Polizei auf dem Münchner Messegelände, wo vom 7.-12.9.21 die IAA Mobility stattfand.
Bildrechte: Sven Hoppe / dpa-Bildfunk

Polizisten laufen vor Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA Mobility) über das Messegelände.

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Sicherheitswachten - Nicht überall willkommen

Mehr als 1.200 Ehrenamtliche sind in bayerischen Städten und Gemeinden als Sicherheitswachten aktiv. Das bayerische Innenministerium empfiehlt sie ausdrücklich, einige bayerische Kommunen und Münchner Stadtteile wollen sie aber nicht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Sie tragen Uniformen, sind unbewaffnet und stets zu zweit zu Fuß unterwegs. Ausgerüstet sind sie mit einem Funkgerät für den direkten Draht in die Einsatzzentrale, mit Erste-Hilfe-Sets und für Notfälle mit einem Pfefferspray. Sicherheitswachten dürfen Personalien feststellen und Platzverweise erteilen. Im Konfliktfall ziehen sie über Funk die Polizei hinzu. Die Idee einer Sicherheitswacht als Bindeglied zwischen Bürgern und Polizei hatte in den Neunzigerjahren der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber. 1994 setzte sie Innenminister Günther Beckstein um, zunächst als Modellprojekt in den Städten Nürnberg, Deggendorf und Ingolstadt.

Pro und Contra

Gegner der Idee fanden sich seinerzeit in der Landtags-Opposition, aber auch in Polizeikreisen. So bezeichneten die Polizeigewerkschaften GdP und DPolG die Freiwilligen als "ehrenamtliche Polizisten", die Sicherheitswachten seien ein sicherheitspolitisches Placebo. Der häufigste Einwand gegen das Ehrenamt: Die Herstellung von Sicherheit sei ausschließlich Aufgabe der Polizei. Die Argumente von damals sind heute dieselben. Und so fällt es nicht überall leicht, Sicherheitswachten zu etablieren.

So wie die Gegenargumente bereits seit den Neunzigerjahren formuliert werden, hat sich auch bei den Pro-Stimmen bis heute nichts geändert: Die Ehrenamtlichen stellten eine sinnvolle Ergänzung zur Polizeiarbeit dar. Gemeinsam sorgten sie für ein Plus an Sicherheit, Zivilcourage und Zusammenhalt in der Gesellschaft, heißt es in einem Flyer des Bayerischen Innenministeriums. Die Zuteilung von Personal bei der Polizei erfolge losgelöst und unabhängig von der Existenz einer Sicherheitswacht.

Einige Gemeinden winken ab

Eine Reihe bayerischer Gemeinden hat dem ehrenamtlichen Dienst in den vergangenen Jahren Absagen erteilt, so geschehen in Coburg, Lichtenfels, Lohr am Main oder Garmisch-Partenkirchen, um nur einige zu nennen. Aktuell sorgt in Dachau eine angedachte Schaffung des ehrenamtlichen Dienstes für hitzige Debatten. In München haben mehrere Bezirksausschüsse künftige Sicherheitswachten abgelehnt, verbunden mit dem Hinweis, dass letzten Endes allein die Polizei entscheide, ob Ehrenamtliche für bestimmte Stadtteile angeworben werden sollen oder nicht. Auf BR-Anfrage heißt es dazu aus dem Münchner Präsidium, man suche den Konsens mit den Stadtteilen und setze sich bei einem klaren Votum gegen eine Sicherheitswacht nicht darüber hinweg.

Zu viele Aufsichtsdienste

Eine für die Münchner Stadtteile Trudering und Riem geplante Sicherheitswacht stieß auf Ablehnung, weil Kritiker auf ein mögliches Kompetenzgerangel der verschiedenen Aufsichtsinstanzen hinwiesen. Neben der Polizei hätten bereits die städtische Grünanlagenaufsicht und der kommunale Sicherheitsdienst ein Auge auf den Riemer Park, eine vierte Instanz ergebe ein Durcheinander von Diensten mit unterschiedlichen Befugnissen.

Harte Fakten Mangelware

Gibt es Erkenntnisse dazu, ob Sicherheitswachten seit 1994 das Sicherheitsgefühl in den Wohngebieten verbessern konnten und ob sich ihr Wirken sich auf die Kriminalitätsbelastung in den Kommunen statistisch nachweisbar auswirkt? Wie oft haben sie Personalien erfasst? Wie oft haben sie Verdächtige festgehalten oder die Polizei hinzugezogen? Dies bleibt im Unklaren, zu den Tätigkeiten der Sicherheitswachten liegen keine Statistiken vor. Bleibt die Frage nach dem Sicherheitsgefühl der Menschen. Dazu entsteht derzeit erstmals eine Studie beim Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie der Universität Regensburg. Ergebnisse liegen – Stand Februar 2022 – noch nicht vor.

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