Katholische und evangelische Gesangsbücher in zwei Regalen aufgereiht.
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Katholische und evangelische Gesangsbücher in zwei Regalen aufgereiht. In Sulzbach-Rosenberg wird am Wochenende über Simultankirchen diskutiert.

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Geschichte und Zukunft: Simultankirchen in der Oberpfalz

In Sulzbach-Rosenberg geht es am Wochenende bei einem Symposium um Simultankirchen. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten unter einem Dach hat in der Oberpfalz Tradition – und steht womöglich vor einem Comeback. Besucher sind willkommen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

In Sulzbach-Rosenberg diskutieren Kirchenvertreter, Historiker und interessierte Besucher ab heute (13 Uhr) bei einem Symposium über Simultankirchen. Bis Sonntag dreht sich alles um das gemeinsame Zusammenleben von Protestanten und Katholiken unter einem Kirchendach.

Lange Tradition der Simultankirchen in der Oberpfalz

Das hat eine lange Tradition in der Oberpfalz. In Vorträgen wird ein Blick in die Geschichte geworfen, zudem sollen Erfahrungen ausgetauscht werden, mit Vertretern aus Gegenden Deutschlands, in denen es ebenfalls Simultankirchen gibt. Außerdem richten die Teilnehmer den Blick nach vorne und diskutieren wissenschaftlich begleitet über Simultaneen als Modell für die Zukunft.

Eine Fahrt zu Simultankirchen im Landkreis Amberg-Sulzbach sowie ein ökumenischer Gottesdienst am Sonntag (14 Uhr) runden das Symposium ab. Zum Abschlussgottesdienst kommen auch der evangelische Regionalbischof Klaus Stiegler und sein katholischer Amtskollege Bischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg.

Doppelnutzung geht auf herzogliche Anordnung zurück

In der mittleren und nördlichen Oberpfalz werden bis heute neun Simultankirchen von beiden christlichen Konfessionen genutzt. Zig weitere Kirchen wurden in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam genutzt. Das Zusammenleben unter einem Kirchendach geht zurück auf Herzog Christian August, den ersten Pfalzgrafen und Herzog von Pfalz-Sulzbach.

Er hat im Jahr 1652 angeordnet, dass in seinem Fürstentum Menschen aller Weltanschauungen wohnen, leben und Bücher drucken dürfen. Das war einmalig in der Form in Europa, sagt Stadtheimatpfleger Dr. Markus Lommer aus Sulzbach-Rosenberg.

Denn damals galt "Cuius regio, eius religio". Das bedeutet, jeder Herrscher bestimmte, welche Religion seine Untertanen haben sollten. Der Krieg der Konfessionen, der im Dreißigjährigen Krieg gipfelte, hatte Christian August und seine Vorstellungen von Toleranz und Religionsausübung geprägt.

Simultankirchen-Radweg für Interessierte

Seit zehn Jahren kümmert sich der Förderverein Simultankirchen e.V. um die ehemaligen und noch aktiven Simultaneen in der Oberpfalz. Entstanden ist unter anderem ein Simultankirchen-Radweg mit zehn verschiedenen Routen, der alle Simultaneen verbindet.

Zusammenleben mit Konflikten

In Deutschland gibt es insgesamt 64 Simultankirchen, eine der größten und bekanntesten ist der Dom in Bautzen. Das Zusammenleben in den Oberpfälzer Simultankirchen war auch von Konflikten geprägt. So hingen am Taufstein in der Sulzbacher Pfarrkirche einst ein evangelisches und ein katholisches Schloss, weil das Weihwasser Zankapfel war.

Wer darf im Pfarrhaus wohnen?

Über 100 Jahre lang gab es dort keine Taufe mehr. Der evangelische Altar hingegen konnte per Kurbelmechanik versenkt werden, sodass der Blick für die Katholiken auf den Hochaltar frei war. Um das Wohnrecht in Pfarrhäusern wurde zum Teil gelost.

Viele der Simultaneen bestanden bis in die 1960er Jahre hinein. Neun Kirchen werden nach wie vor von beiden Konfessionen genutzt, zum Beispiel die Simultankirchen in Eschenfelden, Wildenreuth, Altenstadt bei Vohenstrauß, Illschwang oder auch Sulzbach-Rosenberg.

Comeback der Simultankirchen?

Angesichts steigender Austrittszahlen und sinkender Kirchensteuereinnahmen in beiden Konfessionen könnte eine gemeinsame Nutzung von Kirchengebäuden bald auch an anderen Orten zur Sprache kommen.

Noch stehe keine katholische Kirche in der Oberpfalz leer, das Bistum Regensburg bemühe sich auch weiterhin alle Kirchengebäude instand zu halten und zu beleben, so ein Sprecher des Bistums auf BR-Anfrage.

Abschied nehmen "die Realität des 21. Jahrhunderts"

Der evangelische Regionalbischof Klaus Stiegler aus Regensburg spricht von großer Bautätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten. Jetzt allerdings müsse genau überlegt werden, welche Immobilien in der Zukunft gebraucht würden und wo eine gemeinsame Nutzung mit der katholischen Kirche oder auch den Kommunen möglich sei. Manches Abschiednehmen sei damit verbunden, so Stiegler, das sei "die Realität des 21. Jahrhunderts".

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Zusammenleben mit Konflikten: In der Sulzbacher Kirche gab es einst ein evangelisches und ein katholisches Schloss. Das Weihwasser war Zankapfel.

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