Radfahrer in der Fußgängerzone von Herzogenaurach
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Die Fußgängerzone in Herzogenaurach ist für Radfahrer geöffnet. Eine der vielen Maßnahmen, um den innerstädtischen Radverkehr zu fördern.

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Radeln: Warum es in Herzogenaurach läuft und in Bayreuth nicht

Radfahren boomt, gerade weil es umweltfreundlich ist. Kommunen versuchen sich darauf einzustellen. Doch wie? Die Stadt Herzogenaurach scheint Lösungen gefunden zu haben. Das Beispiel Bayreuth zeigt jedoch, woran es bei der Umsetzung haken kann.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker (SPD) versteht sich als oberster Botschafter in Sachen Radverkehr in seiner Stadt. Sein rotes Tourenrad ersetzt in den meisten Fällen den Dienstwagen. In der Stadt ist er auf zwei Rädern unterwegs. Das geht schnell und sicher, sagt er. Grund dafür ist das Radverkehrs-Konzept, das er im Stadtrat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2008 vorangetrieben hat. Solche Konzepte beschäftigen derzeit Kommunen in ganz Bayern.

ADFC: Bremser in Bayreuth

So auch die oberfränkische Bezirkshauptstadt Bayreuth. Dort haben Aktivisten vor drei Jahren einen Radentscheid angestrengt. Doch daraus wurde nichts. "Es wird immer viel geredet", sagt Matthias Niewerth, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Bayreuth. "Doch passiert ist nichts." Seiner Ansicht nach fehlt in der Kommunalpolitik der Wille, etwas zu verändern." Zwar würden Kleinigkeiten angegangen. Aber es gebe kein Konzept, das den Radverkehr in der gesamten Stadt im Blick hat.

Herzogenaurach reduziert Autoverkehr

Zurück nach Herzogenaurach. Die Stadt im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt hat rund 25.000 Einwohner und ebenso viele Arbeitsplätze. Adidas, Puma, Schaeffler – rund 20.000 Menschen pendeln jeden Tag in die Stadt und 6.000 hinaus. Die Verkehrsbelastung ist hoch. Auf dem Kopfsteinpflaster in der historischen Innenstadt haben Radfahrer und Fußgänger bereits Vorfahrt. "Wir müssen den Autoverkehr dort reduzieren", sagt Hacker. "Wer in Herzogenaurach wohnt, sollte nach Möglichkeit zu Fuß gehen oder das Fahrrad benutzen."

Mängel können online gemeldet werden

Im jüngsten Fahrradklimatest des ADFC hat die Stadt Herzogenaurach mit überdurchschnittlichen Werten punkten können: Platz drei in Bayern von 47 Städten in ihrer Größenklasse. In Schulnoten bedeutet das 3,4. Auch in Herzogenaurach glänzt nicht alles. Das sagen die Radfahrer auf dem Marktplatz. Es gibt Radwege, die im Nichts enden und viele Stellen, an denen in Sachen Sicherheit nachgebessert werden müsste. Seit einiger Zeit können Radler Mängel und Verbesserungsvorschläge online bei der Stadtverwaltung melden.

Fahrrad schlägt das Auto

Es sind viel kleine Maßnahmen, die in Summe aber viel bewirkt haben, sagt der Sozialdemokrat Hacker. "Wir haben festgestellt, dass sich von 2012 bis 2022 der Fahrrad-Verkehrsanteil in Herzogenaurach verdoppelt hat." 36 Prozent aller Wege in der Stadt legen die Herzogenauracher inzwischen mit dem Fahrrad zurück. Mit dem Auto sind es nur noch 32 Prozent. Einen Anteil an der Wende haben sicherlich E-Bikes, die das umweltfreundliche Pendeln auch über längere Distanzen attraktiv machen. Schnelle Radwege in die Nachbarstädte Erlangen und Fürth sind in Planung.

Kleine Verbesserungen, große Wirkung

Das ist das Herzogenauracher Erfolgsrezept: In der Fußgängerzone ist Fahrradfahren erlaubt, es gibt viele Abstellplätze, an denen die Räder festgesperrt werden können. Fahrradstreifen und Fahrradampeln sorgen für Sicherheit. Die Beschilderung der Wege bekommt im Fahrradklimatest gute Noten. Auch Winterdienst und Pflege der Infrastruktur sind gut bewertet. Und in der Innenstadt gibt es sogar eine öffentliche Service-Station mit Luftpumpe. Die Stadt bezuschusst die Anschaffung von Lastenrädern und veranstaltet jährlich eine Fahrradmesse.

Viel hilft viel – auch beim Fahrradklima

All das macht Lust, aufs Fahrrad umzusteigen, sagt Hacker. Vieles ist auch in anderen Kommunen möglich. "Man muss das Rad nicht im wahrsten Sinne des Wortes neu erfinden", sagt Hacker. Herzogenaurach ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommune, die einen dicken Katalog von Maßnahmen erarbeitet hat, wie der Radverkehr gefördert werden kann. "Einfach anschauen, was passt für meine Kommune. Je mehr man macht, desto besser ist es", rät Hacker anderen Kommunalpolitikern.

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Verwirrende Verkehrsführung an der Friedrich-Ebert-Straße in Bayreuth: Parallel zum Radstreifen auf der Fahrbahn gibt es einen zweiten Radweg.

Schlechtes Zeugnis für Bayreuth

Die Maßnahmen kennt man auch in Bayreuth. Es wurde viel versucht. Im vergangenen Sommer hat die Stadtverwaltung beispielsweise auf zwei zweispurigen Einbahnstraßen jeweils eine Spur für Autos gesperrt und den Radfahrern überlassen. Der Aufschrei war groß, die Spuren sind inzwischen wieder für Autos freigegeben. Derzeit wird das Experiment ausgewertet. Das heißt, die halbseitige Sperrung der Erlanger Straße und der Bismarckstraße ist noch nicht vom Tisch. Bayreuth erhielt im Fahrradklimatest des ADFC die Note vier und kommt auf Platz fünf von neun Städten zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern in Bayern.

Licht und Schatten in der Uni-Stadt

Dabei nimmt der Radverkehr zu, vor der Uni stehen Tausende Räder, sagt Bayreuths ADFC-Chef Niewerth. Die Wege in der Stadt sind kurz. Eigentlich ideal für Radfahrer. Im Kleinen hat sich aus Sicht des Radfahrerclubs auch einiges getan: Es gibt eine neue Abstellanlage am Hauptbahnhof. An einigen Ampeln sind Bereiche markiert, auf denen sich Radfahrer bei Rot vor den Autos aufstellen können. An etlichen Stellen verschwanden störende Sperrgitter, freut sich Roland Sack vom ADFC.

Trotzdem gibt es viel zu wenig durchgängige Verbindungen quer durch die Stadt. An einigen Stellen, wie der Einmündung der Friedrich-Ebert-Straße in die Tunnelstraße, sei die Verkehrsführung chaotisch und unübersichtlich. "Es ist zum Beispiel nicht klar, in welche Richtung ich wo fahren soll", kritisiert Dominik Eichel vom ADFC. Um es besser zu machen, müsse groß geplant werden.

Keine Rad-Experten im Bayreuther Rathaus

Doch dafür fehlt das Personal im Rathaus. Bayreuths Zweiter Bürgermeister Andreas Zippel (SPD) fährt wie Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) oft mit dem Rad zu Terminen. Zippel ist zuständig für den Radverkehr. Und damit für die großen Konzepte, die aber noch einige Jahre brauchen werden.

Eigentlich sollte es einen Mitarbeiter geben, der sich in Vollzeit um die Entwicklung der Rad-Infrastruktur und deren Finanzierung aus allen möglichen Fördertöpfen kümmert, sagt er. Doch die Stelle ist schon lange unbesetzt, weil sich niemand beworben hat. "Das ist schade, denn gerade in dem Förderdschungel dauert es unglaublich lange, das umzusetzen", so Zippel. Bis dahin wollen die Bayreuther die Zeit nutzen und viele weitere kleine Maßnahmen realisieren, verspricht er.

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