Gebäude des Schwäbischen Bezirkstags in Augsburg
Bildrechte: Bezirk Schwaben/Andreas Lode

Die schwäbische AfD-Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck hat für einen Eklat gesorgt.

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"Sie hassen Deutschland" – Eklat um schwäbische AfD-Bezirksrätin

AfD-Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck hat Mitglieder des Schwäbischen Bezirkstages verbal angegriffen. Daraufhin wurde die Sitzung abgebrochen. Es ging um die Prävention von Antisemitismus bei Jugendlichen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

"Sie verachten unser Land. Sie alle hassen Deutschland!" Mit diesen Worten hat die AfD-Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck Mitglieder des Kultur- und Europaausschusses am Dienstagabend angegriffen. Diesen Vorwurf des Bezirks hat Mailbeck auf BR-Anfrage bestätigt. Als es um das Förderbudget zur Antisemitismusprävention gegangen sei, sei es zum Streit zwischen ihr und Vertretern der weiteren Parteien gekommen.

AfD-Bezirksrätin fragt nach Begriffsklärung "Extremismus"

Vor dem Hintergrund des Anstiegs antisemitisch motivierter Straftaten in Deutschland hatten die Fraktionen von CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen ein Budget in Höhe von 50.000 Euro zur Prävention von Antisemitismus bei Jugendlichen in Bayerisch-Schwaben gefordert. Die Prävention sollte um die Bereiche Diskriminierung und Extremismus erweitert werden.

Daraufhin hat sich die AfD-Bezirksrätin erkundigt, was mit "Extremismus" gemeint ist.

Bezirkstagspräsident Sailer bezieht sich auf extremistische JA

Bezirkstagspräsident Martin Sailer (CSU) hat laut Bezirkstag entgegnet: "In einer Zeit, in der die Jugendorganisation einer Partei, die auch hier im Gremium sitzt, als gesichert extremistisch eingestuft wird, benötigen wir Prävention an Schulen ganz dringend."

Wie es in der Mitteilung des Bezirkstags heißt, spielte Sailer damit auf die Junge Alternative (JA) an, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft werden darf. Demnach halte die JA an einem "völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff" fest. Eine zentrale politische Vorstellung der JA sei der "Erhalt des deutschen Volkes in seinem ethnischen Bestand". Dies stelle einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar, so die Begründung der Verfassungsschützer.

Bezirksrätin: "Sie alle hier hassen Deutschland"

Bezirksrätin Mailbeck entgegnete laut der Mitteilung des Bezirks Schwaben auf Sailers Aussage, dass diese jungen Menschen nur friedlich für ihr Land und ihre Heimatliebe einstehen würden und die wahren Patrioten seien. An die Ausschussmitglieder gewandt habe sie gesagt: "Sie verachten unser Land. Sie alle hier hassen Deutschland!"

Bezirkstagspräsident Martin Sailer habe Bezirksrätin Mailbeck wiederholt aufgefordert, sich zu entschuldigen und die Aussage zurückzuziehen. Das habe Mailbeck mit den Worten "selbstverständlich nicht" explizit abgelehnt. Daraufhin brach der Bezirkstagspräsident die Sitzung ab und vertagte die Fortsetzung auf einen späteren Zeitpunkt.

Mailbeck fühlt sich zurückgesetzt

AfD-Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck (35) hat sich am Tag nach der Sitzung dem BR gegenüber dazu geäußert. Sie habe sich geärgert, so Mailbeck, dass es nur um Rechtsextremismus gegangen sei bei der strittigen Diskussion um die Förderung eines Präventionsprojekts. Sie habe dann gesagt, "wir verteidigen unser Land, das von Ihnen allen hier so verachtet wird, weil Sie alle Deutschland hassen". Sie kam dabei auch auf die als rechtsextrem eingestufte "Junge Alternative" zu sprechen, die Jugendorganisation der AfD. Diese zeige "reine Heimatliebe". Das sei kein Verbrechen, so Mailbeck auf BR-Anfrage.

Sie hätte die Diskussion gerne weitergeführt und merkt an, dass sie sich über Sailers Antwort "Wir hassen Deutschland nicht. Die AfD hasst Deutschland", geärgert habe. Auch fühle sie sich als AfD-Politikerin im Bezirkstag ständig provoziert und zurückgesetzt. Das fange damit an, dass der "Bezirkstagspräsident uns von der AfD nie ansieht, wenn wir das Wort ergreifen, wie er es bei den anderen Kollegen tut", so Mailbeck. Die AfD sei demokratisch gewählt und stelle mit über 16 Prozent der Stimmen die drittgrößte Fraktion im Bezirk Schwaben dar. Das müsse respektiert werden, fordert die Bezirksrätin.

Wie geht es weiter nach dem Eklat?

Bislang ist unklar, wann der Kulturausschuss des Bezirkstags wieder zusammentritt. Sailer sagte dem BR heute, man werde der AfD und Bezirksrätin Mailbeck Gelegenheit geben, sich zu entschuldigen: "Sie muss das klarstellen. Dann werden wir diese Sitzung wieder aufnehmen." Der Bezirk werde zudem alle Äußerungen an das Landesamt für Verfassungsschutz weiterleiten. Bezirksräte aus den Reihen der Grünen und der SPD sagten dem BR heute, dass sie auch eine Anzeige wegen Beleidigung in Betracht ziehen würden, sollte sich die AfD-Rätin nicht entschuldigen. Die neue AfD-Fraktion im Bezirkstag müsse, so Sailer, "endlich lernen und verstehen, dass es hier nicht um die große politische Bühne geht und es hier nicht darum geht, Parteipolitik zu machen. Sondern wir sind zur sachlichen Zusammenarbeit verpflichtet." Sailer sagte dem BR, er sei froh, dass er aus dem Bezirkstag Rückendeckung bekommen habe von allen anderen Parteien.

Hintergründe zu Gabrielle Mailbeck

Die Augsburgerin Gabrielle Mailbeck stammt aus Brasilien. Bevor sie in der AfD war, war sie Mitglied in der V-Partei - Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer. Sie ist sehr aktiv auf Instagram, wo sie sich auch immer wieder mit dem rechtsnationalen AfD-Politiker Björn Höcke zeigt, der vom Verfassungsschutz überwacht wird. Mailbeck ist Sprach- und Theaterwissenschaftlerin und nutzt sehr intensiv ihre Reichweite auf Socialmedia. Mehrere Bezirksräte sagen, dass Mailbeck Parolen aus ihren Internetauftritten auch im Bezirkstag "immer wieder zur Aufführung bringt", einem Gremium, in dem Sacharbeit im Vordergrund stehe. Das mache die Arbeit im Bezirkstag zunehmend schwierig, sagte beispielsweise Barbara Holzmann von den Grünen.

Im November war Gabrielle Mailbeck zu Gast in der russischen Botschaft in Berlin. Dort postete sie ein Foto, das sie lachend neben dem AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Rothfuß zeigt. Rotfuß hatte in einem Interview mit einem russischen Fernsehsender Verständnis für Putin Angriffskrieg geäußert.

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