Tim-Luca Rosenheimer von den Grünen und Landwirt Maximilian Büttner während des Streitgesprächs.
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Tim-Luca Rosenheimer (li.) von den Grünen und Landwirt Maximilian Büttner (re.) während des Streitgesprächs.

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Im Streitgespräch: Grüner trifft auf Landwirt

In Hirschaid bei Bamberg musste eine Versammlung der Grünen wegen massiver Proteste abgebrochen werden. Ein Novum im fränkischen Hinterland. Nun trafen sich ein Landwirt und ein Grüner zur Aussprache – und diskutierten lebhaft.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Bundesweit blockieren Landwirte seit Wochen Straßen, um gegen die Sparpläne der Ampelregierung zu demonstrieren. Vor allem im Regierungsbezirk Oberfranken kam es in den vergangenen Wochen zu massiven Protesten. In Helmbrechts bei Hof berichteten die Grünen von einer "Drohkulisse" durch Demonstranten mit Traktoren. In Hirschaid bei Bamberg versammelten sich vergangene Woche rund 300 Personen und störten die Jahreshauptversammlung der Grünen, die daraufhin abgebrochen wurde. Von "massiver Angst" sprachen Beteiligte danach – der Markt Hirschaid distanzierte sich von dem Protest.

"Wir lassen uns Wohlstand nicht wegziehen"

Verschärft sich die Lage zusehends oder gibt es die Möglichkeit, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten? Ein Team von BR-Reporterinnen und Reportern ist mit dieser Frage auf einen Landwirt und einen Vertreter der Grünen in Oberfranken zugegangen und lud beide zu einem konstruktiven Streitgespräch – beide sagten sofort zu.

Maximilian Büttner aus Stackendorf im Landkreis Bamberg ist eigentlich hauptberuflich Feuerwehrmann, hat nebenbei aber auch eine Reitanlage und ist in der Landwirtschaft tätig. Wenn der 26-Jährige an die Bauernproteste denkt, dann bezieht er den gesamten deutschen Mittelstand mit ein und meint: "Es kann doch keiner denken, dass wir uns den Wohlstand unterm Arsch wegziehen lassen!" Ihn störe vor allem die "Ignoranz der Politiker, die keine Entscheidungen trifft zugunsten der Bürger", so sein Vorwurf.

Grüner berichtet von Grenzüberschreitungen bei Protesten

Büttner traf vor wenigen Wochen bei einem der Proteste in Oberfranken auf Tim-Luca Rosenheimer von den Grünen – bei dem beide konstruktiv diskutierten. Rosenheimer ist Kreissprecher der Partei im Bamberger Land. Wenn der 25-Jährige an die Bauernproteste denkt, dann fallen ihm sofort "viele konstruktive Gespräche" ein, aber "aktuell auch grenzüberschreitende Aktionen gegen demokratische Versammlungen, wie beispielsweise letzte Woche Mittwoch in Hirschaid". Dort seien sie unter anderem aufs Übelste beschimpft und bedrängt worden.

Landwirt hat nichts gegen "härteren Protest" – aber im Rahmen

Bei der Versammlung in Hirschaid war Büttner nicht dabei, meint aber: "Was sollen wir denn dann noch machen? Uns sind die Hände gebunden, wir können mit friedlichem Protest nicht auf uns aufmerksam machen und Entscheidungen voranbringen. Dann muss das Ganze ein Stück weit härter zugehen." Allerdings müsse auch der Protest "in einem gewissen Rahmen bleiben, um eben Gewalt und die rote Linie nicht zu überschreiten". Der Landwirt kritisiert, dass die Regierung die Landwirte nach wie vor nicht entlasten würde.

Rosenheimer versteht die Sorgen, mahnt aber an, dass die Grünen erst seit zwei Jahren in Regierungsverantwortung seien, neben SPD und FDP. "Durch zwei Jahre Regierungszeit kann man Sachen verbessern, aber letztlich sorgen auch Entscheidungen, die lange vor unserer Regierungsbeteiligung getroffen wurden, zu bestimmten Zuständen, wie sie jetzt sind". Der Grünen-Politiker weist darauf hin, dass auch an konstruktiven Lösungen gearbeitet werde, beispielsweise beim Ausbau von erneuerbaren Energien, "wo relativ viel in kurzer Zeit vorangegangen ist, was davor eben nicht passiert ist".

Vorwurf: Cannabis-Legalisierung statt Entlastung

Maximilian Büttner antwortet darauf ironisch: "Die Legalisierung von Gras, die ist natürlich ganz wichtig, um jetzt Entlastungen im Mittelstand zu schaffen" und kritisiert, dass im Bundestag die Teil-Legalisierung von Cannabis beschlossen wurde, es aber keine Entlastung des Mittelstandes gebe. "Wir haben die höchste Steuerlast bei uns im Land, wir müssen die meisten Steuern zahlen und irgendwann steht es uns jetzt auch mal das Wasser bis zum Hals", kritisiert der Landwirt.

Tim-Luca Rosenheimer von den Grünen erwidert, dass es in Berlin mehrere Fachbereiche gebe und die Gesundheitspolitiker nun am Thema Cannabis-Legalisierung gearbeitet hätten. "Nur weil jetzt Cannabis-Legalisierung kommt, heißt es ja nicht, dass an anderen Sachen nicht gearbeitet wurde", so Rosenheimer.

Landwirt wünscht sich mehr Akzeptanz und Entlastung

Die beiden Mitte Zwanzigjährigen diskutieren lebhaft und kontrovers – aber auf Augenhöhe. Auf die Frage der BR-Reporter, was sie sich jeweils wünschen von der anderen Seite, meint Landwirt Maximilian Büttner: "Ich wünsche mir mehr Bürokratieabbau, finanzielle Entlastung und mehr Akzeptanz für die Landwirtschaft und dass es nicht mehr so dargestellt wird, als wären wir die Umweltverschmutzer, denn wir sind die Umweltschützer" und ergänzt: "Wir leben euer Parteiprogramm eigentlich und ihr müsstet eigentlich unsere besten Freunde sein, aber das seid ihr nicht und das muss sich ändern."

Grüner will konstruktiven Austausch statt Grenzüberschreitungen

Tim-Luca Rosenheimer von den Grünen wünscht sich im Gegenzug von den Landwirten und Demonstranten, dass "man weiterhin konstruktiv miteinander spricht und dass die Punkte, die jetzt genannt wurden, dass man sich mit denen an den Tisch setzt und dass dann da auch was rauskommt bei". Es gebe Punkte, bei denen sich Grünen und Landwirte einig seien und an diesen wolle er gemeinsam mit den Landwirten arbeiten – auch wenn sie sich "sicherlich nicht in allem einig sind".

Einer Meinung sind beide aber in einem Punkt: Nur durchs Miteinander reden kommen sie weiter – ohne dabei rote Linien zu überschreiten.

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