Erntereife Cannabispflanzen stehen in einem Aufzuchtszelt unter künstlicher Beleuchtung in einem Privatraum.
Bildrechte: Bildrechte: dpa-Bildfunk/Christian Charisius

Bundestag stimmt für Cannabis-Gesetz: Was jetzt geplant ist

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Bundestag stimmt für Cannabis-Gesetz: Was jetzt geplant ist

Nach einer langen Debatte im Bundestag haben die Abgeordneten für eine Teil-Legalisierung von Cannabis gestimmt. Damit ist die kontrollierte Freigabe von Cannabis erlaubt - unter bestimmten Regeln. Was jetzt geplant ist: Eine Übersicht.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Die einen sprachen von einer "vernunftgeleiteten Drogenpolitik". Andere von einem "unnötig und verworrenen" Gesetz: Die Meinungen zu dem neuen Cannabis-Gesetz gingen in der Bundestagsdebatte weit auseinander. Nun steht aber fest: Das Gesetz wandert in den Bundesrat, denn die Mehrheit der Abgeordneten hat für den Gesetzes-Entwurf gestimmt. Was die Ampel für das Gesetz plant und was noch unklar ist:

Wird Cannabis jetzt mit dem kommenden Gesetz legal?

Nein, der Anbau und Konsum von Cannabis wird künftig nur unter bestimmten Rahmenbedingungen erlaubt sein. Deswegen ist hier auch nur von einer Teil-Legalisierung die Rede. Damit soll ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der den Besitz, Konsum und Anbau regelt.

Was ist für den privaten Besitz von Cannabis geplant?

Aktuell ist vorgesehen, dass eine Person straffrei drei Cannabis-Pflanzen bei sich zu Hause halten darf. Die Erzeugnisse sind allerdings nur für den Eigenbedarf bestimmt und dürfen nicht weitergegeben werden. Denn: Dealen bleibt weiterhin ein krimineller Akt. Außerdem muss sichergestellt werden, dass keine Minderjährigen oder Kinder in der Nähe der Pflanzen sind.

Erwachsene dürfen zu Hause bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis für den Eigenbedarf besitzen. Im Vergleich zum Gesetzentwurf im Oktober hat sich damit die Besitzgrenze noch einmal verdoppelt. Ab 60 Gramm ist der private Besitz strafbar, zwischen 50 und 60 Gramm gelten als Ordnungswidrigkeit. Während rein rechtlich eine Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bestraft wird, kann bei einer Straftat eine Geld- oder Freiheitsstrafe drohen. Für Heranwachsende (18-21 Jahre) gelten für den privaten Besitz gesonderte Regel: Hier sind zu Hause nur 30 Gramm erlaubt.

Was sieht das Gesetz für den öffentlichen Raum vor?

Wer unterwegs ist, darf bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis dabei haben – so der Plan der Ampelregierung. Strafbar wird der Besitz erst ab einem Gewicht von 30 Gramm. Alles dazwischen fällt auch hier wieder in den Bereich der Ordnungswidrigkeit.

Mit dem Gesetz ist der Konsum von Cannabis im öffentlichen Raum begrenzt möglich: So ist in Fußgängerzonen der Konsum zwischen 7.00 und 20.00 Uhr verboten. Grundsätzlich darf auch nicht in der Nähe oder in Sichtweite von Kitas, Schulen oder ähnlichem geraucht werden. Hier müssen mindestens 100 Meter Abstand eingehalten werden.

Wie sieht die Regel der Cannabis-Clubs aus?

Ab 1. Juli 2024 sollen dann auch die Cannabis-Clubs starten. Durch die Anbauvereinigungen soll garantiert werden, dass kein verunreinigtes Cannabis in Umlauf kommt und auch die Höhe des THC-Gehalts geregelt wird, so plant es die Ampel. Der THC-Gehalt gibt an, wie stark das jeweilige Cannabis ist.

In den Clubs wird Cannabis dann gemeinschaftlich angebaut. Dafür gibt es bestimmte Mengenvorgaben: Erwachsene dürfen pro Ausgabe maximal 25 Gramm bekommen. Auf den ganzen Monat gesehen maximal 50 Gramm. 18- bis 21-Jährige erhalten maximal 30 Gramm mit einer Wirkstoffkonzentrationsbegrenzung von zehn Prozent THC pro Monat. Damit die vorgegebenen Mengen nicht überschritten werden, sind Mitgliedschaften in mehreren Clubs verboten. Dies wird von Behörden kontrolliert werden.

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion im Rahmen des BR24-Formats "Dein Argument" ergänzt. Hintergrund ist ein Kommentar des Users "Sandman", in dem die Frage aufkam, ob Vorstrafen aufgrund von Cannabisbesitz den Zugang zu geplanten Clubs verhindern.

Personen, die wegen einschlägiger Verbrechen rechtskräftig verurteilt sind, können nicht Teil des Vorstands eines Cannabis-Clubs werden. Eine solche Regelung für eine einfache Mitgliedschaft findet sich nicht im Gesetz. 

Allgemein ist aber geplant: Sollte das Gesetz in Kraft treten, kommt es auch zu einer Neubewertung der bisherigen Rechtsprechung. Das heißt: Befindet sich derzeit jemand in einem laufenden Verfahren, zum Beispiel weil er mit Cannabis erwischt wurde, liegt aber mit der Cannabismenge unter dem neuen gesetzlich vorgegebenen Rahmen, wird das laufende Verfahren eingestellt. Die Amnestie-Regelung sieht außerdem vor, dass wenn vergangene Straftaten nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar sind, diese unter bestimmten Bedingungen auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden können. All dies gilt aber nur, wenn das Gesetz mit den Inhalten des aktuellen Entwurfs in Kraft tritt. 💬

Was ist noch offen?

Noch nicht klar ist, wie mit der Regelung für Autofahrer umgegangen wird. Bisher galt ein strenges Cannabis-Verbot im Straßenverkehr. Das soll sich nun ändern: Cannabiskonsum soll ähnlich wie der von Alkohol behandelt werden, mit einem gesetzlichen Grenzwert. Wie hoch dieser ausfällt, steht allerdings noch nicht fest. Die Abstimmung hierfür liegt noch beim Verkehrsministerium. Der verbindliche THC-Wert für den Straßenverkehr soll bis zum 31. März bekannt gegeben werden.

Zudem wird die Fahrerlaubnisverordnung angepasst. Führte früher schon der alleinige Besitz von Cannabis zum Entzug des Führerscheins, soll das nun angepasst werden. Missbräuchlicher Konsum oder ein merkbarer Einfluss auf das Verkehrsverhalten wird weiterhin mit dem Entzug der Fahrerlaubnis geahndet.

Offen ist auch noch, wie mit regionalen Modellprojekten umgegangen wird. Dort soll in Unternehmen aus verschiedenen Regionen fünf Jahre lang der Vertrieb, die Produktion und der Anbau getestet werden. Ein Gesetzesentwurf dazu soll noch in diesem Jahr folgen.

Was ist die Kritik am geplanten Gesetz?

Noch vor der Abstimmung hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter gefordert, die Ampel-Pläne zur Cannabis-Legalisierung zu stoppen. Dealer könnten die erlaubten 25 Gramm bei sich tragen, so BDK-Vorsitzender Dirk Peglow zur Funke Mediengruppe. Es sei für die Polizei nicht möglich, zwischen legal und illegal angebautem Cannabis zu unterscheiden. Weiter sprach er von einem "Regelungsmonster".

Die Innenminister der Länder hatten in einem Brief vor den "gravierenden negativen Auswirkungen" der Legalisierung gewarnt. Durch diese könne die organisierte Kriminalität zunehmen und der illegale Handel mit Cannabis leichter werden, heißt es dort. Auch, dass alte Straftaten durch die neue Rechtslage anders bewertet werden müssen, sorgte bei ihnen für Kritik.

Wie steht es um den Kinder- und Jugendschutz?

Bayerns Innenminister Joachim Hermann und Familienministerin Ulrike Scharf (beide CSU) hatten noch vor der Debatte im Bundestag scharfe Kritik am Cannabis-Gesetz hinsichtlich des Kinder- und Jugendschutzes geäußert. In einem Statement bezeichnete Scharf das Gesetz als "unverantwortlich" und bezeichnete Cannabis als "eine gefährliche Droge." Statt einer Teil-Legalisierung müsse man verstärkt auf Prävention setzen.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Heike Baehrens, setzt auf Präventionsarbeit bei Kinder- und Jugendlichen. Gegenüber BR24 widerspricht sie aber scharf: "Es wäre unverantwortlich, alles so weiterlaufen zu lassen, wie es aktuell ist." Die gesundheitliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen sei deshalb so groß, weil viele Jugendliche verunreinigte Stoffe vom Schwarzmarkt bezögen. Ziel sei, dass Jugendliche erst gar nicht in den Besitz von Cannabis kommen.

Im Gesetz ist deswegen auch vorgesehen, das Strafmaß für Erwachsene zu verschärfen, wenn diese Cannabis an Minderjährige weitergeben oder verkaufen. Außerdem sind Präventions- und Interventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche geplant.

Wie soll es mit dem Cannabis-Gesetz weitergehen?

Nachdem der Bundestag das Gesetz verabschiedet hat, wandert es noch in den Bundesrat. Stimmt der zu, wird das Gesetz am 1. April in Kraft treten. Ab 1. Juli 2024 soll dann auch die Gründung von Cannabis-Clubs möglich sein. Damit der Konsum bundesweit nicht ansteigt und das Gesetz eine gegenteilige Wirkung erreicht, will die Regierung die Auswirkungen der Teil-Legalisierung in mehreren Stufen evaluieren.

Kann der Bundesrat das Gesetz noch stoppen?

Das neue Cannabis-Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Wenn es am 22. März 2024 dann im Bundesrat behandelt wird, kann dieser in einzelnen Punkten zwar Einwände erheben und damit die Umsetzung verzögern, aber nicht gänzlich stoppen.

Im Audio: Das geplante Cannabis-Gesetz wird am Freitag im Bundestag final debattiert

Eine Cannabis-Pflanze
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Georg Wendt
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Das geplante neue Cannabis-Gesetz wird heute im Bundestag final debattiert.

Cannabis-Pflanzen
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Der Bundestag hat grünes Licht für eine teilweise Legalisierung von Cannabis gegeben. Bis zu 50 Gramm Cannabis sind künftig erlaubt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!