Ministerpräsident Söder (rechts) und sein Innenminister Herrmann (Mitte) wollen mehr Grenzpolizisten, betonten sie erneut beim Ortstermin in Freilassing .
Bildrechte: picture alliance / SVEN SIMON | Frank HOERMANN / SVEN SIMON

Ministerpräsident Söder (rechts) und sein Innenminister Herrmann (Mitte) wollen mehr Grenzpolizisten, betonten sie erneut in Freilassing.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

"Wichtiger denn je": Söder will Grenzpolizei aufstocken

Eine eigene Grenzpolizei: Dafür wurde Bayern immer wieder kritisiert. Angesichts der aktuellen Migrationsdebatte und zunehmender Schleuserkriminalität fühlt sich Ministerpräsident Söder bestätigt und will die Grenzpolizei deutlich aufstocken.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Termin auf der Saalach-Brücke an der bayerisch-österreichischen Grenze bei Freilassing ist einer, der Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schmeckt: Söder illustriert die Erfolge der von ihm eingeführten Bayerischen Grenzpolizei und versucht damit den Beweis zu führen gegen alle Kritiker. Wenngleich der Ort im Namen ein wenig in die Irre führt – schließlich darf diese nur in Bayern geschaffene Polizei-Einheit ihre Kontrollen gar nicht direkt an der Grenze durchführen. Sie ist in den Grenzregionen im Stile von Schleierfahndern unterwegs.

Söder setzt Faeser unter Druck

Von der bayerisch-österreichischen Grenze zeigt Söder nach Berlin und da vor allem auf Innenministerin Nancy Faeser. Die SPD-Politikerin, die wie Söder kurz vor einer Landtagswahl steht, wird in diesen Tagen viel gescholten, angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und den damit verbundenen Herausforderungen, die nicht gelöst scheinen.

Der Rat und die Forderung des Bayerischen Ministerpräsidenten mit Blick auf die Bayerische Grenzpolizei: "Wir bräuchten das überall in Deutschland". Da viele andere Länder sich im Gegensatz zu Bayern keine eigene Grenzpolizei leisten könnten, sei hier der Bund zuständig, ähnliche Strukturen aufzubauen.

Bayerische Grenzpolizei: Schleuserkriminalität nimmt stark zu

Zu den Zahlen und Fakten der Bayerischen Grenzfahnder: Für die ist der stellvertretende Chef der bayerischen Grenzpolizei, Stephan Seiler, zuständig. Er schildert beim Besuch von Ministerpräsident Söder und Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Freilassing, dass vor allem seit März immer mehr Menschen illegal nach Bayern einreisen würden. Viele von ihnen mithilfe von "kriminellen Schleusern", teils unter "menschenunwürdigen Zuständen", berichtet Seiler.

2.085 unerlaubte Einreisen habe man festgestellt – gut ein Viertel mehr als 2022. Genau 154 Schleuserfälle habe die Grenzpolizei aufgedeckt, gut 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Und: 950 Menschen, die per Haftbefehl gesucht wurden, habe man festgenommen. Auch hier ein deutlicher Anstieg: um 43,3 Prozent.

500 neue Stellen bis 2028 für die Bayerische Grenzpolizei

Die Konsequenz für den bayerischen Ministerpräsidenten: Er will die Grenzpolizei personell aufstocken, um noch intensiver und engmaschiger kontrollieren zu können. Es habe sich gezeigt, dass die Einheit "effektiv" arbeite. Vor fünf Jahren rief Söder diese bayerische Sonder-Polizei-Einheit ins Leben. Rund 850 Stellen sind bei der bayerischen Grenzpolizei seitdem besetzt – eigentlich hatte die Staatsregierung für dieses Jahr die Zahl 1.000 angekündigt. 150 Beamtinnen und Beamte seien gerade in Ausbildung, ergänzte der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann.

Auf diese dann insgesamt 1.000 will Söder im Laufe der nächsten Legislaturperiode noch einmal 500 Stellen draufsatteln, sodass bis 2028 insgesamt 1.500 Grenzpolizistinnen und -polizisten in Bayern ihren Dienst tun. Zusätzlich zur Bundespolizei. Ihm gehe es darum, "ein klares Signal für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit" zu setzen, erklärt Söder.

Söder: "Wir leisten hier Dienst für Deutschland"

Mehr Kontrollen im Grenzgebiet – nach dem Vorbild der bayerischen Grenzpolizei – fordert Söder für ganz Deutschland. Die Grenzpolizei trage eindeutig zu mehr Sicherheit bei für Bayern, aber eben auch für den Rest der Republik. "Wir leisten hier Dienst für Deutschland" erklärt Söder auf der Brücke über die Saalach, die Bayern und Österreich verbindet.

Der dringende Aufruf "an Frau Faeser" sei nun, für 10.000 neue Stellen bei der Bundespolizei für den Grenzschutz zu sorgen, "damit jeder Grenzbereich in Deutschland genauso sicher ist", so Söder. Mit ein Grund für Innenminister Hermann: die EU-Außengrenzen würden nach wie vor "nicht ausreichend kontrolliert".

SPD-Bundespolitiker Grötsch lobt bayerisches Modell

Der Oberpfälzer SPD-Bundestagsabgeordnete Uli Grötsch ist selbst Polizist und war unter anderem als Schleierfahnder eingesetzt. Im BR24-Interview weist Grötsch darauf hin, dass Grenzschutz eigentlich Bundesangelegenheit sei. Aber er findet dennoch lobende Worte für das bayerische Modell: "Solange Grenzpolizei und die Bundespolizei zum Schutz unserer Grenzen so gut zusammenarbeiten, wie sie das in den letzten Jahren getan haben, kann das nur zum Vorteil für die innere Sicherheit in Bayern sein".

Ein Hinweis an seine eigene Innenministerin Nancy Faeser hier zu wenig auf Bundesebene zu tun? Nicht direkt. Grötsch jedenfalls weist die Forderungen von Ministerpräsident Markus Söder für mehr stationäre Kontrollen an Auslandsgrenzen anderer Bundesländer mit den Worten "das ist eine populistische Forderung" zurück. Gleichwohl wünscht sich auch der SPD-Abgeordnete aus Bayern generell mehr Kontrollen der Bundespolizei im Grenzgebiet zu Tschechien und Polen und erklärt: Schleierfahndung sei deutlich effektiver als stationäre Grenzkontrollen.

Grüne und AfD kritisieren "Etikettenschwindel" bei Grenzpolizei

Kritischer äußern sich die Grünen. Die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Katharina Schulze, spricht von einem "Etikettenschwindel". Die Arbeit der Bayerischen Grenzpolizei hätten zuvor die Einheiten der Schleierfahndung auch schon gemacht. Diese Art der Kontrollen sei auch "richtig und wichtig" so Schulze. Permanente Grenzkontrollen lehnt sie dagegen ab.

Richard Graupner, Innenpolitiker der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, spricht ebenfalls von einem "Etikettenschwindel", die Grenzpolizei habe letztlich "keine grenzpolizeilichen Befugnisse". Die bayerische Grenzpolizei mache zwar, so Graupner, eine "hervorragende Arbeit". Mit Grenzschutz habe das aber nichts zu tun und damit habe man auch nicht "die Kontrolle darüber, wer zu uns ins Land kommt", so Graupner. Anders als die Grünen würde er sich mehr Kontrollen direkt an den Grenzen wünschen, sodass Geflüchtete erst gar nicht nach Deutschland kommen könnten.

Migrationsdebatte: CSU-Forderung nach Integrationsgipfel

Söder und Herrmann nutzten den Ortstermin in Freilassing auch dafür, ihre Kritik an der Bundesregierung in der Migrationsdebatte zu erneuern. Erneut warnte Söder vor einer Überforderung von Kommunen und Gesellschaft infolge der hohen Zuwanderungszahlen. Es brauche eine "Integrationsgrenze", damit die Kommunen in der Lage seien, die Integration vor Ort zu schaffen, dies gelte auch für Schulen und Kitas. Der Bund müsse endlich gemeinsam mit den Ländern und den Kommunen einen Deutschlandpakt gegen die unkontrollierte Zuwanderung in Angriff nehmen. Und: "Wir brauchen jetzt auch sehr rasch einen Integrationsgipfel", so der Bayerische Ministerpräsident.

Die Grüne Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze fordert indes von der bayerischen Staatsregierung, selbst tätig zu werden: Der Freistaat müsse die Kommunen mit mehr Geld in Form eines Sonderinvestitionsprogramms unterstützen und Geflüchteten schneller ermöglichen, in Arbeit zu kommen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!