"Hardcore" ist der teuerste Zuchtstier aus Niederbayern aller Zeiten. Bei einer Auktion im März wurden 144.000 Euro für ihn bezahlt.
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"Hardcore" ist bisher der teuerste Zuchtstier aus Niederbayern. Bei einer Auktion im März wurden 144.000 Euro für ihn bezahlt.

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Hardcore, der Superbulle aus dem Bayerischen Wald

Er ist der bisher teuerste Zuchtstier aus Niederbayern. Bei einer Auktion im März wurden 144.000 Euro für "Hardcore" bezahlt. Nun warten Landwirte aus ganz Bayern auf die ersten Sperma-Portionen des Superbullen, um damit ihre Kühe zu besamen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Als "Hardcore" aus dem Stall geführt wird, ist er erstmal neugierig. Der rund ein Jahr alte Zuchtstier ist verspielt. Der Weg in den sogenannten Sprungraum bei der Besamungsstation der Firma Bayern-Genetik in Grub bei München ist mit Gummimatten ausgelegt. Die wertvollen Tiere sollen sich nicht verletzen.

Bullen stimulieren Artgenossen

Im Sprungraum sind zwei Bullen angebunden. Ihre Anwesenheit soll "Hardcore" stimulieren. In einer Ecke steht ein sogenanntes Phantom, eine Attrappe, die die Hinterhand einer Kuh darstellt. Die aber verschmäht der teure Neuzugang: "Hardcore will lieber auf einen Unterstellbullen springen", weiß Thomas Pfaller von der Besamungsstation. In seiner Hand hält er eine künstliche Vagina, mit der er gleich das Sperma des jungen Bullen auffangen wird. Noch eine Runde zwischen den Bullen, dann soll es soweit sein.

Schon als Kalb ein besonders schönes Tier

Bereits kurz nach seiner Geburt wusste Fleckviehzüchter Josef Draxinger aus Waldkirchen im Bayerischen Wald, dass "Hardcore" ein besonderes Kalb sein würde. Zum einen ist seine Mutter "Wiranga" eine Berühmtheit unter Landwirten. Bereits vier ihrer Kälber wurden von Besamungsstationen ausgewählt. Zum anderen hatte Josef Draxinger mit "Housten" offenbar den richtigen Vater aus dem Zuchtbullenkatalog gewählt.

"Man hat von Anfang an gesehen, dass Hardcore, wie er nach der Auktion heißen sollte, auffallend schön ist. Er hatte eine gute Bemuskelung, gute Beine und war sehr kompakt." Eine Genanalyse bestätigte die Einschätzung des Züchters. Das Kalb weist beeindruckende Werte auf.

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"Wiranga" ist die Mutter von Superbulle "Hardcore". Sie steht bei Fleckviehzüchter Josef Draxinger aus Waldkirchen im Stall.

Rekordpreis bei Versteigerung

Als Josef Draxinger Ende März zur Zuchtviehversteigerung nach Osterhofen im Landkreis Deggendorf fährt, ahnt er, dass sein zu diesem Zeitpunkt elf Monate alter Zuchtbulle einen guten Preis erzielen kann. Was dann aber passiert, "das war wie in einem Traum", erinnert er sich. Die Bieter verschiedener Besamungsstationen liefern sich eine wahre Schlacht: "Ich habe mir die Nervosität nicht anmerken lassen", lächelt Draxinger. "Als es dann aber über 100.000 Euro ging, habe ich den Bullen einfach immer weiter durch den Ring geführt. Und als ich rausgegangen bin, wusste ich nicht mal mehr den genauen Preis und wer den Bullen eigentlich gekauft hat."

144.000 Euro bezahlt schließlich die Bayern-Genetik für "Hardcore". Ein Rekord in Osterhofen: Nie zuvor wurde dort mehr Geld für ein Tier geboten.

Keine Hörner, hoher Preis

Insgesamt belegt "Hardcore" mit seinem Auktionspreis von 144.000 Euro bayernweit den siebten Platz in der Liste der teuersten Zuchtstiere. Vor allem die Tatsache, dass alle seine Nachkommen keine Hörner ausbilden, macht ihn so wertvoll, erklärt Thomas Pfaller von Bayern-Genetik: "Wenn sich bei einer Auktion zwei was unbedingt einbilden, dann kommt auch mal dieser Rekordpreis zustande. Aber wichtig ist für uns, dass die Landwirte sein Sperma wollen. Und dass er Hornlosigkeit vererbt, das ist ganz wichtig." Darüber hinaus weist der niederbayerische Stier viele weitere genetische Merkmale auf, die ihn zu einem ganz besonderen Tier machen.

Spermaabgabe in Sekunden

Im Sprungraum der Bayern-Genetik ist nun alles bereit. "Hardcore" wird zu einem Unterstellbullen geführt, Thomas Pfaller steht mit der künstlichen Vagina neben ihm. "Jetzt geht es schnell", sagt er. Der Bulle springt auf, ein geübter Griff von Thomas Pfaller und gleich darauf ist der Deckakt vorbei. Das Ejakulat wird über eine Schleuse direkt ins Labor gegeben. Dort entscheidet sich, ob Hardcore die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllt. Eine Prozedur, die die Zuchtbullen der Bayern-Genetik zweimal pro Woche erleben.

Besamungsstation hält rund 100 Zuchtbullen

Im Stall der Bayern-Genetik stehen aktuell rund 100 Zuchtbullen. Das Unternehmen hält so für die Landwirte eine breite Auswahl an Sperma für die künstliche Befruchtung von Kühen aufrecht. Ein System, das sich ab Mitte der 1950er-Jahre in Bayern etabliert hat. Sogenannte Deckseuchen, die bis dahin den Rinderbestand ganzer Landstriche gefährdet hatten, wurde so der Garaus gemacht. Außerdem ermöglicht die künstliche Befruchtung eine gezielte Zucht bestimmter Merkmale. Unter anderem spielt die Konstitution einer Kuh im Stall bei Milchviehhaltern eine entscheidende Rolle. Gesunde Kühe geben gut Milch und reduzieren unter anderem Tierarztkosten.

Erste Spermaportionen von "Hardcore"

Die Untersuchung im Labor verläuft positiv. "Hardcore" hat ausreichend Sperma in guter Qualität abgegeben. Jetzt wird sein Ejakulat verdünnt und in kleine Röhrchen portioniert. Mindestens je 15 Millionen Spermien pro Portion. So entstehen wenige Minuten nach dem Sprung fast 300 Spermaröhrchen von Hardcore – 300 mögliche Kälber. Die Portionen werden sorgsam heruntergekühlt, ehe sie in Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius gefroren bleiben. So ist der Samen von "Hardcore" quasi unbegrenzt lange haltbar.

Tausende Nachkommen

Im Stall befindet sich die Box von "Hardcore" direkt gegenüber der von "Mahango". Dieses mächtige Tier ist sozusagen der Großvater von "Hardcore" und könnte ihm als Vorbild dienen. Denn "Mahango" gilt als eines der Aushängeschilder der Bayern-Genetik. Er kommt bisher auf mehr als 25.000 Nachfahren. Wie viele es bei "Hardcore" werden, hängt von der Nachfrage der Landwirte ab.

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