Archivbild: Hubert Aiwanger und Markus Söder
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CSU und Freie Wähler besiegeln erneute Koalition

Zwei Wochen nach dem Start ihrer Gespräche wollen CSU und Freie Wähler ihren Koalitionsvertrag unterschreiben - und das Schweigen über Inhalte beenden. Auch erste Ministernamen könnten publik werden. BR24 überträgt die Unterzeichnung um 14 Uhr live.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Auf drei Tage öffentliches Gepolter folgten zwei Wochen diszipliniertes Schweigen: CSU und Freie Wähler hatten sich unmittelbar nach der bayerischen Landtagswahl zunächst ein scharfes öffentliches Fernduell geliefert, verständigten sich mit dem Start ihrer Gespräche aber auf strikte Geheimhaltung. Nach einer dem Vernehmen nach sehr deutlichen Aussprache verliefen die Koalitionsverhandlungen ähnlich geräuschlos wie vor fünf Jahren.

Am Vormittag soll der neue Koalitionsvertrag zunächst von den Parteigremien abgesegnet werden. Um 14 Uhr wird er im Landtag unterzeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt.

  • BR24 überträgt die Unterzeichnung live - samt Einordnung durch die Redaktion Landespolitik.

Söder und Aiwanger wortkarg

Wenn die Fraktionschefs von CSU und Freien Wählern, Klaus Holetschek und Florian Streibl, in den vergangenen beiden Wochen vor die Presse traten, beschränkten sie sich jeweils darauf, das gute Gesprächsklima und die Fortschritte zu loben. Auch Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gab sich ungewöhnlich wortkarg, dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder war praktisch gar nichts zu entlocken.

Bekannt ist, dass dem Koalitionsvertrag eine Präambel vorangestellt werden soll, in dem sich die Partner zur Demokratie bekennen und von der AfD abgrenzen. Öffentlich angekündigt haben beide Parteien, dass der Kampf gegen die Bürokratie im neuen Koalitionsvertrag eine Rolle spielen soll. Aiwanger nannte zudem als Ziel, bei der CSU ein klares Nein zu einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen durchzusetzen - bisher liegt sie nur auf Eis.

Geknirscht haben soll es hinter verschlossenen Türen dem Vernehmen nach beim Ringen um den Ausbau der Windenergie in Bayern - also dem Umgang mit der 10-H-Abstandsregelung, die in der vergangenen Legislaturperiode zwar gelockert, aber nicht abgeschafft wurde. Differenzen soll es auch bei der CSU-Forderung nach einem Queer-Aktionsplan für Bayern gegeben haben. Der Freistaat ist das einzige Bundesland ohne einen solchen Plan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt.

Postenverteilung wurde zum Schluss diskutiert

An den kniffligsten Punkten - den Zuschnitten der Ministerien und der Verteilung von Minister- und Staatssekretärsposten - tüftelten die Parteichefs Söder und Aiwanger am Mittwoch noch in kleiner Runde, zusammen mit den Fraktionschefs Holetschek und Streibl. Genau diese Frage der Aufteilung der Posten war es, die schon vor Beginn der Koalitionsverhandlungen die öffentlichen Muskelspiele und Sticheleien ausgelöst hatte.

Die Freien Wähler waren der Meinung, dass sich ihre Zugewinne bei der Landtagswahl auch in Posten niederschlagen müssten und forderten daher lautstark ein viertes Ministerium. War die Landtagsfraktion der CSU in der vergangenen Legislaturperiode gut dreimal so groß wie die der Freien Wähler, wird sie im neuen Landtag nur noch mehr als doppelt so stark sein. Im Kabinett stehen drei Freie-Wähler-Ministerien elf christsoziale Ressortchefs plus Ministerpräsident gegenüber. Dafür haben die Freien Wähler zwei Staatssekretärsposten, die CSU einen. Nach Meinung der CSU ist der Koalitionspartner mit diesen fünf Kabinettsposten ausreichend bedient.

Zahl der Kabinettsmitglieder schon voll ausgeschöpft

Fest steht: Mit der Forderung der Freien Wähler nach einem vierten Ministerium ist das ohnehin schwierige Rechen- und Puzzlespiel nicht einfacher geworden. Die vermeintlich einfachste Lösung - nämlich zusätzliche Kabinettsposten - scheidet aus. Die Staatsregierung besteht laut bayerischer Verfassung aus dem Ministerpräsidenten und maximal 17 Staatsministern und Staatssekretären. Diese Zahl hat Söder schon voll ausgeschöpft.

Immerhin ein Ministerposten wird frei, weil Holetschek aus dem Gesundheitsministerium an die Spitze der CSU-Fraktion wechselte. Spielraum hat Söder zudem bei den Ressortzuschnitten. Er könnte das Problem also zumindest teilweise lösen, indem er ein weiteres Ministerium schafft - sofern er dafür einen Kabinettsposten freischaufelt, zum Beispiel, indem er einen Staatssekretär aus einem Ministerium abzieht oder die Aufgaben von Staatskanzleichef und Europaministerin wieder zusammenlegt. Vielleicht ein eigenes Bau-Ressort? Schließlich gilt das Superministerium für Wohnen, Bau und Verkehr ohnehin als schwer steuerbarer Tanker. Doch das ist bislang nur Spekulation. Die Verhandler halten dicht.

Die Gerüchteküche brodelt

Die CSU-Personalien sollen vorerst geheim bleiben - möglicherweise sogar bis zur Vereidigung des Kabinetts am 8. November. Die Freien Wähler könnten ihr Personal eventuell dagegen schon heute bekannt geben. Gesetzt ist bislang nur einer: Aiwanger möchte Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident bleiben. Welcher Freie-Wähler-Politiker sonst ins Kabinett berufen wird, bleibt reine Spekulation. Doch die Gerüchteküche brodelt.

Kandidaten, die sich durchaus zu Höherem berufen fühlen, gibt es bei den Freien Wählern einige. Zuallererst wäre da der Schwabe Fabian Mehring, der bislang parlamentarischer Geschäftsführer der FW-Landtagsfraktion war und damit eine Art Generalist. Mehring macht keinen Hehl daraus, dass er bereitstehe für einen Ministerposten und dürfte quasi für jedes Ressort zur Verfügung stehen. Gute Aussichten, weiterhin dem Kabinett anzugehören, haben Kultusminister Michael Piazolo und Umweltminister Thorsten Glauber. Allerdings wird dem studierten Architekten Glauber nachgesagt, dass er gerne Bauminister wäre - vielleicht sogar noch lieber als Umweltminister wie bisher.

Weigert und Stolz: Aufstieg ins Ministeramt?

Für ein Ministeramt würde freilich auch Roland Weigert zur Verfügung stehen. Mit Aiwanger als unmittelbarem Chef will der bisherige Wirtschaftsstaatssekretär auf jeden Fall nicht weiter arbeiten. Das machte er bereits klar. Weigert holte in seinem Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen das Direktmandat. Das könnte seinen Rauswurf aus dem Kabinett verhindern.

Anna Stolz, bisher Kultusstaatssekretärin, hat ebenfalls gute Chancen auf einen erneuten Kabinettsposten. Schließlich ist sie die einzige Frau mit Regierungserfahrung bei den Freien Wählern. Das könnte ein Argument sein, auch wenn Aiwanger nichts davon hält, aus Gründen der Ausgewogenheit Ämter nach Geschlecht zu vergeben. In FW-Kreisen gilt die Juristin und frühere Bürgermeisterin von Arnstein in Unterfranken jedenfalls als fleißig und kompetent.

Immer wieder im Gespräch ist auch die Europaabgeordnete Ulrike Müller, die sich in den vergangenen Jahren als Agrarexpertin einen Namen gemacht hat. Da die CSU das Landwirtschaftsministerium aber nicht hergeben will, könnte Müller leer ausgehen. Auf das frei gewordene Gesundheitsministerium könnte die bayerische FW-Generalsekretärin Susann Enders spekulieren, die früher als Krankenschwester arbeitete und bis zur Wahl gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion war. Als mögliche Justizminister wurden vorübergehend Streibl und Alexander Hold gehandelt. Streibl wurde aber bereits als Fraktionschef bestätigt, Hold möchte erneut Vizepräsident des Landtags werden. Klar ist schon jetzt: Nicht jeder, der sich berufen fühlt, kommt auch zum Zug.

Söder wird am Dienstag gewählt

Der weitere Zeitplan sieht vor, dass nächsten Montag der neue Landtag erstmals zusammentritt. Für Dienstag ist die Wahl des Ministerpräsidenten geplant. Im neuen Landtag verfügen CSU und Freie Wähler zusammen über eine Mehrheit von 122 der insgesamt 203 Sitze. Die Vereidigung des neuen Kabinetts soll am 8. November folgen.

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