Eine Auszubildende zum Schweißer arbeiten an einem Stück Metall.
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Frauen im Handwerk: Die Handwerkskammern wollen mit Klischees aufräumen.

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Frauen im Handwerk: Aufräumen mit Klischees

Der 8. März ist der internationale Weltfrauentag. Gerade im Handwerk sind Frauen aber noch immer eher schlecht vertreten. Dabei werben Handwerkskammern offensiv für mehr Frauen in Handwerksberufen – und wollen mit Klischees aufräumen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Nur 18 Prozent der Auszubildenden - 11.471 Personen - in Handwerksberufen in Bayern sind Frauen. Bayernweit ist etwa ein Drittel der Erwerbspersonen im Handwerk weiblich. Diese Zahlen nennt die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern gegenüber BR24 anlässlich des Weltfrauentags am heutigen 8. März.

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"Handwerk ist schon lange nicht mehr nur schwer und schmutzig"

Dabei werben die Handwerkskammern in Bayern offensiv darum, dass mehr Frauen Handwerksberufe ergreifen. Nicht zuletzt, um dem Fachkräftemangel begegnen zu können. Doch es halte sich standhaft das Klischee, man brauche viel Kraft, sagt Andrea Sitzmann, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer in Unterfranken. Noch sei wenig bekannt, dass es in vielen Handwerksberufen durch die Technisierung und Digitalisierung weniger Körpereinsatz braucht als bisher. "Handwerk ist schon lange nicht mehr nur schwer und schmutzig", heißt es etwa von der Handwerkskammer Mittelfranken.

Auch körperlich harte Arbeit wurde durch Technik etwas leichter

Das bestätigt auch die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern: "Berufe mit starken physischen Komponenten, etwa im Bauhandwerk, haben sich aufgrund der technischen Entwicklung mit maschineller Unterstützung und veränderten Arbeitsprozessen in den letzten Jahren deutlich verändert." Doch nicht nur wegen des Fachkräftemangels seien mehr Frauen im Handwerk ein Gewinn: Frauen haben sehr oft das richtige Gespür für logische Zusammenhänge und Präzision, betont eine Sprecherin der Handwerkskammer Mittelfranken.

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Eine Frau im Handwerk bei der Arbeit.
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Auch heute ist das Handwerk in Bayern noch stark von Männern geprägt. Nur ein Drittel der Handwerker sind Frauen.

Maler, Lackierer, Kfz-Mechatroniker: klassische Männerberufe?

Trotzdem konzentriert sich der größte Frauenanteil auf einige wenige Berufe. Die Favoriten bei den Ausbildungsberufen im Handwerk sind bei Frauen seit Jahren unverändert: Die Ausbildung zur Friseurin liegt bayernweit ganz vorne mit einem durchschnittlichen Frauenanteil von 75 Prozent. Unter den Top 10 der Handwerksausbildungsberufe sind außerdem die Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk sowie die Kauffrau für Büromanagement.

Doch mittlerweile tut sich auch etwas in den vermeintlichen Männerberufen: Im Maler- und Lackiererhandwerk in Bayern sei der Frauenanteil bei den Azubis in den vergangenen zehn Jahren von 12,7 Prozent auf 16,8 Prozent gestiegen. Auch in Berufen wie etwa Bäcker bzw. Bäckerin oder Hörakustiker bzw. Hörakustikerin nehme der Frauenanteil kontinuierlich zu, so die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern.

Überraschend: In Oberfranken etwa haben zum Ausbildungsbeginn im vergangenen September 34 Frauen eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin begonnen – die damit auf Platz zwei hochrutschte. Eine Ausbildung, die auch in anderen Bezirken in Bayern beliebt ist. In Niederbayern-Oberpfalz etwa ist die Kfz-Mechatronikerin schon seit zehn Jahren unter den Top 10 der Ausbildungsberufe bei Frauen.

Frauenanteil bei Meisterprüfungen in Bayern bei 17 Prozent

Die geringe Zahl der weiblichen Azubis im Handwerk setzt sich fort und macht sich beim Anteil der von Frauen geführten Betriebe und Unternehmen bemerkbar. Laut Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern haben 2022 im bayerischen Handwerk 4.541 Menschen die Meisterprüfung abgelegt – 773 davon waren Frauen, also nur 17 Prozent. Bei der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz haben im vergangenen Kalenderjahr 1.077 Personen ihre Meisterprüfung gemacht – nur 175 davon waren Frauen.

Die Quote sei so zu erklären: "Knapp drei Viertel aller Meisterprüfungsverfahren wurden alleine in den beiden Handwerksgruppen Bau-/Ausbauhandwerke sowie Elektro-/Metallhandwerke abgeschlossen, die Berufe enthalten, die bis dato immer noch weit mehr von Männern ausgeübt werden als von Frauen. Dass weniger Frauen ihre Meisterprüfung ablegen als Männer, liegt schlicht daran, dass weniger Frauen als Männer im Handwerk arbeiten." Mit Blick auf die abgeschlossenen Lehrverträge, betont die Handwerkskammer Oberfranken, übertrage sich das Verhältnis unter den Lehrlingen auf die Meisterinnen und Meister – die Wahrscheinlichkeit, dass eine Auszubildende die Meisterschule besucht, sei also genauso hoch wie die für einen männlichen Lehrling.

Wunsch: Berufswahl frei von Klischees und Vorurteilen

Um mehr Frauen für die 130 Handwerksberufe zu begeistern, haben die Handwerkskammern in Bayern zahlreiche Marketing-Strategien entwickelt. Allem voran steht das Aufräumen mit Klischees. Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz sagt: "Jede und jeder sollte die Möglichkeit haben, sich für den Beruf zu entscheiden, der den jeweiligen Eignungen und Fähigkeiten entspricht. Deswegen möchten wir Mädchen und junge Frauen ermutigen, eine eigene Entscheidung über ihre Berufswahl zu treffen – ganz frei von Rollenklischees oder Vorurteilen." So schildern etwa "Role Models" als Ausbildungsbotschafterinnen Jugendlichen ihre Erfahrungen.

Ähnlich geht es die Handwerkskammer Unterfranken an: Beim Girls' Day sind die Mädchen eingeladen, Frauen, die bereits in Handwerksberufen arbeiten, mit Fragen zu löchern. Fragen wie "Muss ich mich als Frau besonders behaupten?" oder "Wie ist es, die einzige Frau auf der Baustelle zu sein?" würden dann ganz offen von den Mädchen gestellt.

Hartnäckiges Klischee: Frauen seien technisch weniger begabt

"Behaupten muss man sich im Handwerk nicht", sagt Andrea Sitzmann, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer in Unterfranken. "Das ist ja das Schöne an so einem Beruf: Man macht einfach – und die anderen sehen gleich, dass man es kann, egal ob Frau oder Mann." Was sich jedoch hartnäckig hält: Mädchen und junge Frauen hätten noch immer die Einstellung, sie seien für technische Handwerksberufe weniger geeignet oder begabt, trauen sich weniger zu. Eine Auffassung, die langfristig und strukturell angegangen werden müsse.

Handwerk: Lohnt sich das?

"Lohnt sich das?" sei auch eine häufige Frage junger Interessentinnen. Finanziell werde im Handwerk kein Unterschied gemacht zwischen Männern und Frauen. "Handwerksbetriebe, in denen ein Tarifvertrag gilt, bezahlen gleich, denn ein Tarifvertrag unterscheidet nicht nach Geschlecht", sagt etwa die Handwerkskammer Mittelfranken übereinstimmend mit den anderen Handwerkskammern in Bayern.

Und perspektivisch sei die Lage auch sehr gut: "Es geht nicht nur um Fachkräfte: Das bayerische Handwerk braucht in den nächsten Jahren Nachfolgerinnen und Nachfolger für rund 22.000 Handwerksunternehmen." Laut Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern biete das Handwerk gerade im Führungsbereich beziehungsweise in der Selbstständigkeit Frauen wie Männern sehr gute Chancen.

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