Felix, Korbinian und Jakob arbeiten bei "miniWUG" an einem Fahrrad im Bike-Shop von "mini-WUG"..
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Felix, Korbinian und Jakob arbeiten im Bike-Shop von "miniWUG". Eine Woche wird die Mittelschule Weißenburg zu einer Stadt im Kleinformat.

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"mini-WUG": Wie sich eine Schule in eine ganze Stadt verwandelt

Die Mittelschule Weißenburg hat sich eine Woche lang in eine Stadt im Kleinformat verwandelt. Bei "miniWUG" können 400 Schülerinnen und Schüler ausprobieren, wie es ist, erwachsen zu sein – von der Arbeit in der Schulbank bis zum Zocken im Casino.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

In der hellen Aula der Mittelschule Weißenburg ist ein Tresen aufgebaut. Darüber hängt ein Plakat: "Arbeitsamt" steht in großen, bunten Buchstaben darauf. Hier können sich alle Beteiligten aussuchen, was sie in "miniWUG" arbeiten möchten, einer Stadt im Kleinformat an der Weißenburger Mittelschule. Klassenweise kommen die Kinder der fünften bis siebten Klassen an die Schalter und suchen nach den passenden Berufen. Johannes verteilt die Arbeitskarten. Die Auswahl ist groß: Restaurant, Werkstatt, Zeitung – bei "miniWUG" gibt es alles, was es in einer echten Stadt auch gibt. "Beliebt ist auf jeden Fall die Feuerwehr und der Bike-Shop und die Schokoladenfabrik. Und die Uni natürlich auch", berichtet Johannes.

Jobs für 400 Kinder

Schnell sind alle Jobs vergeben und die Kinder verteilen sich im Schulhaus. Jeden Tag werden Aufgaben für rund 400 Schülerinnen und Schüler vergeben. Das bedeutet viel Organisation für die Lehrkräfte. Ziel ist es, für jedes Kind jeden Tag einen Job zu haben, sagt Lehrerin Regina Witzleben. Sie hat die Idee für "miniWUG" vor rund acht Jahren aus München mit nach Weißenburg gebracht. "Wir wollen ja nicht hier stehen und 50 Kinder haben keinen Job. Da haben wir wirklich ein halbes Jahr gebraucht, um das in die Spur zu bringen und für jedes Kind ein Angebot zu schaffen", sagt die Lehrerin.

Kinder finden "miniWUG" gut

Mit einer Zimmerei aus Weißenburg bauen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Wikingerstühle und Nistkästen. Max und Moritz geben ihren Holzteilen den Schliff. Sie finden "miniWUG" richtig gut. "Das ist ein gutes Projekt von der Mittelschule. Das hat auch nicht jede Schule", sagt Moritz. "Dass sich die Schule in eine Stadt verwandelt und dass die Kinder dann auch wissen, wie ein Erwachsenenleben so ist. Wie man zum Beispiel mit Geld umgeht und dass man rechtzeitig auf die Arbeit kommen muss", findet Max.

Schulbank zahlt Löhne aus

Im Pausenhof arbeiten Felix, Korbinian und Jakob im Bike-Shop. Ketten reinigen und einfetten, Luft überprüfen – an die zehn Fahrräder checken die vier Jungs an ihrem Schulvormittag und bekommen dafür einen Lohn: sogenannte Minis. Drei Minis gibt es für eine halbe Stunde – netto. In einem "miniPerso" wird vermerkt, wie viel die Kinder gearbeitet haben. Ihre Minis können sich die Kinder auf der schuleigenen Bank abholen. Dort ging es am ersten Tag recht turbulent zu. Mittlerweile stehen alle geordnet Schlange, um sich ihren Lohn auszahlen zu lassen.

Und in der Pause eine Runde Black Jack

Für die Minis können sich die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel im Restaurant oder in der Snackbar Essen kaufen, sich massieren lassen oder im Kaufhaus einkaufen. Dort erwerben die Kinder oft Sachen, die sie selbst gebaut haben, sagt der Schulleiter der Mittelschule Weißenburg, Markus Scharrer. Zum Beispiel die Wikingerstühle. 20 Minis sind für die Holzstühle zum Zusammenstecken fällig. Ein Armband gibt es schon für zwei Minis.

Die Schülerinnen und Schüler können ihr Geld aber auch auf der Schulkerwa oder im Casino ausgeben. Dafür haben sich Noah und Mohammed entschieden. Die beiden 15 und 16 Jahre alte Jungs haben ihre Minis in Jetons umgetauscht und spielen Black Jack. "Ich habe gerade Pause und dann kann man schon mal eine Runde Black Jack spielen", schmunzelt Noah. Mohammed hat seine Minis beim Dosen-Upcycling verdient und versucht sie nun, beim Karten spielen zu vermehren.

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Probesitzen auf dem Wikingerstuhl: Schulleiter Markus Scharrer.

Kinder bekommen "Lebenskompetenzen"

Für die Lehrkräfte bedeutet "miniWUG" viel Arbeit. Aber Schulleiter Markus Scharrer ist überzeugt, dass sich diese Mühe lohnt. "Die Lebenskompetenzen werden in dieser einen Woche par excellence geschult", so Scharrer. Die Kinder würden den Wert ihrer Arbeit kennenlernen und wie sie mit ihrem Geld umgehen müssen. Außerdem müssen sich die Schülerinnen und Schüler selbst organisieren.

Pro Tag sind vier Arbeitseinheiten Pflicht. Auch zwei Besuche an der Uni, an der Gäste wie Polizisten oder ein Hubschrauberpilot über ihren Beruf erzählen, müssen in dieser einen Woche sein. Das funktioniert sehr gut, sagt Schulleiter Scharrer. Und wenn es doch Probleme gibt, ist die Polizei von "miniWUG" nicht weit. Die Streitschlichter der Schule sind in dieser Funktion im Schulhaus unterwegs.

Strahlende Kinder- und Lehreraugen

Das Projekt ist nachhaltig, ist Schulleiter Scharrer überzeugt. Denn die Kinder, die vor sieben Jahren das erste Mal bei der Stadt im Kleinformat dabei waren, würden heute noch von "miniWUG" sprechen. Allerdings könne das Projekt nicht jedes Jahr angeboten werden, so der Rektor. Eine Woche "miniWUG" koste viel Kraft – vor allem von Lehrerinnen und Lehrer. Aber Scharrer findet auch: "Wenn ich die strahlenden Kinderaugen sehe und auch die strahlenden Augen der Lehrkräfte. Ich glaub, dann haben wir alles richtiggemacht."

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