Eine ukrainische Fahne und Kinder im Hintergrund
Bildrechte: Robert Michael

Im Landkreis Traunstein gibt für ukrainische Kinder eine Traumapädagogische Tanzgruppe

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Krieg im Kopf: Traumapädagogik für ukrainische Jugendliche

Der Krieg belastet ukrainische Kinder und Jugendliche psychisch stark. Trotzdem sind die therapeutische Angebote auf Ukrainisch rar. Doch im Landkreis Traunstein lehrt Fachpersonal den Jugendlichen, wie sie mit psychischen Belastungen umgehen können.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Jeden Montag trifft sich der 18-jährige Viet mit rund einem Dutzend anderen Jugendlichen aus der Ukraine in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt in Traunstein. "Jung und frei" heißt das Angebot, das die Traumapädagogin und Traumaberaterin Alesia Grenz anbietet.

Raum für Ängste, Schuldgefühle und Zweifel

Hier sprechen die Jugendlichen über alles, was sie beschäftigt. Zum Beispiel die grausamen Videos vom Krieg, die sie täglich auf ihren Handys sehen. Manche empfinden aber auch Schuldgefühle, weil sie in Deutschland sicher sind, während Freunde, Verwandte und die eigenen Väter in der Armee ihr Leben riskieren. Außerdem ist es herausfordernd, in Deutschland anzukommen, ohne zu wissen, wie es weitergeht. Schnell entstehen Fragen: Kann ich in einem Monat zurück in die Ukraine? Fange ich hier ein Studium an und wenn ja, wie bezahle ich die Miete in der Großstadt?

Austausch unter Jugendlichen essenziell

"Für mich ist die Gruppe sehr wichtig", erzählt Viet. Er lebt seit März 2022 mit seiner Familie in Traunstein. "Es ist oft leichter, mit anderen Jugendlichen über Gefühle zu sprechen, auch mal zu weinen, als mit den eigenen Eltern." Viets Englisch ist sehr gut und er hat schon viel Deutsch gelernt. Trotzdem ist es für ihn und die anderen Jugendlichen essenziell, in der Gruppe ihre Muttersprache sprechen zu können.

Kaum ukrainisch sprechende Therapeuten

Alesia Grenz stammt selbst aus Kasachstan und spricht Russisch. Ukrainisch versteht sie wegen ihres ukrainischen Großvaters. "Wenn ein Therapeut deine Sprache, deine Kultur und deine Mentalität nicht kennt, ist es sehr schwierig, über etwas so Sensibles wie Traumata zu sprechen", erzählt sie. Russisch oder Ukrainisch sprechende Therapeutinnen und Therapeuten gibt es aber kaum in der Region. Dementsprechend voll sind die Wartelisten derzeit. Auf einen Termin müsse man zum Teil ein bis zwei Jahre warten.

Trauma mit Tanz verarbeiten

Doch Alesia Grenz nutzt nicht nur Sprache, um die therapeutische Versorgungslücke bei den Jugendlichen zu füllen. In Kasachstan hat sie als Tänzerin und Choreographin gearbeitet.

"Ich verbinde Tanz und Trauma in der Gruppe. Der Krieg belastet nicht nur die Psyche, sondern auch den Körper mit psychosomatischen Symptomen wie Schlafstörungen. Beim Tanzen können die Jugendliche Gefühle ausdrücken, die durch das Trauma sozusagen eingefroren waren."

Die Arbeit ist für die Traumapädagogin oft belastend. Sie betreut noch eine weitere Jugend- und Kindergruppe für ukrainische Geflüchtete im Landkreis, zusätzlich ist sie ehrenamtlich für die Jugendlichen da. "Es ist zwar nicht leicht, aber wenn ich da irgendwie helfen kann, wenn ich sehe, dass sie mal wieder lachen, tut mir das auch gut." Für die Zukunft hofft Alesia Grenz, dass solche Angebote auch weiterhin für die Jugendlichen finanziert werden.

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