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Starker Held, süße Prinzessin? Gendermarketing bei Spielzeug

Glitzer für Mädchen, Superhelden für Jungs – in der Spielzeugabteilung teilt sich die Welt oft auf in pink und blau. Gendermarketing spielt beim Weihnachtsshopping oft eine große Rolle. Doch es gibt Kritik an den enggefassten Rollenbildern.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

1.600 Quadratmeter voller Kinderwünsche: In einer Spielwarenabteilung bei Bamberg läuft das Weihnachtsgeschäft. Dicht an dicht drängen sich die Spielwaren. Abteilungsleiterin Heike Stapf sortiert viel davon nicht geschlechterspezifisch in die Regale ein. Denn: Plüschtiere, Brettspiele, Harry-Potter-Figuren und Puzzles sind beliebt bei Jungen und bei Mädchen.

Pink und blau: Getrennte Welten für Jungen und Mädchen

Doch wie in vielen Spielzeuggeschäften gibt es auch hier eine "Jungs-Ecke" und eine "Mädels-Ecke". In der rosa-pinken Puppenabteilung seien zu 90 Prozent Mädchen unterwegs. Dazu locken Meerjungfrauen, Einhörner und Pferde, Glitzerschmuck und Ballettröcke. Die ferngesteuerten Autos auf der anderen Seite ziehen fast nur Jungen in den Bann. Dazu meterlange Regale mit Lastern und Schleppern, gefolgt von Ninja-Kämpfern und Superhelden aus Filmen im Kleinformat.

Zwei Welten mit klaren Rollen und klaren Botschaften. Mädchen machen sich hübsch und kümmern sich um andere. Jungs erobern im Kampf die Welt. Gendermarketing heißt diese klare Aufteilung – für die Spielzeugindustrie ein Geschäft, denn so lassen sich viele Spielsachen gleich zweimal verkaufen: in pink für die Mädchen, in blau für die Buben. Auch beim Spieleklassiker Lego gibt es seit einigen Jahren eine rosa Mädchenreihe. Laut dem "Handelsverband Spielwaren" geben die Deutschen heuer rund 4,5 Milliarden Euro für Spielzeug aus.

Seit Jahren regt sich Kritik am Gendermarketing. So kritisiert der Bayerische Landesfrauenrat die geschlechtsspezifische Ansprache. Dieses Marketing beinhalte die Gefahr, dass Jungen und Mädchen auf einengende Rollenbilder festgelegt würden. Die Entwicklung der eigenen geschlechtlichen Identität werde dadurch behindert.

Generationen unterscheiden sich beim Spielzeugkauf

Doch langsam weichen die Stereotype auf. So sind beispielsweise Mädchen auf den Experimentierkästen und Wissenschaftsspielen zu sehen – vor ein paar Jahren waren nur Jungen abgebildet. Spielwaren-Expertin Heike Stapf weist oft zum Beispiel darauf hin, dass rosa Sachen auch Jungs Spaß machen und für sie geeignet sind. Während die Eltern da meist offener sind, sieht es bei der älteren Generation anders aus.

"Die Großeltern (…) halten noch an den alten Traditionen fest. Aber da muss man ihnen schon ein bisschen klarmachen, dass halt die Zeit nicht mehr so ist." Heike Stapf, Abteilungsleiterin

Enge, altbackene Rollenbilder dominieren auch noch heute die analoge und digitale Spielewelt. Das ist ein Ergebnis der Ausstellung "Gender*in Games". Die läuft aktuell im Nürnberger Pellerhaus.

Altbackene Rollen in Online-Games - modernere Rollen in Büchern

Studierende der Uni Erlangen-Nürnberg haben sich in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Spielearchiv mit Geschlechter-Klischees beschäftigt – in Brettspielen und digitalen Games des 21. Jahrhunderts. Gerade in Shooter-Spielen kämpfen fast nur Männer. Frauen sind in der Rolle als Kämpferin kaum zu sehen – oder werden, wie Lara Croft, sexualisiert dargestellt.

Geschlechter-Diversität spielt fast gar keine Rolle – es gibt nur Mann oder Frau und nichts daneben. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele Entwickler-Teams nur aus Männern bestehen, so der Initiator der Ausstellung, Peter Podrez.

Sehr viel weiter sieht es mit Rollen-Zuteilungen in modernen Kinder- und Jugendbüchern aus. Bibliothekarin Christiane Tietze zeigt in der Nürnberger Stadtbibliothek Lesestoff her, bei dem Geschlechter-Rollen auf den Kopf gestellt werden. So lässt sich die Prinzessin nicht mehr retten, sondern sucht sich selbstbewusst einen eigenen Mann aus. Jungs wünschen sich im Buch einen Ballettrock oder sind ganz selbstverständlich Prinzessin.

Kinder lernen die Welt durch Bücher kennen

Lars Burghardt vom Lehrstuhl für Frühkindliche Bildung und Erziehung der Uni Bamberg forscht seit Jahren zum Thema "Geschlechterrollen und -darstellungen in Bilderbüchern". Er hat 6.000 Figuren in solchen Büchern untersucht. Bis vor ein paar Jahren kochte Mama fleißig und Papa saß zeitunglesend daneben.

Doch mittlerweile werden die Lebenswelten breiter, bunter und vielfältiger. Homosexuelle Paare, Alleinerziehende, andere Religionen und neue Kulturen tauchen auf. Das erweitere die Wahrnehmung und die Vorstellungswelt der Kinder, so der Wissenschaftler.

"Das Spannende ist, dass Kinder sich wirklich auf Bücher beziehen, wenn sie begründen, wie die Welt ist." Lars Burghardt, Universität Bamberg
Starker Held, süße Prinzessin? Gendermarketing bei Spielzeug
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Rollenbilder beim Spielen

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