Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in der Münchner Runde.
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Herrmann: Reichsbürger bei Brutalität "nicht zu unterschätzen"

Reichsbürger sind die personell stärkste extremistische Gruppe in Bayern, ihre Zahl hat sich seit 2016 auf mehr als 5.300 verdreifacht. In der Münchner Runde warnte nicht nur Innenminister Joachim Herrmann vor der Gefährlichkeit der Szene.

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

Bayern ist eine Hochburg für Reichsbürger, das bestätigte auch Innenminister Herrmann: "Das ist leider so, das hat leider zugenommen." Es sei deswegen wichtig, nicht die Augen zu verschließen und genau hinzuschauen. Es gebe ein "umfassendes Meldesystem", auch die Behörden seien sensibilisiert, erpresserische Schreiben aus der Szene sofort zu melden. Denn nicht nur die Zahl der Reichsbürger ist gestiegen, sondern sie werden auch häufiger gewalttätig: Waren es 2021 noch 122 Gewalttaten, die von Reichsbürgern ausgeübt wurden, waren es vergangenes Jahr bereits 197. Herrmann sagte auch vor dem Hintergrund, dass vergangenes Jahr Reichsbürger einen Staatsputsch geplant haben: "Das sind keine Kinderspielchen, die sind in ihrer Brutalität nicht zu unterschätzen." So stoße man bei Durchsuchungen immer wieder auf Waffenlager, es sei auch "überdurchschnittlich häufig" der Fall, dass Personen aus der Reichsbürger-Szene versuchten, sich auf legalem Weg Waffen zu beschaffen.

Graupner (AfD): "Relativ überschaubare Gruppe"

Laut Verfassungsschutz sind sie die personell stärkte extremistische Gruppe in Bayern. Erst vergangene Woche ging ein Mann, der laut Polizei der Reichsbürger-Szene zugeordnet wird, mit einer zehn Kilogramm schweren Eisenstange auf Polizeibeamte los, als diese ihn festnehmen wollten. Reichsbürger lehnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland – und somit auch ihre Gesetze – ab. Der Sprecher für Inneres der AfD-Landtagsfraktion Richard Graupner (AfD) sagte, die Reichsbürger-Ideologie sei dann "besonders gefährlich, wenn sie mit Gewaltbereitschaft zusammentrifft". Er habe aber in der Vergangenheit immer den Eindruck gehabt, dass es sich um eine "relativ überschaubare Gruppe" handelte. Es gebe jedoch Bürger, die aus Verunsicherung – zum Beispiel über die Corona-Politik – und das Internet bei den Reichsbürgern "angebissen" hätten.

Schulze (Bündnis 90/GRÜNE) fordert "klares Stopp-Schild" für Demokratie-Feinde

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag Katharina Schulze mahnte hingegen, dass man die Querverbindungen der Reichsbürger mit anderen Gruppierungen ansehen müsste, auch mit der AfD. Sie sehe die Gefahr, dass sich die Demokratiefeinde mehr miteinander vernetzen, zum Beispiel über das Internet. Hier fänden Personen schnell Gleichgesinnte und könnten sich radikalisieren, warnte Schulze. Wichtig sei herauszufinden, mit welchen anderen Gruppierungen Reichsbürger vernetzt sind. Es gehe darum, "den Demokratiefeinden als Rechtsstaat ein klares Stopp-Schild zu zeigen."

Extremismus-Expertin: "AfD-Affinität" im Reichsbürger-Milieu

Eine Nähe von Reichsbürgern zu seiner Partei stritt Graupner ab. Mit deren Ideologie habe seine Partei "also so wirklich überhaupt nichts am Hut." Die Extremismus-Expertin Julia Ebner berichtete hingegen von einer "AfD-Affinität" in der Reichsbürger-Szene. Sie beobachte bei ihren Recherchen in deren Online-Netzwerken, dass dort der AfD als einziger Partei zugetraut werde, einen "radikalen Wandel" herbeizuführen.

Die ganze Sendung zum Nachschauen

v.l.n.r.: Kriminologe Christian Pfeiffer, Extremismus-Expertin Julia Ebner, AfD-Politiker Richard Graupner, Moderator Christian Nitsche, Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Grünen-Politikerin Katharina Schulze
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Münchner Runde vom 28.06.2023

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