Bewohner im Rollstuhl auf dem Flur in einem Pflegeheim
Bildrechte: picture alliance / epd-bild | Werner Krueper

Die Bundesregierung will den Pflegenotstand mit Pflegekräften aus dem Ausland lindern.

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Pflegenotstand: Hilft angeworbenes Personal aus dem Ausland?

Die Bundesregierung will den Pflegenotstand mit Pflegekräften aus dem Ausland lindern, etwa aus Brasilien. Doch die Stiftung Patientenschutz gießt Wasser in den Wein: Die Arbeitsbedingungen seien hierzulande einfach zu schlecht.

In Brasilien gibt "es mehr junge und gut ausgebildete Menschen (...), als der dortige Arbeitsmarkt aufnehmen kann", so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag. Deshalb will er gemeinsam mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Juni nach Brasilien reisen, um von dort mehr junge und gut ausgebildete Menschen für Pflegejobs nach Deutschland zu holen.

Mangel an Pflegekräften in Deutschland

Schon jetzt gibt es in Deutschland einen erheblichen Mangel an Pflegekräften und ohne ausländische Kräfte ginge es sowieso nicht. Laut der Bundesagentur für Arbeit kann derzeit nur ein Drittel der freien Stellen besetzt werden. Unterdessen wir die deutsche Bevölkerung immer älter - und damit pflegebedürftiger.

So weist das Statistische Bundesamt aus: Während es 1999 noch gut 2 Millionen Pflegebedürftige gab, waren es 2021 knapp 5 Millionen, und bis 2055 rechnen Experten mit einem Anstieg auf 6,8 Millionen.

Deutschland will in Pflegeausbildung im Ausland investieren

Neben Brasilien gibt es laut Bundesarbeitsminister Heil auch Absprachen mit Indonesien und Mexiko. "Wir werden dabei sehr sensibel vorgehen, damit wir keinem Land die Arbeitskräfte nehmen, die es selber braucht", betonte Heil. Aus Sicht des Arbeitsministers könnten alle Seiten von so einem Abkommen profitieren.

Denn Deutschland würde dringend gesuchte Pflegekräfte bekommen, Brasilien eine bessere Pflegeausbildung, weil Deutschland sich hier engagieren will. Und auch für die Menschen, die als Pflegekräfte nach Deutschland kommen, sieht Heil eine Chance. Sie bekämen gut bezahlte Jobs – und könnten damit auch Familienangehörige in der Heimat finanziell unterstützen.

Stiftung Patientenschutz ist skeptisch

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz dämpft jedoch die Erwartungen. Laut Vorstand Eugen Brysch ist der Mangel an Pflegekräften zuallererst ein innerdeutsches Problem, das ein paar hundert brasilianische Pflegekräfte nicht lösen könnten. Die Arbeitsbedingungen seien einfach zu schlecht.

Das zeigten auch die ernüchternden Anwerbe-Zahlen nichteuropäischer Arbeitskräfte. So wurden 2022 durch die Bundesagentur für Arbeit unterm Strich 656 ausländische Pflegekräfte nach Deutschland vermittelt. Brysch sagt voraus, dass "in den nächsten zehn bis zwölf Jahren 500.000 Pflegefachkräfte in Rente gehen werden".

Schlechte Arbeitsbedingungen vergraulen Pflegekräfte

Zunächst müssten die Probleme bei der Pflege in Deutschland gelöst werden, so Brysch. Es gäbe auch in Deutschland genug Pflegekräfte, wenn zum Beispiel die Arbeitszeiten planbarer wären. In Bayern etwa leiden immer mehr Pflegekräfte an Burnout.

"Die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und sogar 60 Prozent der Ausgestiegenen könnten sich eine Rückkehr in den Beruf beziehungsweise ein Aufstocken der Stunden vorstellen." Damit stünden mindestens 300.000 zusätzliche Pflegekräfte zur Verfügung.

Nach Angaben der Stiftung sind bundesweit knapp 1,7 Millionen Pflegekräfte in Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Mit Informationen von dpa und epd

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