02.12.2022, Berlin: Die Bundestagsabgeordneten kommen im Plenum zur Sitzung zusammen Thema ist die 2./3. Lesung des Chancen-Aufenthaltsrechts und die Beschleunigung von Asylverfahren.
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Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP hat der Bundestag das sogenannte Chancen-Aufenthaltsgesetz beschlossen.

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Bundestag beschließt Chancen-Aufenthaltsgesetz

Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP hat der Bundestag das sogenannte Chancen-Aufenthaltsgesetz beschlossen. Die Union bekräftigte bei der abschließenden Debatte ihre Kritik an der Neuregelung.

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Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der Ampel-Koalition das neue sogenannte Chancen-Aufenthaltsgesetz beschlossen. Auf die Vorlage der Ampel-Koalition entfielen in namentlicher Abstimmung 371 von 654 abgegebenen Stimmen. 226 Abgeordnete waren dagegen, 57 enthielten sich.

Verhärtete Fronten zwischen Union und Ampel

In der abschließenden Debatte warf die Union der Koalition vor, mit ihrem geplanten Aufenthaltsrecht abgelehnte Asylbewerber zu belohnen, die über Jahre nicht zu einer Klärung ihrer Identität beigetragen hätten. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Andrea Lindholz (CSU), sagte, es wäre besser, sich "auf die wirklich Schutzberechtigten" zu fokussieren. Für gut integrierte langjährig Geduldete gebe es heute schon genügend Ausnahmen und pragmatische Lösungen. Clara Bünger (Linke) wies darauf hin, "dass es Länder und Botschaften gibt, die diese Papiere nicht ausstellen". Der CDU-Politiker Detlef Seif räumte ein: "Diesen Personenkreis, den sie geschildert haben, den gibt es."

Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh sagte, dass sich viele Menschen in Deutschland niederlassen und integrieren wollten, sei "ein Kompliment für dieses Land". Es sei Zeit, mit der "verkrampften Einwanderungs- und Asylpolitik" aufzuhören, forderte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann. Sein Fraktionskollege Adis Ahmetovic berichtete von seiner eigenen, schwierigen Zeit als Geduldeter. Er sagte, das Chancen-Aufenthaltsrecht sei "ein Zeichen im Sinne von Fairness, Partizipation, Anerkennung und Respekt".

Auch in den Wahlkreisen vieler Unionsabgeordneten gebe es viele Unternehmen, in denen Menschen arbeiteten, die von der Neuregelung profitieren könnten, sagte die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat. Der niederbayerische FDP-Abgeordnete Muhanad Al-Halak bezeichnete es in der Debatte als absurd, "dass Menschen, die länger als fünf Jahre bei uns geduldet werden, vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden und das, obwohl sie arbeiten können und wollen". Währenddessen suche die Wirtschaft händeringend Mitarbeitende und Auszubildende. Das Chancen-Aufenthaltsrecht gebe nun mehr als 130.000 Menschen eine Zukunft und eine Perspektive in Deutschland.

Linken-Politikerin Bünger bezeichnete die Hürden im Chancen-Aufenthaltsrecht als immer noch viel zu hoch. Der AfD-Politiker Bernd Baumann sagte, die Ampelregierung öffne damit weiter "die Schleusen – gegen den Willen der Deutschen".

  • Zum Artikel: Migrationsexpertin: Wir brauchen nicht nur Fachkräfte

Chancen-Aufenthaltsrecht soll bessere Perspektive bieten

Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive bieten. Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen. Dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts.

Der Gesetzentwurf hält im Grundsatz daran fest, dass nur dann ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll, wenn die Identität geklärt ist. Er bietet diese Möglichkeit jedoch auch dann, wenn ein Ausländer "die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen" hat. Menschen, die ihre Identität verschleiern, um einer Abschiebung zu entgehen, sind ausgeschlossen. Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der 18-monatigen Aufenthaltsdauer nicht erfüllt sind, sollen die Betroffenen in den Status der Duldung zurückfallen.

Auch Gesetz für schnellere Asylverfahren passiert den Bundestag

Der Bundestag hat außerdem ein Gesetz verabschiedet, mit dem Asylverfahren beschleunigt werden sollen. Für den Gesetzentwurf stimmten SPD, Grüne und FDP. Die Union, die Linksfraktion und die AfD lehnten das Vorhaben am Freitag ab. Zwei Abgeordnete enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Freitag feststellte.

Mit der Neuregelung wird die sogenannte Regelüberprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgeschafft. Bei dieser Prüfung wird bisher nach einer bestimmten Frist automatisch geschaut, ob es Gründe für einen Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung der Asylberechtigung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gibt. Die Überprüfung soll künftig - auch um das Bamf zu entlasten - nur noch "anlassbezogen" erfolgen.

Mit Informationen von dpa und AFP

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