauern – das passt nicht zusammen."

Grüne: Druck auf Ökosysteme verringern

Wir wollen nicht alles zu Naturschutzgebieten machen, erklärt Jutta Paulus von den Grünen, sondern es gehe um ein besseres Nebeneinander von Natur und Bewirtschaftung: "Das Gesetz ist kein definitives Naturschutzgesetz, sondern es geht darum, den Druck auf die Ökosysteme zu verringern. Beispielsweise eine Fichtenstangenplantage in einen artenreichen Mischwald umwandeln. Der natürlich weiter genutzt wird, wir brauchen ja Holz."

Als Nächstes sind jetzt die nationalen Regierungen gefordert. Die nämlich müssen nun entsprechende Pläne zur schrittweisen Rettung der Natur entwickeln. Dafür bleiben ihnen zwei Jahre Zeit. Ihre Zustimmung gilt aber als sehr wahrscheinlich.

Das Renaturierungsgesetz gilt als wichtiger Bestandteil des Green Deal, also der umweltpolitischen Ambitionen der Kommission. Ihren Angaben zufolge befinden sich mehr als 80 Prozent der europäischen Lebensräume in einem schlechten Zustand.

Mit Informationen der dpa

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