Ein Mitarbeiter einer Biogasanlage von Naturenergie Glemstal befüllt die Anlage mit Biomasse.
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Landwirte, die eine Stoffstrombilanz erstellen, müssen alle Nährstoffeingänge und Nährstoffausgänge dokumentieren.

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Landwirtschaftliche Stoffstrombilanz: Beitrag zum Umweltschutz?

Seit 2023 betrifft sie fast alle landwirtschaftlichen Betriebe: Die Stoffstrombilanz. Das heißt: Nährstoffe, die dem Betrieb zugeführt werden oder ihn verlassen, müssen dokumentiert werden. Doch niemand wertet die Daten aus – was bringt das dann?

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Marco Hüttner ist Landwirt in Wört bei Dinkelsbühl in Mittelfranken. Momentan steht bei ihm die Ernte der Gerste an. Das Stroh, das dabei übrigbleibt, verkauft er an einen benachbarten Betrieb. Klingt nach einem einfachen Geschäft – ist es aber nicht. Denn alles, was Nährstoffe enthält, wie zum Beispiel das Stroh, muss er dokumentieren: Er ist dazu verpflichtet, eine Stoffstrombilanz zu machen. Marco Hüttner muss also belegen können, wie viel Stroh er verkauft hat und welche Nährstoffe seinen Betrieb damit verlassen.

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Der Landwirt Marco Hüttner ist schon seit 2018 dazu verpflichtet, eine Stoffstrombilanz zu erstellen.

Landwirtinnen und Landwirte, die wie Marco Hüttner eine Stoffstrombilanz erstellen, müssen alle Inputs wie zum Beispiel Dünger, Futter, Saatgut oder Nutztiere dokumentieren. Aber auch das, was am Ende rauskommt. Zum Beispiel die verkaufte Ernte, Tiere oder auch Gülle. Die Stoffstrombilanz soll dabei helfen, überschüssige Nährstoffe, wie zum Beispiel Phosphor oder Stickstoff, die Luft oder Wasser belasten können, zu reduzieren. Für Marco Hüttner bedeutet das viel zusätzliche Arbeit im Büro: "Zum einen ist es gut und sinnvoll, zum anderen ist der Aufwand sehr groß."

Mehr Nährstoffeffizienz in den Betrieben

Die Stoffstrombilanz wurde bereits 2018 eingeführt für zum Beispiel große Höfe mit viel Vieh oder bestimmte Betriebe mit einer Biogasanlage. Durch die Stoffstrombilanz sollen weniger Nährstoffüberschüsse in die Umwelt gelangen. Denn wenn etwa zu viel gedüngt wird, können die Pflanzen die Nährstoffe nicht aufnehmen. Sie werden im Boden vom Nährstoff zum Schadstoff, zum Beispiel Nitrat. Das kann die Gewässer belasten und die Qualität des Grundwassers mindern – denn zu viel Nitrat im Wasser ist gesundheitsschädlich.

Mehr Transparenz durch die Stoffstrombilanz?

Durch die Düngeverordnung werden Gebiete, in denen es Probleme mit Nitrat gibt, zu "roten Gebieten". In diesen Gebieten gelten etwas strengere Vorschriften (wie Abstand zu Gewässern beim Düngen) und Landwirtinnen und Landwirte müssen ihre Düngung reduzieren. Die Kritik daran: Die Messstellen seien zu ungenau und alle würden "bestraft", auch wenn sie vorbildlich wirtschaften.

Bei Betrieben, die eine Stoffstrombilanz erstellen müssen, wird die Nährstoffeffizienz erfasst – mögliche Überschüsse würden also sichtbar werden. Wird die Stoffstrombilanz also dafür sorgen, dass die Verursacher von zu viel Nitrat im Grundwasser in Zukunft ermittelt werden können?

Betriebe sollen Ergebnisse selbst auswerten

Wohl eher nicht. Denn die Landwirtinnen und Landwirte müssen die Daten zwar sammeln, aber nicht an eine Behörde weitergeben. Die Betriebe müssen sie mehrere Jahr aufbewahren, das wird stichprobenartig kontrolliert. Ausgewertet werde die Daten nicht. Robert Knöferl, Stellvertretender Leiter am Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau in Freising, erklärt warum: Die Stoffstrombilanz war nie als ein Kontrollinstrument gedacht, sondern "sie war eher ein verpflichtendes Beratungsinstrument." Außerdem sei es ohnehin nicht möglich, mit einer Stoffstrombilanz den Verursacher für zu viel Nitrat im Grundwasser zu ermitteln – dafür spielten zu viele andere Faktoren eine Rolle. Vielmehr solle die Stoffstrombilanz dazu führen, dass sich die Betriebe mit der Effizienz ihrer Nährstoffe auseinandersetzen.

Wirkung der Stoffstrombilanz hängt vom Betrieb ab

Marco Hüttner glaubt nicht, dass seine Nährstoffflüsse durch die Stoffstrombilanz effizienter geworden sind. Schließlich hat er schon vorher gut gewirtschaftet, sagt er: "Wir sind als Betrieb bestrebt, so wenig wie möglich Nährstoffe einzusetzen. Nährstoffe sind bei uns immer mit Kosten verbunden."

Die Stoffstrombilanz bringt vor allem jenen Betrieben etwas, die bisher viele Nährstoffe verloren haben. Seit diesem Jahr sind fast alle Betriebe dazu verpflichtet, eine Stoffstrombilanz zu erstellen. Ob sie aber einen Effekt hat, hängt also davon ab, inwieweit die Landwirtinnen und Landwirte die Ergebnisse auswerten und darauf für sich Schlussfolgerungen ziehen.

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