Carmen Wegge und Martin Huber bei jetzt red i
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Legalisierung "schizophren"? Weiter Streit ums Cannabis-Gesetz

Als "schizophren" bezeichnete CSU-Generalsekretär Martin Huber bei "jetzt red i" das neue Cannabis-Gesetz der Ampel. Bayern werde den Konsum so schwer wie möglich machen. Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge kritisierte den bayerischen Kurs.

Über dieses Thema berichtet: jetzt red i am .

Antonio Barbato bezeichnet sich selbst als "ganz normalen Typ". Er habe Kinder, sei berufstätig, und dann beschloss er eines Tages, statt Tabak und Alkohol nur noch Cannabis zu konsumieren. Cannabis, das er selbst angebaut hat, denn es war ihm wichtig, den Schwarzmarkt nicht zu unterstützen. Das Ganze endet mit einem Besuch der Polizei. In seinem Dorf, sagt Barbato in der Sendung "jetzt red i" im BR Fernsehen, habe er daraufhin "Ausgrenzung und Stigmatisierung" erfahren – so schlimm, dass er und seine Familie letztlich wegziehen mussten.

Nicht alle sind vom neuen Cannabis-Gesetz begeistert

Wie Antonio Barbato erging es vielen. Deutschlandweit wurden allein im Jahr 2022 178.876 Delikte im Zusammenhang mit Cannabis erfasst, meldet das Bundeskriminalamt. Mit dem Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis, das die Ampel-Regierung auf den Weg gebracht hat, soll sich nun einiges ändern: Seit dem ersten April sind Konsum, Weitergabe und Anbau von Cannabis unter bestimmten Bedingungen legal. Doch nicht alle sind begeistert.

Martin Huber: "Bayern wird keine Kiffer-Hochburg"

Der CSU-Generalsekretär Martin Huber bezeichnete das Gesetz in der Sendung als "schizophren". "Auf der einen Seite sagt die Ampel selbst ganz offen, Cannabis ist gefährlich, wir wollen eine Kampagne starten, um die jungen Menschen vom Konsum von Cannabis abzuhalten", und gleichzeitig werde Cannabis legalisiert. Deswegen, so Huber, "bleiben wir hier bei klarer Kante", Bayern werde "keine Kiffer-Hochburg". Man werde den Konsum "maximal schwer machen" und "maximal kontrollieren".

Dies möchte Carmen Wegge, SPD-Abgeordnete im Bundestag, die an dem Gesetz mitgearbeitet hat, verhindern. Mit Blick auf Bayerns restriktiven Kurs in Sachen Cannabis-Teillegalisierung sagte Wegge in der Sendung: "Wenn man als Bayerin an einem solchen Gesetz mitverhandelt, dann denkt man da an ein paar Dinge, zum Beispiel, dass die Bundesländer so wenig Spielraum haben wie möglich". So gebe es etwa keine Ermessensspielräume für die Behörden, wenn es darum geht, Anbaugemeinschaften zu genehmigen. Bayerns Staatsregierung legte einen Bußgeldkatalog vor, der Bußgelder von bis zu 1.000 Euro vorsieht, wenn man etwa in unmittelbarer Gegenwart von unter 18-Jährigen Cannabis konsumiert.

Cannabis: Auch ein Thema im Sportverein?

Auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern sind aktuell noch viele Fragen offen. So meldete sich Handwerksmeister Tim Scheunemann zu Wort, der mit seinem Vater einen Sportverein betreibt – wie er das Thema mit seinen Jugendgruppen behandeln solle? Ihm fehlen klare Vorgaben.

Carmen Wegge verteidigte die progressive Drogenpolitik der Ampel und erwiderte: "Wenn sie sagen, sie haben eine Kinder- und Jugendgruppe, dann hätte ich mir gewünscht, dass sie vielleicht schon von Anfang an mit der Jugendgruppe über Alkohol- oder Drogenkonsum sprechen." Für die SPD-Bundestagsabgeordnete Wegge sind gerade diese Fragen eine der Errungenschaften des neuen Gesetzes: "Dass wir uns endlich damit auseinandersetzen, wie wir in der Gesellschaft darüber reden, wie wir Drogen konsumieren, was ein kritischer Konsum ist, was ein gesunder Konsum ist und was man eben nicht machen sollte."

Die Droge ist besonders für junge Menschen gefährlich

Dass der Konsum von Cannabis insbesondere für junge Menschen gefährlich ist, bekräftigt auch Dr. Sophie-Kathrin Greiner vom Bezirksklinikum Schwaben. Sie warnte in der Sendung davor, das Thema nur schwarz und weiß zu sehen, sagte aber auch: "Eventuell kann es natürlich auch sein, dass mehr Menschen in Kontakt mit Cannabis kommen und dass einfach prozentual auch mehr Menschen ein Problem entwickeln."

Ob jedoch das neue Gesetz eine Ausweitung des Schwarzmarkts für Cannabis zur Folge hat, oder ob dadurch Präventionsmaßnahmen verbessert werden können, darüber waren Carmen Wegge und Martin Huber uneins. Auf die Frage des Moderators an Martin Huber, ob er denn, wenn er in der Regierung wäre, die Union wieder Regierungspartei wäre, das Gesetz wieder abschaffen würde, antwortete dieser mit einem klaren Ja.

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