Windkrafträder in der Nähe von Thalmässing in Mittelfranken.
Bildrechte: BR/Manfred Schmitz

Im Freistaat kommt der Ausbau der Windenergie weiter nicht so recht in Fahrt.

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Windkraft-Ausbau: Bayern Schlusslicht bei Flächenländern

Der Verband Windenergie klagt, dass der Bau neuer Windräder nicht in Gang kommt. Tatsächlich sind in diesem Jahr in Bayern 14 neue Windräder genehmigt worden. Diese Verfahren müssten beschleunigt werden, so Bayerns Beauftragter für Bürokratieabbau.

Gerade einmal 14 neue Windräder wurden in diesem Jahr bis Ende November in Bayern genehmigt. Nach einer Berechnung des Bundesverbands Windenergie in Bayern (BWE) aus dem Jahr 2022 müssten dagegen pro Jahr mindestens 130 Anlagen ans Netz gehen, wenn Bayern seine Klimaschutzziele erreichen wolle. Die Zielmarke von 130 Anlagen pro Jahr ist nicht utopisch, das zeigt ein Vergleich mit anderen Bundesländern.

Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachen sind Spitzenreiter

Andere Bundesländer legen deutlich mehr Tempo vor beim Ausbau der Windkraft. Bezogen auf die Genehmigungszahlen steht Nordrhein-Westfalen an der Spitze im Ländervergleich. Demnach wurden in NRW in diesem Jahr bis zum 4. Dezember 297 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.547 Megawatt genehmigt, so das zuständige Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie in Nordrhein-Westfalen.

In Schleswig-Holstein waren es nach Ministeriumsangaben in diesem Jahr bis zum 1. Dezember 221 Neugenehmigungen und in Niedersachsen wurden in diesem Jahr bis Ende November 178 neue Anlagen mit insgesamt 1.018 Megawatt genehmigt, so das niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz.

Bayern ist Schlusslicht bei den Flächenländern

In Baden-Württemberg wurden in diesem Jahr bis zum 22. Dezember 50 Windenergieanlagen genehmigt, teilt das zuständige Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit. In Mecklenburg-Vorpommern gab es in diesem Jahr bis zum 5. Dezember 86 Genehmigungen und Hessen genehmigte bis zum 20. Dezember 65 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 362 Megawatt, so die jeweiligen Landesministerien auf BR24-Anfrage.

Das Land Thüringen genehmigte in diesem Jahr bis zum 15. November 32 Windenergieanlagen und in Sachsen wurden in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 24 Windenergieanlagen mit einer Leistung von insgesamt rund 140 Megawatt genehmigt.

Bayern genehmigt nur 14 Windräder

In Bayern, dem flächenmäßig mit Abstand größten Bundesland, wurden in diesem Jahr bis November 40 Anträge für neue Windräder gestellt und 14 genehmigt. Damit ist Bayern bei den Flächenländern Schlusslicht. Derzeit läuft in Bayern bei 51 Windenergieanlagen ein Antrag auf Genehmigung, so die Zahlen des bayerischen Energieministeriums. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 erhielten in Bayern acht Anlagen eine Genehmigung, im Jahr 2021 wurden sechs Anlagen genehmigt.

Die Zahlen verdeutlichen, dass der Ausbau der Windkraft in Bayern langsam wieder in Schwung kommt, andere Flächenländer sind jedoch deutlich schneller. Laut Koalitionsvertrag sollen im Freistaat bis 2030 1.000 neue Windenergieanlagen entstehen. Aktuell wird der Ausbau laut Bundesverband Windenergie in Bayern (BWE) vor allem durch die schwierige Beschaffung von Flächen für Windräder ausgebremst.

10H–Regel hat Regionalplanung blockiert

18 regionale Planungsverbände gibt es in Bayern. Bis Ende 2027 müssen sie in ihren Plänen 1,1 Prozent der Flächen für Windkraftanlagen ausweisen. Durch die 10H-Regelung sei bei der Regionalplanung jedoch über viele Jahre ein Planungsstillstand entstanden, so der BWE-Landesvorsitzende Bernd Wust. Jetzt müsse die Regionalplanung schnell fortgeschrieben werden, andere Bundesländer seien in ihrer Planung nicht blockiert gewesen, so Wust. Laut Bayerns Energieministerium arbeiten derzeit alle regionalen Planungsverbände im Freistaat engagiert an der Fortschreibung ihrer Windenergiesteuerungskonzepte.

Beauftragter für Bürokratieabbau will schnellere Genehmigungen

Der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Bürokratieabbau, Walter Nussel (CSU), will die Genehmigungsverfahren bei Windrädern beschleunigen. Laut dem bayerischen Energieministerium lag 2022 nach Vollständigkeit der Antragsunterlagen die durchschnittliche Genehmigungsdauer für ein Windrad bei vier Monaten. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist das ein Spitzenwert. Einschränkend muss dabei jedoch gesagt werden, dass Bayern deutlich weniger Anträge als andere Flächenländer bearbeiten musste.

Ein weiteres Problem bei der durchschnittlichen Genehmigungsdauer von vier Monaten nach "Vollständigkeit der Antragsunterlagen": Der Antragsteller muss es erst schaffen, vollständige Antragsunterlagen vorzulegen. Auch Walter Nussel sagt, momentan dauere dies viel zu lange. Gerade bei größeren Anlagen mit mehreren Windrädern müssten zahlreiche Gutachten beauftragt werden, die oft erst nach einem Jahr fertig seien, so Nussel. Der BWE-Landesvorsitzende Bernd Wust fordert, dass sich die Genehmigungsbehörden in Bayern jetzt auf die kommende Antragswelle für Windräder vorbereiten sollten. "Ich hoffe, dass die Behörden dann gerüstet sind", sagt Wust.

Mehr Verwaltungsstellen sollen Verfahren beschleunigen

Bayern hatte im November 2022 100 zusätzliche Stellen geschaffen, um die Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien zu beschleunigen. Die Belange der Verbände und Projektierer würden "in regelmäßigen Abständen in Erfahrung gebracht" und so die "Verfahren erleichtert und der Ausbau tatkräftig unterstützt", teilt das bayerische Energieministerium auf BR24-Anfrage mit.

Demnach begleiten seit 2020 sogenannte regionale Windkümmerer die Gemeinden beim Ausbau. Bayerns Bürokratieabbaubeauftragter Nussel verweist ebenfalls auf die neu geschaffenen Verwaltungsstellen. Doch junge Beamte müssten erstmal eingelernt werden: "Die können nicht gleich den Stempel draufdrücken", so Nussel.

Lob für die Ampel – Tadel gegenüber Aiwanger

Beim Ausbau der Windkraft lobt der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Bürokratieabbau, Walter Nussel (CSU), ausdrücklich die Bundesregierung. Die gesetzlichen Initiativen der Regierung zur Beschleunigung des Ausbaus von Windenergie seien gut gewesen, so Nussel. "Das war gut von der Ampel, das bewerte ich sehr positiv", so der CSU-Politiker.

Gar nicht gut sei hingegen das Verhalten von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) beim Leitungsausbau gewesen. Fünf Jahre lang habe sich Aiwanger bei den Menschen auf dem Land gegen den Leitungsausbau ausgesprochen, dabei sei doch völlig klar, dass es ohne Netzanschluss auch keine Genehmigung für Windräder geben könne, so Nussel.

Nussel: "Beim Windradbau muss Vogelschutz zurückstehen"

Der Bundesverband Windenergie in Bayern fordert, dass sich der Freistaat beim Naturschutz auf die Vorgaben des Bundes beschränkt und sich mit eigenen Regularien zurückhält. Zuletzt hätten bayerische Vorgaben für die Berücksichtigung von Brutvogelvorkommen in potenziellen Windkraftregionen die Branche verunsichert.

Ähnlich sieht es der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Bürokratieabbau, Walter Nussel: Ein Windrad stelle in der momentanen Situation ein überragendes öffentliches Interesse dar. Es gehe um die "Grundversorgung der Menschen". Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sei deswegen klar, dass bei einem Windradbau der Vogelschutz zurückstehen müsse, so der CSU-Politiker.

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