Pflegefachkraft Aferdita Bajraliu-Sulejmani hilft einer Seniorin beim Kaffeetrinken.
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Pflegefachkraft Aferdita Bajraliu-Sulejmani hilft einer Seniorin beim Kaffeetrinken.

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Pflegekräfte aus dem Ausland: Langer Weg bis zur Anerkennung

Einige Pflegekräfte kommen bereits fertig ausgebildet aus dem Kosovo, aus Rumänien oder Indien, um hier den Personalmangel abzufedern. Doch die Anerkennung der ausländischen Abschlüsse ist zäh und dauert – manche müssen noch vorher wieder ausreisen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Vor anderthalb Jahren kam Aferdita Bajraliu-Sulejmani aus dem Kosovo nach Deutschland – mit einer abgeschlossenen Ausbildung zur Pflegefachkraft und zehn Jahren Berufserfahrung im Gepäck. Seitdem arbeitet sie im Seniorenheim am Hubland in Würzburg, einer Einrichtung des Kommunalunternehmens des Landkreises Würzburg. Hier setzt man wegen des Personalmangels schon seit Jahren auf Pflegekräfte aus dem Ausland. Und das, obwohl der Weg bis zur Anerkennung der ausländischen Fachkräfte lang, bürokratisch und teuer ist: Bis zu 20.000 Euro kostet das Verfahren im Schnitt bis zum Abschluss.

Engpass bei Pflegefachkräften

Die Kosten trägt das Unternehmen. "Wir haben keine andere Wahl", sagt Eva von Vietinghoff-Scheel, Vorständin des Kommunalunternehmens, das Träger mehrerer Senioreneinrichtungen ist: "Es wird immer schwerer, junge Menschen hier für den Beruf zu begeistern."

Die Bundesagentur für Arbeit hat ermittelt, dass 200 von insgesamt 1.200 untersuchten Berufen sogenannte Engpass-Berufe sind. Ein Höchststand. Besonders viele Menschen fehlen in Pflegeberufen und auf dem Bau. Auch der Bund wirbt deshalb mit dem Slogan "Make it in Germany" um ausländische Fachkräfte. Auf der Homepage wird das Verfahren genau erklärt. Umso mehr wundert sich von Vietinghoff-Scheel über den hohen bürokratischen Aufwand hinter dem Anerkennungsverfahren: "Teilweise dauert es zwei Jahre, bis die Fachkräfte hier anerkannt sind." Also fast so lang wie die grundständige Ausbildung.

Trotz vorhandener Ausbildung: Genaue Überprüfung der Qualifikation

Der Grund dafür: Das in Bayern zuständige Landesamt für Pflege überprüft die Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses. "Da wird geschaut, welche Stunden von der hiesigen, also von der deutschen, von der bayerischen Ausbildung, wirklich absolviert wurden. Da wird auf die Stunde genau hingeschaut", so von Vietinghoff-Scheel. Der Beruf der Pflegefachkraft gehört zu den sogenannten reglementierten Berufen. Der Gesetzgeber möchte mit der Prüfung Qualität garantieren.

Gesundheitsministerium: "Allermeiste Bescheide weisen Defizit aus"

Am Ende wird ein sogenannter Defizitbescheid ausgestellt. Das betreffe die allermeisten Bescheide, erklärt das bayerische Gesundheitsministerium auf Anfrage, weil kaum ein ausländischer Abschluss die Inhalte der generalistischen Pflegeausbildung mitbringe. Der Bescheid bescheinigt den Nachholbedarf. Die Einrichtungen müssen dann dafür sorgen, dass die ausländischen Fachkräfte die fehlenden Stunden absolvieren. Vom Gesundheitsministerium heißt es, dass die Nachholstunden für den Theorieteil weit unter dem Umfang der Pflegeausbildung liege. Hinzu kommen allerdings noch die praktischen Einsätze. Im Würzburger Seniorenheim am Hubland sind das oft mehr als 1.000 Stunden in den Bereichen Ambulanz, Innere Medizin oder Chirurgie. Das macht das Verfahren so langwierig.

Viele Behörden sind zuständig

Für die Anerkennung werden unter anderem Deutschkenntnisse auf B2-Niveau gefordert. Obwohl das Verfahren bei Aferdita Bajraliu-Sulejmani mit gut einem Jahr recht schnell ging, wäre es wegen der Sprachprüfung am Ende fast schiefgegangen: "Ich hatte erst nicht bestanden, deshalb bekam ich Probleme mit dem Aufenthaltstitel", so die 39-Jährige. Auf Antrag bekam sie eine Aufenthaltsgenehmigung für nur zwei Monate. Die Verlängerung wurde auch genehmigt und seit dem bestandenen Sprachkurs hat sie eine Genehmigung für vier Jahre. Danach hofft sie wieder auf eine Verlängerung.

Hohe Kosten für Arbeitgeber

Die Kosten für Praxisanleiter, für den Ausfall der Pflegekräfte, wenn diese beim Sprachkurs oder beim Theorieunterricht sind, und Kosten für den gesamten Rekrutierungsprozess muss die Einrichtung selbst zahlen. Das sind pro Pflegekraft bis zu 20.000 Euro. Ein Risiko: Denn wenn das Visum abläuft, könnte der gesamte Prozess verzögert und das Verfahren in die Länge gezogen werden. Das sei nicht selten der Fall, so von Vietinghoff-Scheel. "Die Fachkräfte müssen ihr Visum im Herkunftsland beantragen, also persönlich vor Ort mit allen Unterlagen vorstellig werden." Erst dann dürfen sie wieder hier arbeiten. Was auf der Homepage von "Make it in Germany" so einfach klingt, ist für die Unternehmen oft ein Behördenlabyrinth.

Neues Gesetz soll Fachkräfte leichter nach Deutschland holen

Im März 2024 tritt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft, das die Bundesregierung beschlossen hat. Damit sollen Fachkräfte leichter nach Deutschland kommen können, um hier zu arbeiten. Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten, so wie Bajraliu-Sulejmani, können dann nach ihrem Visumsantrag bereits einreisen und hier arbeiten, während ihre Berufsqualifikation anerkannt wird. Das war bislang nicht möglich.

Trotzdem erhofft sich Eva von Vietinghoff-Scheel als Vorständin mehrerer Seniorenheime im Raum Würzburg nicht allzu viel davon: "Auf den ersten Blick erscheint es mir sinnvoll und hilfreich. Leider habe ich nur etwas das Vertrauen verloren, dass die Verfahren damit schneller und leichter werden. Bisher wurde immer alles nur komplizierter und für uns schwieriger."

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