Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (vorne), Gesundheitsminister Klaus Holetschek (hinten). (Archivbild)
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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (vorne), Gesundheitsminister Klaus Holetschek (hinten). (Archivbild)

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Söder und Holetschek plädieren für teilweise Impfpflicht

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek sprechen sich nun doch für eine Impfpflicht für bestimmte Berufe aus. Im BR betonen beide, dass sie eine Verpflichtung bei Pflegekräften für sinnvoll halten.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek plädieren für eine partielle Impfpflicht - und zwar für bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel Pflegekräfte, die in Krankenhäusern sowie Pflege- und Altenheimen arbeiten. "Um maximale Sicherheit zu gewährleisten, müssen wir das machen, weil das immer die Achillesferse in allen Wellen war", betonte Söder gegenüber dem BR-Politikmagazin Kontrovers.

Söder kann sich sogar allgemeine Impfpflicht vorstellen

Er persönlich könne sich auch eine allgemeine Impfpflicht vorstellen. Der CSU-Vorsitzende sieht aber wenig Chancen, sich damit durchzusetzen, "weil die Impfplicht in der gesellschaftlichen Umsetzung deswegen schon nicht funktioniert, weil die FDP dies auf jeden Fall verhindern würde in der Ampel." Er habe aber auch kein Problem, "wenn der Ethikrat noch einmal über die Impfpflicht diskutiert und einen Vorschlag macht." Allerdings habe sich der Ethikrat zuletzt extrem zurückhaltend über eine allgemeine Impfpflicht geäußert.

Nachdem die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina am Mittwoch eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufe forderte, spricht sich auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dafür aus. In der "Münchner Runde" im BR Fernsehen sagte er: "Ich bin persönlich, nach der heutigen Aussage der Leopoldina, mehr der Meinung, wir brauchen diese Impfpflicht für diese Berufsgruppen, als vorher."

FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger ebenfalls für Impfpflicht

Auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ebenfalls zu Gast in der "Münchner Runde", kann sich eine Impfpflicht in bestimmten Bereichen vorstellen. "Eigentlich bin ich immer gegen eine Impfpflicht", sagte die FDP-Politikerin. "Aber bei bestimmten Berufsgruppen, wo es wirklich schwierig wird, gibt es eventuell keinen anderen Weg, als dafür eine rechtliche Grundlage zu schaffen." 

Einen erneuten Lockdown hingegen schloss sie aus, denn dieser sei rechtlich nicht durchführbar. Entsprechend bestätigte auch Gesundheitsminister Holetschek erneut, dass es keinen Lockdown für Geimpfte und Genesene geben werde.

Holetschek droht mit verschärften Sanktionen

Außerdem kündigte Holetschek verschärfte Kontrollen zur Einhaltung der 2G-Regel an. "Wir müssen jetzt konsequent kontrollieren", sagte er. Gefälschte Impfausweise dürfe man nicht mehr durchgehen lassen, entsprechende Kontrollmechanismen würden nun mit den Kreisverwaltungsbehörden und den Polizeien aufgebaut. 

"Die Menschen müssen jetzt wieder verstehen: Es ist ernst, sonst gäbe es auch keinen Katastrophenfall. Und wir müssen denen, die meinen, es ist ein Spiel, jetzt eine Schranke zeigen." 

Diese Schranke sei die Sanktion. Der aktuelle Bußgeldkatalog, der auf der Internetseite der Bayerischen Staatsregierung veröffentlicht ist, sieht bei Verstößen gegen die 2G- oder 3G-Regelung einen Regelsatz von knapp 250 Euro Strafe für Personen ab 14 Jahren vor. Veranstalter müssen mit Bußgeldern bis 5.000 Euro rechnen.

Impfzentren zu spät hochgefahren?

In keinem anderen Bundesland ist die Zahl der Neuinfizierten derzeit so hoch wie in Bayern. Der Freistaat fährt deshalb alle Impfzentren hoch. Söder kündigte ein Informationsschreiben der kommunalen Impfzentren an. Bestimmte Zielgruppen sollen darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine nochmalige, sogenannte Booster-Impfung notwendig sei.

Menschen, die sich derzeit impfen lassen wollen, klagen immer wieder über lange Schlangen und Wartzeiten. Ein Hinweis, dass die Impfzentren noch nicht im ausreichenden Maß ihre Arbeit aufgenommen haben. Aus Sicht von Medizin-Experten kommen die Beschlüsse der Politik zu spät. Söder betont, dass "nahezu alle Virologen, Epidemiologen und Wissenschaftler auch die Wirkung dieser neuen Welle in ihrer Wucht und Geschwindigkeit nicht richtig eingeschätzt haben".

Kritik an STIKO

Die STIKO (Ständige Impfkommission) kritisierte Söder erneut, weil sie Auffrischungsimpfungen nur für über 70-Jährige empfiehlt: "Das sehen die Gesundheitsminister und ich anders", betont er im Kontrovers-Interview. "Wir empfehlen nahezu für jeden eine Nachimpfung nach sechs Monaten, da kommt es auf den einen Tag hin oder her nicht an. Das muss jetzt eben organisiert werden."

Appell an Berlin: "Notfall-Fenster"

Die von der neuen Bundestagsmehrheit aus SPD, Grünen und FDP auf den Weg gebrachten Änderungen am Infektionsschutzgesetz würden das Vorgehen gegen die Pandemie auf Landesebene einschränken, beklagt Söder. Bayern habe außer Masken und 2G oder 3G praktisch keine Möglichkeit mehr, um auf diese neue Situation zu reagieren. "Ob das ausreicht, diese fundamentale Welle, die sich jetzt entwickelt, in den Griff zu bekommen, die deswegen auch so hoch ist, weil es zum einen Impfdurchbrüche gibt und zum anderen, weil wir so eine massive Verbreitung unter den Ungeimpften haben, das wird sich dann zeigen."

Söder sendete im Kontrovers-Interview außerdem einen Appell an Berlin: "Mein Wunsch wäre, man würde neben den aktuellen Regeln auch auf Seiten der Bundesregierung noch ein Notfall-Fenster öffnen, damit man im Zweifelsfall auch reagieren kann, wenn die Zahlen wirklich so hoch sind, dass wir eine solche extreme Überlastung des Gesundheitssystems haben."

Allgemeinarzt Kröner befürchtet schlimme Szenen in Krankenhäusern

Ziel aller Maßnahmen sei es, einerseits möglichst viele Menschen noch vom Impfen zu überzeugen und andererseits die Krankenhäuser zu entlasten, so die Vertreter der bayerischen Staatsregierung. Dabei kämen die Schritte der Regierung deutlich zu spät, kritisiert der Allgemeinmediziner Dr. Christian Kröner. "Es muss jetzt was passieren", forderte er in der "Münchner Runde". Man müsse sich darauf einstellen, dass es in deutschen Krankenhäusern zu bisher unbekannten Szenarien käme.

Kröner schlug vor, jedem Geimpften als Prämie 50 Euro in die Hand zu drücken. Diese Methode habe sich auch in den USA bewährt. Und sie könne auch dazu beitragen, Menschen einen Anreiz zu geben, die sich zuvor noch gar nicht mit dem Thema Impfen auseinandergesetzt haben.

Münchner Runde
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Sabine Leutheusser-Scharrenberger, Christian Kröner, Klaus Holetschek, Christian Nitsche und Ulrike Protzer in der "Münchner Runde"

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