20.12.1980: In Zinksärgen werden die Mordopfer Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in den Leichenwagen getragen.
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20.12.1980: In Zinksärgen werden die Mordopfer Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in den Leichenwagen getragen.

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Nach Recherchen: Neue Ermittlungen im Erlanger Doppelmord?

Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob genügend Gründe für die Wiederaufnahme von Ermittlungen im Erlanger Doppelmord von 1980 vorliegen. Damit könnte auch die bisherige Theorie von einem rechtsextremen Einzeltäter ins Wanken geraten.

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Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth prüft derzeit, ob nach dem Mord am Rabbiner Shlomo Levin und dessen Freundin Frida Poeschke 1980 in Erlangen neu ermittelt werden soll. Hintergrund sind vor mehreren Wochen bekannt gewordene Akten des Bayerischen Verfassungsschutzes, laut denen ein V-Mann kurz vor dem Doppelmord mögliche Mordvorbereitungen beobachtet hatte.

Staatsanwaltschaft: "Vielleicht gibt es ein neues Verfahren"

Damit könnte auch die bisherige Theorie von einem rechtsextremen Einzeltäter aus der verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) ins Wanken geraten. "Vielleicht gibt es ein neues Verfahren", sagte Heike Klotzbücher, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, dem gemeinsamen Rechercheteam von Bayerischem Rundfunk und Nürnberger Nachrichten auf Anfrage. Hintergrund für die aktuelle Entwicklung ist auch die Berichterstattung des Rechercheteams über ein bislang unbekanntes, als geheim eingestuftes Dokument des Bayerischen Verfassungsschutzes.

V-Mann beobachtete offenbar Mordvorbereitungen

Dem Geheimpapier zufolge, über das als erstes in der Wochenzeitung "Die Zeit" berichtet wurde, war ein V-Mann und WSG-Mitglied nur sechs Tage vor dem Doppelmord zu Gast bei WSG-Chef Karl-Heinz Hoffmann. Der V-Mann soll bei dem Besuch beobachtet haben, wie Hoffmann und der spätere Täter gemeinsam Schalldämpfer hergestellt haben. Auch beim Doppelmord wurde ein selbstgebauter Schalldämpfer genutzt, der auf einer Pistole angebracht war. Es steht also die Frage im Raum, ob der Geheimdienst von den Mordplänen wusste und hätte einschreiten müssen.

Dennoch kam es wenige Tage darauf, am 19. Dezember 1980, zum Mord an Levin und Poeschke. Durch die jetzt bekannt gewordene Geheimakte wisse man, dass ein V-Mann kurz vor den Morden wichtige Hinweise gegeben hatte, sagte der frühere BR-Journalist Ulrich Chaussy dem gemeinsamen Rechercheteam von BR und Nürnberger Nachrichten Anfang August. Der mehrfach ausgezeichnete Publizist gilt als einer der besten Kenner des Erlanger Doppelmordes.

Politiker fordern Aufklärung

Bereits Mitte August forderte der Erlanger FDP-Landtagsabgeordneter Matthias Fischbach, dass die Staatsanwaltschaft alle noch verfügbaren Geheim-Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz prüfen solle, die Hinweise zur Aufklärung geben könnten. Sollten solche Hinweise vorliegen, müsse "der Prozess neu aufgerollt werden", sagte Fischbach dem BR/NN-Rechercheteam. Auch die Erlanger Landtagsabgeordnete Alexandra Hiersemann und ihr Landtagskollege Horst Arnold (beide SPD) wollen jetzt die Rolle des Verfassungsschutzes beim Doppelmord genau durchleuchten und haben deswegen einen detaillierten Fragenkatalog an die Staatsregierung geschickt.

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