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Palantir-Software: Bayerisches LKA soll Testbetrieb stoppen

Der bayerische Datenschutzbeauftragte hat das LKA aufgefordert, den Testbetrieb der umstrittenen Palantir-Software vorerst einzustellen. Nach BR-Informationen hält er den Testbetrieb für rechtswidrig.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Um schwere Straftaten besser aufklären zu können, setzt die bayerische Polizei auf die automatisierte Analyse von Daten mittels einer Software der US-Firma Palantir. Seit vergangenem März läuft die Polizeisoftware unter dem Namen VeRa beim Bayerischen Landeskriminalamt im Testbetrieb. Brisant dabei: Die Beamten nutzen hierfür echte Personendaten, wie BR-Recherchen im vergangenen November gezeigt haben.

Datenschutzbeauftragter Petri: Testbetrieb ohne Rechtsgrundlage

Daraufhin hat der Bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri diesen Testbetrieb überprüft. Das LKA hat ihm dazu Unterlagen übersandt. Petris Fazit nach einer ersten Auswertung: Das Vorgehen des LKA sei vom bayerischen Datenschutzgesetz nicht gedeckt, dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. "Ich habe dem Bayerischen Landeskriminalamt daher mitgeteilt, dass ich den Testbetrieb von VeRA in der derzeitigen Form nicht für rechtskonform halte und es aufgefordert, den Testbetrieb einzustellen, bis offene Punkte geklärt sind", so Petri gegenüber dem BR.

Ein Sprecher des Bayerischen Innenministeriums teilt auf Anfrage mit, das Schreiben des Landesbeauftragten für den Datenschutz werde derzeit geprüft. Abhängig von der Prüfung werde über das weitere Vorgehen entschieden. Den Vorwurf, für den Testbetrieb mit Daten von echten Personen fehle die rechtliche Grundlage, weist das Ministerium zurück. Der Testbetrieb diene ausschließlich der Prüfung der technischen und fachlichen Funktionsfähigkeit des Systems sowie zur Gewährleistung der Informationssicherheit. Die testweise Datenverarbeitung werde nicht für polizeiliche Zwecke genutzt.

Innenministerium: Gesonderte Rechtsgrundlage nicht erforderlich

Im Echtbetrieb kam das Programm, für das der Freistaat schon mehr als 13 Millionen Euro ausgegeben hat, bisher nicht zum Einsatz. Der Landtag müsste dazu erst eine Rechtsgrundlage schaffen und das Bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) ändern. Für den laufenden Testbetrieb stützt sich das Bayerische Innenministerium auf das Datenschutzgesetz: "Eine gesonderte Rechtsgrundlage im PAG ist aus unserer Sicht für einen derart konzipierten Testbetrieb nicht erforderlich."

Das bewertet der Datenschutzbeauftragte Thomas Petri anders. Verbieten kann er den Testbetrieb allerdings nicht. Folgt das Landeskriminalamt seiner Aufforderung, den Testbetrieb zu stoppen, nicht, kann er dies nur beanstanden.

Auch ein bisher unveröffentlichtes Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, das dem BR vorliegt, stellt die Rechtmäßigkeit des Testbetriebs in Bayern infrage. Im Gutachten heißt es, für einen Testbetrieb mit Echtdaten gälten dieselben Bedingungen wie für einen echten Einsatz. Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat, sagte dem BR, man müsse davon ausgehen, dass der testweise Einsatz in Bayern unzulässig sei: "Wenn man solche Tools zum Einsatz bringt, dann braucht man dafür eine glasklare Rechtsgrundlage. Und an der mangelt es bisher."

LMU-Experte: Testbetrieb mit Echtdaten "verfassungswidrig"

Mark Zöller, Professor für Strafrecht und Digitalisierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, teilt die Einschätzung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags: "Wenn echte Daten der Bürgerinnen und Bürger verarbeitet werden, dann spielt es rechtlich keine Rolle, ob es sich um einen Testbetrieb oder einen Regelbetrieb handelt." Ohne spezielle Gesetzesgrundlage im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz sei der Betrieb mit Echtdaten "verfassungs- und damit rechtswidrig". Dass der bayerische Datenschutzbeauftragte das LKA aufgefordert hat, den Testbetrieb von VeRA zu stoppen, findet Zöller konsequent: "Eigentlich hätten das Innenministerium und das LKA einen solchen Testbetrieb nie aufnehmen dürfen."

Der Landtagsabgeordnete Horst Arnold, SPD, wirft dem Bayerischen LKA vor, das Datenschutzrecht zu bagatellisieren. Er erwartet, "dass das Innenministerium nun der Aufforderung des Landesbeauftragten für den Datenschutz Folge leistet und das LKA anweist, den laufenden Probebetrieb einzustellen." Florian Siekmann von den Grünen, stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses des Bayerischen Landtags, sagt im BR-Interview: "Es geht ja hier um nichts Geringeres als den Schutz von Grundrechten. Deswegen steht für mich außer Frage, dass Innenministerium und LKA den Testbetrieb umgehend beenden müssen."

Änderung des Polizeiaufgabengesetzes in Bayern geplant

Bayern hat die Polizeisoftware von Palantir schon 2022 erworben. Die Software ist in der Lage, verschiedene Polizei-Datenbanken zu verbinden und automatisiert auszuwerten. Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Februar geurteilt, dass automatisierte Datenanalysen bei der Polizeiarbeit nur in engen Grenzen erlaubt sind. Das Polizeiaufgabengesetz in Bayern soll daher geändert werden, um einen Einsatz der Software im Echtbetrieb zu ermöglichen. Wann, ist noch unklar. Das Bayerische Innenministerium teilt dazu mit, man könne derzeit noch nicht abschätzen, wann ein entsprechender Gesetzesentwurf in den Landtag eingebracht werden kann. "Wir werden die Erstellung aber so schnell wie möglich vorantreiben."

Im Video: Palantir-Software - LKA soll Testbetrieb stoppen

Palantir-Software: Bayerisches LKA soll Testbetrieb stoppen
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