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Rosa Spielzeug-Einhorn

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Rosa und Blau: Geschlechtertrennung im Spielzeugladen

In Nürnberg hat die internationale Spielwarenmesse begonnen. Ein Anlass, über das Schema "Einhörner versus Actionhelden" nachzudenken - die Einteilung von Spielzeug nach Geschlecht. Spielzeugforscher Volker Mehringer über Rollenmuster und Marketing.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Woran liegt es, dass nicht nur Kinder, sondern auch Eltern Spielzeug nach dem Geschlecht auswählen? Franziska Timmer hat mit Dr. Volker Mehringer gesprochen, der an der Universität Augsburg die Wirkung von Spielzeug auf Kinder und die Kriterien, die bei der Spielzeugauswahl für Eltern und Kinder eine Rolle spielen, erforscht.

BR: Die Spielwarenindustrie hat einen großen Einfluss auf die Auswahl der Spielwaren. Puppenküchen für Mädchen, Spielzeugautos für Jungs – Spielzeug ist auch heute noch stark nach Geschlechtern getrennt. Warum ist es das so?

Dr. Volker Mehringer: Die Unterteilung in typisches Jungen- und Mädchenspielzeug ist keine Erfindung der Spielwarenindustrie. Schon in der Antike gab es Spielzeug, das eher von Mädchen bespielt wurde und anderes, mit dem sich Jungs beschäftigt haben. Auch in den 50er, 60er-Jahren waren Spielzeuge stark an alltäglichen Geschlechterrollen orientiert. Jungs sollten auf ihre Rolle als berufstätiger Ehemann vorbereitet werden und Mädchen auf ihre Mutter- und Hausfrauenrolle. Die Spielzeugindustrie hat das clever genutzt. Mit geschlechtsspezifischem Spielzeug kann sie einerseits gezielter vermarkten und andererseits mehr verkaufen. Denn vielleicht möchte in einer Familie mit Sohn und Tochter das Mädchen nicht mit dem Jungenspielzeug spielen und umgekehrt.

BR: Man hat das Gefühl, in den letzten Jahren habe sich die Trennung zwischen "Rosa" und "Blau" sogar noch verstärkt. Täuscht das?

Den Eindruck habe ich auch. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass die geschlechtsspezifische Vermarktung zunimmt. Wir finden heute immer mehr überzeichnete Geschlechterklischees in Fantasiewelten mit Prinzessinnen und starken Superhelden. Dann ist da natürlich noch die Farbsprache, die noch gar nicht so alt ist. Dass Rosa für Mädchen und Blau für Jungs steht, ist ein relativ neues Phänomen. Wenn man 30 Jahre zurückgeht, tut man sich eher schwer, rosa gestaltetes Spielzeug zu finden.

BR: Dass Kinder Spielzeug für typisches Jungen- bzw. Mädchenspielzeug halten, muss ja irgendwo seinen Ursprung haben. Wie groß ist der Einfluss des Umfelds auf die Auswahl des Spielzeugs?

Auch wenn wir uns dessen gar nicht bewusst sind, behandeln wir Kinder ab ihrer Geburt nach ihrem Geschlecht. Es gibt eine interessante Studie, in der man Säuglinge gegengeschlechtlich angezogen hat. Jungen trugen Kleidung, die auf ein Mädchen hindeutete und umgekehrt. Dann hat man die Kinder Erwachsenen in die Arme gegeben, die die Geschlechter der Säuglinge nicht kannten. Tatsächlich wurde der wie ein Mädchen angezogene Junge auch wie ein Mädchen behandelt. Die ahnungslosen Erwachsenen sagten dann so etwas wie: "Diese zarten Gesichtszüge, die kleinen Hände, ganz klar ein Mädchen." Bei den als Jungen angezogenen Mädchen war die Reaktion genau andersherum. Also, allein wie ich selbst kommentiere und bewerte, hat Einfluss auf die Kinder. Bei Mädchen sagt man eher: "Du siehst aber süß aus" und beim Jungen: "Hey, cooles T-Shirt". Und das setzt sich natürlich bei der Spielzeugauswahl fort.

BR: Ist unsere Gesellschaft überhaupt schon so weit, dass jedes Kind mit jedem Spielzeug spielen kann? Oder trauen sich z.B. viele Jungs gar nicht, mit Puppen zu spielen, weil sie dann immer noch schief angeschaut werden?

In der Tat sind es viel eher die Jungs, die erwarten müssen, von ihrem Umfeld schräg angeschaut zu werden, wenn sie mit "Mädchenspielzeug" spielen. So oder so bedient Spielzeug häufig geschlechtsspezifische Stereotype. Die Vermarktungslogik der Spielwarenindustrie ist vollkommen nachvollziehbar. Aus pädagogischer Sicht ist es aber interessanter, wie man Spielzeuge einigermaßen neutral gestaltet, so dass Mädchen und Jungen damit spielen können.