CSU-Chef Söder
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Söders zahnlose Warnung an Aiwanger

Nach tagelanger Debatte äußert sich CSU-Chef Söder erstmals öffentlich zur Erdinger Heizungsdemo: Er distanziert sich von der AfD und warnt den Freie-Wähler-Vorsitzenden Aiwanger - doch auf eine zentrale Frage hat er keine Antwort. Eine Analyse.

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Tagelang schwieg CSU-Chef-Markus Söder zu Erding: kein Wort zur großen Heizungsdemo, den Pfiffen dort gegen ihn, dem umstrittenen Auftritt des Freie-Wähler-Vorsitzenden Hubert Aiwanger und der bundesweiten Kritik. Aiwanger gab mehrere Interviews - Söder aber mied mögliche Journalisten-Fragen zu dem Thema, auch auf seinen Social-Media-Kanälen suchte man zwischen all den Fotos von Festen und aus Bierzelten vergeblich nach einem Beitrag zu Erding.

"Schluss mit dem Schweigen", forderten die Grünen schon vor Tagen - Söder überließ es zunächst anderen CSU-Politikern, sich zu Wort zu melden. Erst am Tag neun nach Erding geht der CSU-Chef selbst an die Öffentlichkeit: Mit dem Zuspruch des Parteivorstands im Rücken präsentiert Söder seine Erzählung zu Erding, die die Ereignisse im Sinne der CSU interpretiert. Er versucht damit, gleich mehrere Botschaften zu platzieren - deckt aber unfreiwillig auch die Zwickmühle auf, in der er sich befindet.

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    Zwar sah sich vor allem Vize-Ministerpräsident Aiwanger für seine Wortwahl ("Demokratie zurückholen") scharfen Populismus-Vorwürfen ausgesetzt, aber auch die Teilnahme Söders an der Demo stieß auf Kritik. Insbesondere Grünen- und SPD-Politiker warfen dem CSU-Chef vor, er habe sich mit seinem Auftritt und seinen Äußerungen in Erding dem rechten Rand angebiedert. Kommentatoren mutmaßten, Söder sei nur nach Erding gefahren, um Aiwanger das Feld nicht allein zu überlassen. Schließlich war es eine Demo gegen die Heizungspläne des Bundes, über die sich Söder wie Aiwanger schon seit Wochen empörten.

    In Söders Erzählung war es eine bewusste Entscheidung, sich einer unbequemen Menge zu stellen: Seine Aufgabe als Ministerpräsident sei es, das Land zusammenzuhalten und die Demokratie in dieser "aufgeregten Zeit" zu schützen. Die CSU strecke die Hand aus, gegen linke Ideologie und gegen rechte Randale. "Daher war ich auch in Erding." Der CSU-Vorstand habe einstimmig Dankbarkeit bekundet, "dass ich da war und wie ich das gemacht habe", berichtet Söder. "Demokraten, die vor Störern weichen, verlieren letztlich ihre Stärke."

    Wirklich die "Mitte der Gesellschaft"?

    Als Söder vor zehn Tagen seine Teilnahme an der Demonstration ankündigt hatte, sprach er noch von einem "deutlichen Signal aus der Mitte der Gesellschaft in Richtung Berlin" - obwohl längst bekannt war, dass auch viele Querdenker nach Erding fahren würden. Auch in seiner Rede auf der Kundgebung erklärte er das Publikum immer wieder zur "Mitte der Gesellschaft". Jetzt zeichnet er ein differenzierteres Bild: Es sei auch die "gesamte Gruppe der Corona-Leugner" dort gewesen "und auch viele Impfgegner", schildert der Ministerpräsident und berichtet von einer "aggressiven Sprache".

    Die Pfiffe gegen ihn will Söder vor diesem Hintergrund quasi als Bestätigung verstanden wissen: "Ich hätte vielleicht ein Problem gehabt, wenn AfDler gejubelt hätten, dann hätte ich ein Problem der Abgrenzung."

    Abgrenzung von der "nationalen Höcke-Sekte"

    Anders als Aiwanger grenzte sich Söder in Erding von der AfD ab: "Die AfD bewegt nichts, sie bringt nur Schaden für unser Land und drum wollen wir sie nicht", rief er den Demonstranten zu. Die Notwendigkeit dieser Abgrenzung betont er auch heute. Die AfD sei nicht nur einfach eine Protestpartei, sondern sie habe "ganz seltsame und krude Pläne" für ein anders Deutschland, sagt der CSU-Politiker und verweist auf Aussagen des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, der kürzlich die Rechtsstaatlichkeit Deutschlands in Frage gestellt hatte. "Die bayerische AfD - das muss jedem klar sein - ist Teil der nationalen Höcke-Sekte", sagt Söder.

    Söder nennt Aiwangers Namen nicht

    Den Namen Hubert Aiwanger nimmt der Ministerpräsident kein einziges Mal in den Mund bei dieser Pressekonferenz, aber jeder weiß, wer gemeint ist: "Man darf nicht wegen jeder schnellen Stimme den politischen Anstand verlieren", mahnt Söder. Er selbst sei weder ein "Gaudibursch noch ein Marktschreier", sondern wolle die Menschen mitnehmen.

    Wichtig sei, sich nicht der AfD anzubiedern. "Denn wer kopiert, der verliert. Das Original ist in seiner Wucht dann immer stärker." Die CSU könne durchaus Klartext reden, aber es gebe für alles Grenzen. "Und auf die achten wir." Auf eine direkte Kritik an Aiwangers Wortwahl verzichtet Söder - anders als zuvor zum Beispiel sein Staatskanzleichef Florian Herrmann und CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer.

    Söders Problem

    Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze beklagt anschließend einen "seltsam unkonkreten Auftritt" Söders: Er sei eine klare Positionierung zu "der demokratiefeindlichen Aussage" Aiwangers schuldig geblieben.

    Bei seiner vorsichtigen Distanzierung von Aiwanger und den Freien Wählern hat Söder ein Problem: Er hat sich schon vor Monaten auf eine Fortsetzung der Koalition mit ihnen festgelegt. Schwarz-Grün schließt er kategorisch aus, die SPD ist ihm in der Regel nicht mal eine Erwähnung wert. Auch heute bleibt Söder dabei, dass er die Koalition "mit unseren Freuenden und Partnern der Freien Wähler" fortsetzen will.

    Das lässt sich freilich schwer mit seinem Versuch in Einklang bringen, gleichzeitig rote Linien zu ziehen. "Wenn die Freien Wähler den Platz der Mitte verändern wollen, wenn sie sich in eine neue Richtung aufmachen, dann ist es ihre Entscheidung", sagt Söder. Die CSU bleibe eine "Kraft der bürgerlichen Mitte" und lade alle ein, "die sich dann woanders vielleicht nicht mehr so wohlfühlen".

    Doch welche Folgen hätte es, falls Aiwanger im Wahlkampf einen stärkeren Rechtskurs einschlagen und rote Linien überschreiten sollte - in der Hoffnung, AfD-Sympathisanten zu erreichen? Die Antwort darauf bleibt Söder auch auf Nachfrage schuldig. Ob es einen Punkt gäbe, an dem er mit Aiwanger nicht mehr zusammenarbeiten könnte, wird der CSU-Chef gefragt. Söder weicht aus - und lässt offen, ob er darauf eine Antwort hat. Das macht seine öffentliche Warnung an den Freie-Wähler-Chef zahnlos.

    Video: CSU-Generalsekretär Martin Huber zum Landtagswahlprogramm seiner Partei

    Martin Huber
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    Martin Huber

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