AfD-Chefin Weidel
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Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende, spricht zu den Delegierten der AfD Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg

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AfD-Chefin Weidel will eine "Festung Europa" bauen

AfD und EU - das harmoniert nicht. Parteichefin Weidel hat zum Auftakt des Europaparteitags den Rückbau von EU-Institutionen gefordert und den Schulterschluss mit anderen rechten Parteien gesucht. Die deutsche Wirtschaft ist wegen der AfD in Sorge.

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Weniger Brüssel, mehr Berlin – mit dieser Devise will die AfD in den Wahlkampf für die Europawahl im kommenden Jahr starten. Zum Auftakt des Europaparteitags an diesem Wochenende in Magdeburg machte die Co-Parteivorsitzende Alice Weidel ihre Position deutlich. Ihr zufolge sollte die Europäische Union radikal reformiert und EU-Institutionen zurückgebaut werden.

Weidel will EU-Befugnisse neu vergeben

Ziel der AfD auf europäischer Ebene sei ein "Kompetenzrückbau", sagte Weidel in ihrer Rede vor den rund 600 Delegierten. "Wir treten ein für die Stärkung der Nationalstaaten innerhalb der EU." Weidel erklärte, die EU sei "zutiefst undemokratisch" und "übergriffig", sie greife in private Lebensgestaltung und in Unternehmensgestaltung ein.

Weidel suchte dabei den Schulterschluss mit anderen rechten Parteien in Europa. Gerade als Maßnahme gegen irreguläre Migration setze man auf die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten im Europäischen Parlament. "Wir brauchen die Festung Europa zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern", sagte die AfD-Chefin.

  • Zum Artikel: Wie sich die AfD in Europa vernetzt

Weidel hatte beim an gleicher Stelle stattfindenden Bundesparteitag am Vortag in einer Debatte zum Beitritt der AfD-Delegation zur europäischen Partei "Identität und Demokratie" mit dafür gesorgt, dass ein Antrag von Befürwortern eines Austritts Deutschlands aus der EU abgelehnt wurde.

Teile der AfD nach wie vor für komplette Abschaffung der EU

Auch in ihrer Rede relativierte Weidel in Teilen die Forderungen einiger AfD-Funktionäre nach einer "geordneten Auflösung der EU". Diese war Teil eines Entwurfs des Bundesvorstands für ein Europawahlprogramm. Darin wird unter anderem die Auflösung des EU-Parlaments gefordert - also jenes Parlaments, für das die AfD bei ihrem Parteitag heute nun Kandidaten aufstellen will.

Einer der prominentesten Fürsprecher ist der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke. Er plädierte am Rande der Versammlung dafür, die Europäischen Union in ihrer jetzigen Form abzuschaffen. "Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter", sagte der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bezeichnete Politiker im Interview mit dem Fernsehsender Phönix. "Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann." Höcke drängte überdies auf einen neuen europäischen Staatenbund.

Sächsischer Politiker Krah ist AfD-Spitzenkandidat für Europawahl

Die AfD zieht mit dem umstrittenen sächsischen Politiker Maximilian Krah als Spitzenkandidat in die Europawahl. Die Delegierten des Magdeburger Parteitags wählten den 46-Jährigen am Samstag mit großer Mehrheit auf Platz eins der Kandidatenliste. Auf den nächsten Listenplätzen folgten mit Petr Bystron und René Aust weitere Vertreter des äußerst rechten Parteiflügels, die in ihren Bewerbungsreden scharfe europakritische Töne angeschlagen hatten.

Krah setzte in seiner Bewerbungsrede stark auf das Thema Patriotismus. "Wir wollen ganz Deutschland zu einem großen Sonneberg machen", sagte der Europaabgeordnete mit Blick auf den ersten Landratsposten für die AfD, den sie im Juni in dem thüringischen Landkreis errungen hatte. Die AfD habe "endlich was zu sagen".

Krah rechnete in seiner Bewerbungsrede mit seinen parteiinternen Widersachern ab und rief die rund 600 Delegierten auf, sie sollten "heute endlich mal den Dreckwerfern die rote Karte zeigen". Seine siebenminütige Rede wurde mit frenetischem Applaus bedacht. Gewählt wurde er mit 65,7 Prozent der Stimmen. Krahs Gegenkandidat, der Berliner AfD-Kommunalpolitiker Andreas Otti, bekam 25,2 Prozent.

Krah ist seit 2019 EU-Abgeordneter, zudem ist er Mitglied des AfD-Bundesvorstands. Der promovierte Rechtsanwalt vertritt das äußerst rechte Lager der AfD, er unterhält enge Kontakte zu AfD-Chef Tino Chrupalla und dem Thüringer Landeschef Björn Höcke. Das Verhältnis zu Ko-Parteichefin Alice Weidel gilt als distanziert.

AfD-kritische Stimmen aus der Wirtschaft

Besorgt zeigten sich derweil Vertreter der deutschen Wirtschaft über die AfD. "Die Partei lehnt vieles ab, was für unsere Wirtschaft wichtig ist, etwa Zuwanderung oder den Euro", sagte der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Karl Haeusgen, der "Welt". Das könne zu einem "negativen Standortfaktor werden". Zudem leugne die AfD den menschengemachten Klimawandel und seine Folgen.

Im Video: BR-Korrespondentin Eva Huber auf dem Europaparteitag der AfD

Delegierte geben hinter Wahlkabinen ihre Stimmen für den Listenplätze für die Europawahl der AfD auf der Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg ab.
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Delegierte geben hinter Wahlkabinen ihre Stimmen für den Listenplätze für die Europawahl ab.

Der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sagte dem "Münchner Merkur", die AfD entwickele sich zum zusätzlichen Risiko für den Industriestandort. "Als BDI-Präsident sage ich ganz klar: Deutschland lebt von seiner weltweiten Vernetzung. Und jede Politik, die diese Vernetzung reduzieren will, schadet dem Wirtschaftsstandort und damit uns allen." Außerdem brauche Deutschland qualifizierte Zuwanderung, allein schon für den Arbeitsmarkt.

Der Bundestagsabgeordnete und frühere Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, kritisierte die AfD auf Twitter scharf. "Höcke will das Versöhnungswerk, das Konrad Adenauer und Helmut Kohl aufgebaut haben, sterben lassen. Frieden, Wohlstand, Freiheit, offene Grenzen und gemeinsame Währung in der EU: alles soll sterben. Diese Partei war nie die CDU der 50er, 60er oder 80er Jahre. Gegen dieses anti-westliche, anti-europäische. nationalistische Denken haben Adenauer, Strauß und Kohl immer gekämpft. Diese Nationalisten und Extremisten schaden deutschen Interessen."

Mit Informationen von dpa und afp.

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