Baden-Württemberg, Karlsruhe: Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts.
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Karlsruher Corona-Urteil: Kritik und Zustimmung aus Bayern

Söder zeigt sich zufrieden mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesnotbremse. Kritik kommt dagegen von AfD, FDP und Freien Wählern. Ein Rechtsprofessor warnt: Was im April rechtmäßig war, muss es nicht heute auch noch sein.

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Söder twitterte kurz nach Bekanntgabe der Entscheidungen: Das Bundesverfassungsgericht habe alle zentralen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung für rechtens erklärt. Auch alle bayerischen Regelungen seien im Einklang mit den Grundrechten gewesen. Diese waren heute allerdings nicht Teil des Urteils. Damit gilt auch weiterhin, dass mehrere Maßnahmen der Staatsregierung vor Gerichten scheiterten - zum Beispiel die erste Ausgangssperre im Frühjahr 2020.

Dennoch: Söder sieht darin gleich die Grundlage für eine neue Bundesnotbremse: Wir müssen jetzt schnell handeln, twittert Söder.

Heute eine andere Situation als im April

Josef Franz Lindner, Professor für öffentliches Recht und Medizinrecht in Augsburg, sieht das differenzierter. Aus seiner Sicht waren die Voraussetzungen im April völlig andere als jetzt. Heute ist der Anteil der Geimpften zehnmal höher als vor sieben Monaten. Alle Maßnahmen müssten verhältnismäßig sein, sagt der Professor.

Daher sei das Urteil für die jetzige Situation wenig aussagekräftig. Er verweist auf die Begründung der Entscheidung: Zum genannten Zeitpunkt hätten keine hinreichend tragfähigen Erkenntnisse über Art und Ausmaß des eventuell auch von vollständig Geimpften oder Genesenen noch ausgehenden Infektionsrisikos vorgelegen. Laut Lindner ist beispielsweise das nun anders.

AfD sieht "Skandalurteil"

AfD-Landtagsfraktionschef Ulrich Singer überschreibt seine Pressmitteilung mit "Skandalurteil". Er bedauert, dass sich das Gericht wieder einmal auf die Seite der zunehmend autoritär und repressiv agierenden Bundesregierung gestellt hat. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Andreas Winhart, verweist darauf, dass die aktuelle Corona-Lage noch viel schlimmer ist als im vergangenen Winter. Dennoch hofft er, dass es mit der neuen Koalition nicht mehr zu so harten Maßnahmen kommt.

FDP-Chef: Politisch anders entscheiden

Der Vorsitzende der bayerischen Liberalen und FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen ist unzufrieden. Er sieht die Entscheidung in einer gewissen Kontinuität der Verfassungsgerichtsurteile der letzten Jahre. Das Verfassungsgericht habe den staatlichen Maßnahmen den Vorzug gegeben vor individuellen Grundrechten. Das sei eine Abwägung, die er politisch anders getroffen hätte, so Hagen. Aus seiner Sicht heißt das aber nicht, dass die neue Regierung genauso handelt.

Freie Wähler: Keine roten Linien

Einer der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht waren auch die Freien Wähler. Und deren Bundesvorsitzender ist bekanntlich Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister in Bayern und Söders Stellvertreter als Ministerpräsident. Aiwanger selbst hält sich zurück, stattdessen äußert sich der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag, Joachim Streit. Er spricht von einem Freifahrtschein für die Regierenden und einem Versagen des Bundesverfassungsgerichts. Streit kritisiert, dass das Verfassungsgericht überhaupt keine roten Linien gezogen hat. Es sei überhaupt nicht ersichtlich, wie weit die Bundesregierung in der Corona-Politik gehen könne.

Lehrerverband: Schulen nur regional schließen

Die im Frühjahr erfolgten Schulschließungen wurden vom Gericht für verfassungskonform erklärt. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, Simone Fleischmann, hofft, dass es nicht mehr zu solchen flächendeckenden Maßnahmen kommt. Sie setzt auf regionale Entscheidungen, abhängig von Inzidenzen und der Zahl der zur Verfügung stehenden Lehrer. Was an einer Schule gehe, könne im Nachbarort scheitern, beispielsweise die Teilung der Klassen.

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Holetschek: Maßnahmen waren erforderlich

Durch und durch zufrieden mit der Karlsruher Entscheidung ist Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Er teilt mit, den Schutz der Bevölkerung ganz nach vorne zu stellen, sei nicht nur verfassungsgemäß und verhältnismäßig gewesen, sondern verfassungsrechtlich auch erforderlich. Nun hofft er, dass von diesen Beschlüssen auch ein Signal auf die noch ausstehende Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht angeht. Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Ausgangsbeschränkung für Einzelpersonen für unzulässig erklärt. Zur Begründung hatte es geheißen, aus infektiologischer Sicht seien diese Personen nicht gefährdet gewesen.

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