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Psychiatrisches Zentrum

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Opposition "fassungslos" über Psychiatriegesetz

Die Reaktionen auf das geplante bayerische Psychiatriegesetz fallen teilweise heftig aus. Es ist von einer "Katastrophe" die Rede, es fallen Worte wie "Verarschung" und "sicherheitspolitischer Amoklauf". Von Stefanie Gentner und Veronika Beer

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio.

Am geplanten bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz der Staatsregierung entfacht sich heftige Kritik. Breite Ablehnung erfährt vor allem die geplante zentrale Unterbringungsdatei. Darin soll jeder erfasst werden, der in eine psychiatrische Klinik zwangseingewiesen wird. SPD, Grüne und Freie Wähler im Landtag kritisieren, dass Behörden wie die Polizei dadurch über einen langen Zeitraum feststellen könnten, wer wegen welcher Diagnose in Behandlung war.

"Katastrophe für die psychisch Kranken"

Die Oppositionspolitikerin und SPD-Gesundheitsexpertin Kathrin Sonnenholzer sieht durch das Gesetz die gesamte Psychiatrie in Verruf: "Das schürt die Angst vor der Psychiatrie, und die schürt sie zurecht, weil das einer der Punkte ist, die zu mehr Stigmatisierung führen." Sonnenholzer spricht von einer "Katastrophe für die psychisch Kranken". Depressive Menschen seien in der Regel keine Gefahr für andere, aber sie würden künftig wie verurteilte geisteskranke Verbrecher behandelt.

Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bayerischen Landtags betont, der ursprüngliche Zweck eines solchen Gesetzes sei es gewesen, die Unterstützung für psychisch Kranke zu verbessern. "Doch mit diesem Entwurf wird das Gegenteil erreicht", sagt Sonnenholzer: "Die Betroffenen werden davor zurückschrecken, sich professionelle Hilfe zu suchen - aus Angst, für immer in den Akten zu stehen." Sie werde alles daran setzen, um das Gesetz in seiner jetzigen Form zu verhindern.

Bürgerrechte und Landtagswahl

Die FDP nennt zentrale Unterbringungsdatei "inakzeptabel". Martin Hagen, Spitzenkandidat der FDP Bayern für die Landtagswahl, warnt, das Gesetz stelle die Grundrechte psychisch kranker Bürger zur Disposition. Wenn die bayerische Staatsregierung die Bürgerrechte schon vor der Landtagswahl im Herbst derart aushöhle, gebe das einen Vorgeschmack darauf, was sie nach einem Wahlsieg tun werde.

Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Bayern, Maximilian Funke-Kaiser, sagte, man sei fassungslos. Das Gesetz führe dazu, dass die Hemmschwelle, sich Hilfe zu holen, noch erhöht werde. Wie beim Polizeiaufgabengesetz arbeite die CSU daran, "Bayern zu einem kompletten Überwachungsstaat auszubauen".

Gefahr abwehren statt Menschen zu helfen

"Wir Grüne stellen uns klar gegen das Gesetz", schrieb deren Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze auf Twitter. Nicht Bayern wolle dieses Gesetz, sondern die CSU.

Karl Vetter, gesundheitspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Freien Wähler, sagte, der Gesetzentwurf habe seinen Namen nicht verdient. "Es handelt sich um Menschen in einer psychischen Krise, nicht um Straftäter", betonte Vetter. Statt ein modernes Gesetz auf den Weg zu bringen, das Menschen in psychischen Krisen rasch Hilfe anbiete, stehe der Gedanke der Gefahrenabwehr im Vordergrund.

"Verarschung" und "Amoklauf"

Die designierte Landtags-Spitzenkandidatin der bayerischen Linken, Eva Bulling-Schröter, wählte klare Worte: "Schon der Name dieses Gesetzes ist reine Verarschung. Dies ist keine Hilfe psychisch Erkrankter, sondern die Beraubung ihrer Freiheits- und Persönlichkeitsrechte."

Der AfD-Landesvorsitzende Martin Sichert kritisierte, die Staatsregierung setze "ihren sicherheitspolitischen Amoklauf" fort. "Wir brauchen keinen Überwachungsstaat und keine Polizeibefugnisse, wie wir sie aus US-amerikanischen Action-Filmen kennen", sagte Sichert. Stattdessen müsse man die Ursachen bekämpfen.

Sozialministerium berät über Unterbringungsdatei

Das zuständige Sozialministerium entgegnet, bei der Einführung der Datei würden internationale Vereinbarungen zum Schutz der Personen beachtet. Wie lang die Daten gespeichert werden und wer Zugriff hat – darüber wird laut Ministerium gerade noch beraten. Ursprünglich war von fünf Jahren die Rede.

Die beiden CSU-Ministerinnen Kerstin Schreyer (Familie und Soziales) und Melanie Huml (Gesundheit und Pflege) hatten das bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, kurz PsychKHG, Anfang vergangener Woche im Kabinett vorgestellt. Auch Verbände und Betroffene reagierten mit heftiger Kritik. Morgen wird sich der bayerische Landtag in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf befassen.