Zwei Polizisten stehen vor dem Haupteingang des Nürnberger Hauptbahnhofs.
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Der Nürnberger Hauptbahnhof ist ein Kriminalitäts-Hotspot. Deshalb verhängt die Bundespolizei ein zeitweises Verbot gefährlicher Gegenstände.

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"Waffenverbot" am Hauptbahnhof: Was ist untersagt und warum?

Der Nürnberger Bahnhof ist laut Statistik einer der gefährlichsten in ganz Deutschland. Deshalb gilt hier bis Sonntagfrüh ein Verbot gefährlicher Gegenstände. Was zählt dazu? Was bringt das? Warum kein generelles Verbot? Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

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Von jetzt an bis 6 Uhr am Sonntag gilt ein 48-stündiges "Waffenverbot" am Nürnberger Hauptbahnhof. Genauer: Die Bundespolizeidirektion München hat mittels einer Allgemeinverfügung ein "temporäres Mitführverbot von gefährlichen Gegenständen" erlassen. Heißt: Nicht nur Waffen im herkömmlichen Sinne sind verboten, sondern alle Gegenstände, die als Waffe genutzt werden könnten. Was bedeutet das konkret?

Allgemeinverfügung: Was steht drin?

Die Allgemeinverfügung bezieht sich auf den gesamten Gebäudebereich des Nürnberger Hauptbahnhofs, einschließlich der Personentunnel, der Bahnsteige und sonstige öffentlich zugängliche Bereiche. Alle Menschen, die sich dort aufhalten oder durchlaufen, dürfen keinerlei gefährliche Gegenstände mitführen. Besondere Ausnahmen können bei der Bundespolizei schriftlich beantragt werden. Zuwiderhandlungen können in einer Zwangsgeldandrohung von 25.000 Euro gipfeln.

Was aber bedeutet "mitführen"? In der Mitteilung der Polizei wird es folgendermaßen erklärt: Mitführen heißt, dass zu jeder Zeit auf den Gegenstand zugegriffen werden kann, wenn er entweder in der getragenen Kleidung oder in einer Tasche nah bei sich aufbewahrt wird – sprich: wenn ein unmittelbarer Zugriff möglich ist. Laut Mitteilung ist das zum Beispiel nicht gegeben, wenn der Gegenstand in einem verschlossenen Behältnis transportiert wird.

Unterschied: Waffe versus gefährlicher Gegenstand

Im Interview mit BR24 war es Bundespolizeisprecherin Anna Markl wichtig, nicht von einem "Waffenverbot" zu sprechen, sondern deutlich von einem "Verbot gefährlicher Gegenstände". In den Kommentaren zum BR24-Artikel "Kriminalitäts-Hotspot Hauptbahnhof: Waffenverbot in Nürnberg" meinte zum Beispiel User "br_willi_meier", er habe immer ein Taschenmesser zum Obst schneiden dabei. User "RSN" findet, "der Reisende mit Vespermesser" sei sicher nicht das Problem.

Doch Anna Markl und die Allgemeinverfügung schließen das ausdrücklich mit ein. Was eine Waffe ist, das sei im Waffengesetz definiert. Es gehe der Polizei aber um alle Gegenstände, "die als Waffe missbräuchlich verwendet werden können", so Markl. Damit sind auch Scheren aller Art, wie zum Beispiel Nagelscheren, aber auch Schraubenzieher, Nagelfeilen, Teppichmesser und dergleichen eingeschlossen. Auch Selbstverteidigungswaffen wie Pfeffersprays fallen darunter.

Warum kein generelles, dauerhaftes Verbot?

BR24-User "Glaskugel" und "Warumeigentlich" warfen in den Kommentaren die Frage auf, wieso kein generelles Waffenverbot beziehungsweise Verbot gefährlicher Gegenstände am Nürnberger Hauptbahnhof eingeführt werde, wenn es sich doch um einen Gewalt-Hotspot handle? Laut Bundespolizistin Markl ist das ein "tiefgreifender Eingriff in die Grundrechte", ein solcher müsse verhältnismäßig sein und dauerhafte Maßnahmen müssten vor Gericht bestehen können. "Bei der Lage wäre das unverhältnismäßig", so Markl weiter.

Wozu die Aktion? Was bringt ein so kurzes Verbot?

Kann ein auf 48 Stunden begrenztes Verbot überhaupt langfristig wirken? Was bringt die Aktion? BR24-User "Luppi" kritisiert die Aktion sogar als "Kriminalisierung harmloser und unbescholtener" Bürgerinnen und Bürger.

Ob und welchen Erfolg die Aktion hat, das könne die Polizei natürlich erst danach bilanzieren, so Anna Markl. Es gehe aber - wie bereits im vergangenen Jahr - primär um etwas Allgemeineres: Zum einen schütze das Verbot Reisende und Polizisten. Außerdem sei das Ziel "die Sensibilisierung der Bevölkerung, potentiell gefährliche Gegenstände nicht mitzuführen", so die Bundespolizistin. Sie erläutert, dass Menschen schnell in Situationen geraten können, in denen diese selbst mitgeführten Gegenstände gegen einen selbst verwendet werden können.

Außerdem böten Selbstverteidigungswaffen oft eine "trügerische Sicherheit". "Sie können die eigene Risikobereitschaft erhöhen, zur Gewalteskalation beitragen und zu einer Schadensvergrößerung führen", heißt es in der Mitteilung der Bundespolizei. Stattdessen empfiehlt die Polizei sogenannte Schrillalarme beziehungsweise Taschenalarme, besonders an Orten, an denen noch andere Menschen in der Nähe sind.

Kriminalität am Hauptbahnhof hoch, Tendenz steigend

Für den Zeitpunkt der Aktion gibt es keinen konkreten Anlass. Aber: Die Kriminalität am Nürnberger Hauptbahnhof ist hoch. Kein Bahnhof in Bayern ist gefährlicher. Laut der Kriminalstatistik der Bundespolizei wurden dort im Jahr 2022 insgesamt 548 Gewaltdelikte verübt – oder anders gesagt: eineinhalb Gewaltdelikte pro Tag.

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