Kurz vor der Firmung in Grafenau. Gemeindereferentin Nadine Blöchinger steht in der Pfarrkirche und zählt die Firmlinge, die vor ihr in den Kirchenbänken sitzen. "21, 22, 23, 24", sie schaut auf ihre Liste und sagt dann: "Alle da". Zwei weitere Teenager haben sich für das kommende Jahr angemeldet. Das macht insgesamt 26 Firmlinge, wobei 52 zur Firmung eingeladen worden waren. So wenige Anmeldungen gab es in den Pfarrverbänden Grafenau und Spiegelau noch nie. "Aber es ist nicht überraschend, wir haben schon damit gerechnet", sagt Blöchinger. Der Grund: Passaus Bischof Stefan Oster hatte 2018 das Firm-Alter von zwölf auf 16 angehoben. Nach mehrjähriger Pause werden jetzt erstmals nur 16-Jährige gefirmt.
Diskussion in der Schule, mit Familie und Freunden
"Wir haben lange diskutiert, in der Schule, aber auch im Freundeskreis", erzählen die Teenager. Denn wenn sich nur die Hälfte der Leute firmen lässt, sei es keine Selbstverständlichkeit, einfach mitzumachen. "Mitschüler, von denen man gedacht hat, dass sie was mit Kirche anfangen können, lassen sich zum Beispiel nicht firmen. Und dann überlegt man automatisch: Was mache ich jetzt?", erzählen die Jugendlichen Quirin Weber und Josef Fuchs. Den beiden war es aber wichtig, das Sakrament der Firmung zu empfangen. "Für uns stand es gleich fest, weil wir glauben", sagen sie. Antonia Wittenzellner hat länger überlegt, ob sie sich firmen lassen soll. "Ich habe schon auch gezweifelt. Aber letztlich finde ich: Glaube gibt in schweren Zeiten Kraft. Und deshalb will ich mich firmen lassen."
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Bezug zur Kirche verloren
Anders sehen es Ronja Gaisbauer und Eva Eiglmeier. Die Gymnasiastinnen aus Grafenau wollen sich nicht firmen lassen. "Für mich spricht nichts dafür", sagt Ronja. Und Eva ergänzt: "Zwei Jahre lang habe ich keine Kirche von innen gesehen, ich habe den Bezug zum Glauben verloren. Also macht die Firmung für mich wenig Sinn."
Veränderung für das Bistum Passau
Das Beispiel Grafenau steht exemplarisch für das gesamte Bistum Passau. Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber Hochrechnungen ergeben: Nur etwa 60 Prozent der Jugendlichen, die die Erstkommunion erhalten hatten, lassen sich jetzt auch firmen. Als das Firm-Alter noch bei zwölf Jahren lag, gab es eine Quote von fast 100 Prozent. Bischof Stefan Oster hält seine Entscheidung trotzdem für richtig. "Der Automatismus, dass Zwölfjährige kommen, weil man es schon seit 1.000 Jahren so gemacht hat, besteht nicht mehr. Jetzt hat man das Gefühl, es ist die Entscheidung der Jugendlichen selbst, die Herzen sind offener, die Gemeinschaft beim Gottesdienst-Feiern ist offener und ich glaube, dass es insgesamt ehrlicher ist." Angst machten ihm die rückläufigen Zahlen nicht. Er findet: "Es geht nicht so sehr um Zahlen, es geht um die Qualität der Gottesbeziehung."
Herausforderung: Beziehung zum Glauben halten
Dass man mit Teenagern ganz anders über Glaube reden kann, finden auch die Gemeindereferentinnen. Sie haben sich um die Firm-Vorbereitung gekümmert und begrüßen die Firmung mit 16. Gleichzeitig sehen sie sich vor einer großen Herausforderung: In den sechs Jahren zwischen Kommunion und Firmung den Kontakt zu den Kindern zu halten. Oster hofft, dass genau das in den Gemeinden geschieht. "Die durchschnittliche Erfahrung war: Nach dem zwölften Lebensjahr waren alle weg von der Kirche. Und jetzt hat man die Gelegenheit zu sagen: Wir versuchen, euch bei der Stange zu halten."
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