"Bobbi", so heißt das Forschungsfahrrad, mit dem Wissenschaftler im Norden von Ingolstadt ein Kollisionswarnsystem für Fahrradfahrer entwickeln wollen. Auf den ersten Blick versprüht es wenig Charme und Zukunftsvision. Es ist ein handelsübliches Damen-E-Bike, auf das viel Technik draufgepackt wurde. Es verfügt über drei Kameras, jeweils eine nach Vorne, Hinten und eine ist auf den Radler gerichtet. Zusätzlich gibt es zwei sogenannte LiDAR-Sensoren, mit deren Hilfe die Umgebung abgetastet und ein 3-D-Modell errechnet wird. Zu den Seiten ermitteln Ultraschall-Sensoren den Abstand vorbeifahrender Fahrzeuge. Eine GPS-Antenne sammelt Standortdaten. Insgesamt wiegt das Fahrrad rund 35 Kilo, ist aber laut Testfahrer Hagen Saul gut zu steuern: "Es läuft ganz gut und man kommt ganz gut in die Gänge".
Das Umfeld wird erfasst
Er muss es wissen, denn zwei Tage lang fährt er intensiv mit "Bobbi". Hagen Saul einer von vier Wissenschaftlern der Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Sie haben sich eine vielbefahrene Ingolstädter Kreuzung vorgenommen. „Wir sind in der Lage mit diesem Fahrrad das verkehrliche Umfeld zu erfassen. Wir können sehen wie die Abstände sind zu benachbarten Verkehrsteilnehmern wie Autos. Damit können wir feststellen, was sind eigentlich gefährliche Faktoren, die im Zusammenspiel mit Radfahrern auftreten, sagt Projektleiter Marek Junghans.
Zwei GB Daten in fünf Minuten
Und so fährt Informatiker Hagen Saul an zwei Tagen rund 100 mal an der gleichen Kreuzung in der gleichen Situation, um möglichst viele Daten zu sammeln. Parallel dazu steuert Kollegin Clarissa Böker daneben ein Forschungsauto und erhebt ebenfalls viele Daten. Der Verkehr ist dicht, die Kreuzung liegt zwischen Wohn- und Industriegebieten im Norden von Ingolstadt. Die Daten – rund zwei GB in fünf Minuten – werden später mit einem klaren Ziel ausgewertet. "Wo wird es gefährlich? Wann wird es gefährlich und welche Verhaltensmuster kann man feststellen, um damit beispielsweise ein bezahlbares Kollisionswarnsystem für Radler zu entwickeln", betont Marek Junghans.
Vibrierende Handgriffe
Zum Beispiel in der klassisch-gefährlichen Situation: ein Fahrradfahrer will geradeaus fahren, die Autofahrerin rechts abbiegen. Warninformationen, wie es sie in neueren Autos schon gibt, könnten beim Rad in so einer Situation über vibrierende Griffe übertragen werden. Dabei kommt es laut Informatiker und Testfahrer Hagen Saul darauf an, die echten gefährlichen Situationen von diesen kontrollierten Beinah-Unfällen unterscheiden zu können. Das sei ihr Forschungsanspruch. Denn das Fahrrad soll ja nicht unnötig warnen. Dann würden die Radler den Hinweis schnell wieder ignorieren.
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