Tobias Merkenschlager mit einer Wasserleitung am Hopfenfeld. Spalter Landwirte wollen statt eigener Brunnen künftig Flusswasser nutzen.
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Tobias Merkenschlager an einer Wasserleitung am Hopfenfeld. Spalter Landwirte wollen statt eigener Brunnen künftig Flusswasser nutzen.

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Trockenheit: Wächst fränkischer Hopfen noch ohne Bewässerung?

Hopfen und Obstanbau prägen das Spalter Hügelland in Mittelfranken. Hier ist nach der Hallertau Bayerns zweitgrößtes Hopfenanbaugebiet – aber mit deutlich weniger Regen. Landwirte planen, gemeinsam eine künstliche Bewässerung auf den Weg zu bringen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Es ist der Tag nach dem großen Unwetter. Zum ersten Mal seit mehreren Wochen regnete es hier in Georgensgmünd in Mittelfranken, etwa 50 Liter pro Quadratmeter. Sie stürzten vom Himmel in einer guten Stunde. Wie haben die Hopfenpflanzen den Wasserschwall vertragen? Haben Sturzbäche das Erdreich weggeschwemmt? Landwirt Tobias Merkenschlager bewirtschaftet mehrere Hopfengärten. "Hier war alles staubtrocken. Wenn wir in den Gärten unterwegs waren, sind Staubwolken aufgestiegen", sagt er. Am Tag nach dem Unwetter staubt nichts mehr, stattdessen klebt Erde an den Schuhen.

Fränkischer Hopfen leidet unter Trockenheit

Tobias Merkenschlager ist Vorsitzender des Bewässerungsverbands Unteres Rezattal. Während etliche Hopfenbauern in den letzten Jahren aufgegeben haben, will der 37-Jährige weitermachen. Er hat Flächen dazu gepachtet, daneben bietet die Familie im Hofladen Rindfleisch aus eigener Schlachtung an. Merkenschlager denkt in die Zukunft. Fast eine halbe Million Euro hat er in eine neue Hopfen-Trocknungsanlage investiert. Und ist davon überzeugt: Ohne künstliche Bewässerung wird in der Zukunft im ohnehin trockenen Mittelfranken zuverlässig nichts mehr wachsen. Man kann nun entweder Regentänze aufführen - oder Wasserleitungen bauen. Dabei ist das nicht die einzige Lösung. "Jeder Kubikmeter transportiertes Wasser kostet mich 1,50 Euro", sagt Merkenschlager. Das ist für den Notfall wichtig, ansonsten hat er als Landwirt noch andere Tricks auf Lager.

Im Hopfengarten: Weniger Wasser besser nutzen

Wie Tobias Merkenschlager vorhandenes Wasser besser ausnützt, erklärt er am Tag nach dem großen Unwetter in den Gängen seines Hopfengartens. Prüfend läuft er durch die Reihen, die er, anders als früher üblich, quer zum Hang angelegt hat. "Es sieht ziemlich gut aus", sagt er erleichtert. Nur an einer Stelle hat der starke Regen auf wenigen Quadratmetern Erdreich weggeschwemmt. Doch schon die nächste Pflanzreihe hat die Erosion aufgehalten. Tobias Merkenschlagers Plan ist aufgegangen. "Früher wollte man, dass das Wasser schnell abfließt, damit man mit den Maschinen wieder reinfahren kann. Jetzt wollen wir das Wasser so lange wie möglich im eigenen Boden halten. Weil, wenn es wegfließt, nützt es uns nichts mehr." Die einzelnen Hopfenreihen funktionieren dabei wie viele kleine Dämme.

Jetzt schon bis zu 40 Prozent der Fläche bewässert

Das Spalter Hopfenanbaugebiet umfasst 409 Hektar Anbaufläche aus zwei Regionen: Kinding, das zum Landkreis Eichstätt gehört, und Spalt. Bereits jetzt können Landwirte auf 30 bis 40 Prozent dieser Fläche Hopfenpflanzen künstlich bewässern. Das Wasser stammt aus eigenen Brunnen, Schläuche versorgen die einzelnen Pflanzen punktgenau. Doch wer keinen Brunnen hat, wird langfristig ein Problem mit den Erträgen bekommen. Dazu kommt, dass diese Brunnen mit Grundwasser gespeist werden. Zum Bewässern von Feldern würde aber auch weniger hochwertiges Wasser ausreichen. Aus Flüssen zum Beispiel, oder Tümpeln. Tobias Merkenschlager will eben genau so eine nachhaltigere Lösung. Doch dazu müssen 50 bis 70 Landwirte gemeinsame Sache machen.

Bewässerungsprojekt mit Millionen-Investitionen

Ihm schwebt vor, die Erzeuger von Hopfen, Kirschen und Gemüse an einen Tisch zu holen. Rund 45 Familienbetriebe bauen zwischen Abenberg und Spalt Hopfen an, manche haben zusätzlich Obstbäume oder Kartoffeläcker. Der Vorteil: die verschiedenen Pflanzen brauchen das Wasser nicht gleichzeitig. "Gemeinsam können wir eine coole Lösung für die Zukunft aufsetzen", so Merkenschlager. Bereits seit mehreren Jahren laufen die Überlegungen. Inzwischen hat die Staatsregierung eine Fördersumme von mehr als 20 Millionen Euro bereit gestellt. Allerdings müssen die Landwirte ebenfalls größere Summen investieren. In Leitungen, Speicherteiche, Pumpen. Anstrengend sei, dass es bisher wenig Vorbilder für ein Projekt dieser Größenordnung gibt, sagt Merkenschlager. "Keiner weiß, wie man es gründet, keiner weiß, wie die Anlagen aussehen. Wir sind Pioniere, das kostet viel Geld und viele Nerven."

Wasserwirtschaftsamt findet die Pläne gut für die Zukunft

Das zuständige staatliche Wasserwirtschaftsamt in Nürnberg steht den Landwirten beratend zur Seite. Hier sitzen die Fachleute für Grundwasserschichten, die quasi an jedem Ort auf der Landkarte anders verlaufen. Sie können berechnen, wo welches Wasser hinfließt und wissen, welches Grundwasser sich schnell wieder neu bildet. Sie beobachten auch, wie sich die Niederschlagsmengen in den letzten Jahren entwickelt haben. Im Nürnberger Knoblauchsland wurde Ende der 1990er-Jahre ebenfalls ein großes Bewässerungssystem gemeinsam aufgesetzt. "Das funktioniert gut", sagt Manuel Philipp, der für den Landkreis Roth zuständige Abteilungsleiter beim Nürnberger Wasserwirtschaftsamt. Es gehe darum, eine nachhaltige Wasserversorgung für die Landwirtschaft für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen.

Flusswasser aus der schwäbischen Rezat - Nachschub vom Brombachsee

"Wir wollen weg vom Grundwasser – und die Landwirte brauchen Planungssicherheit", so Manuel Philipp vom Wasserwirtschaftsamt. Auch die Naturschutzbehörden sind mit dem Thema befasst. Sie wollen sicherstellen, dass sich durch die Entnahme von Flusswasser für andere Pflanzen nichts verschlechtert. Die landwirtschaftlichen Flächen sollen mit gespeichertem Regenwasser und Wasser der schwäbischen Rezat versorgt werden. Hier gibt es den Vorteil, dass die schwäbische Rezat aus dem Brombachsee gespeist werden kann. Sollte das Wasser im Fluss knapp werden, kann am Brombachsee der Stöpsel gezogen werden.

Wasser im Boden halten – und nur im Notfall den Hahn aufdrehen

Merkenschlager betont, dass die Bewässerung nur im Notfall greifen soll. Die Landwirte im Spalter Hopfengebiet arbeiten genauso intensiv daran, ihre Böden zu verbessern. Ziel ist, dass die Erde jedes bisschen Feuchtigkeit aufnimmt und das Wasser so lange wie möglich auf dem eigenen Acker gehalten wird. "Je krümeliger der Boden, desto mehr Wasser kann er aufnehmen", sagt Merkenschlager. Gras zwischen den Reihen soll die Erde festhalten. Und vertrocknete Grasbüschel lässt er liegen. "Die funktionieren wie eine Drainage und leiten Feuchtigkeit in den Boden." Wenn es allerdings wochenlang nicht regnet, geraten auch die fünf Meter tief wurzelnden Hopfenpflanzen in Trockenstress. Sie bilden dann weniger Hopfenblüten aus. Im vergangenen, sehr trockenen Jahr 2022 konnten die Spalter Hopfenbauern dementsprechend auch wenig ernten. Es war nur halb so viel wie im Jahr zuvor.

Im Video: Hopfen ist viel mehr als nur eine Zutat fürs Bierbrauen und Gestalter einer bestimmten bayerischen Landschaft

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