19.09.2023, Bayern, München: Markus Söder (CSU), Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Sitzung des bayerischen Kabinetts

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BR24live: CSU-Mutmach-Parteitag für den Wahlkampfendspurt

Zwei Wochen vor der Landtagswahl will die CSU Kräfte für den Wahlkampfendspurt mobilisieren. Thematisch dürfte es viel um Migration gehen – strategisch um den Wettstreit mit den Freien Wählern. Die Rede von Parteichef Söder ab ca. 11 Uhr live.

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Er wird von Tag zu Tag größer - der Anteil der Menschen in Bayern, zu denen Markus Söder in diesem Wahlkampf direkt gesprochen hat. Seit Monaten tourt der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident durch den Freistaat, macht Selfies in Bierzelten, schüttelt Hände auf Marktplätzen und verteilt Geschenke an Bahnhöfen. "750 Auftritte" seien es im gesamten Wahlkampf, sagte Söder dazu kürzlich. "Ich habe Glück, dass ich eine extrem starke Konstitution habe."

Da er aber nicht jeden bayerischen Wähler vor dem 8. Oktober treffen kann, setzt die CSU für alle anderen auf eine personalisierbare Videobotschaft Söders. Hunderte Namen hat der CSU-Chef eingesprochen. Wenn beispielsweise eine Sophia das Video anfordert, sagt Söder im Video: "Hallo Sophia! Danke, dass Du uns unterstützt!" Auf seinen Schreibtisch stellt er eine Tasse mit der Aufschrift: "I ❤ Sophia". Laut CSU-Generalsekretär Martin Huber spiegeln die verfügbaren Namen "die Lebenswirklichkeit".

Die CSU setzt voll auf ihren Parteichef und Spitzenkandidaten, um auf den letzten Metern des Wahlkampfs noch einen Aufwärtstrend zu erzwingen. Im BR24 BayernTrend stellte mehr als die Hälfte der Befragten dem Ministerpräsidenten zwar ein gutes Zeugnis aus, aber nur 36 Prozent gaben an, auf dem Wahlzettel das Kreuz bei der CSU zu machen. "Auf den Ministerpräsidenten kommt es an", lautet daher ein Slogan, den Huber ausgibt. Auf ihrem Parteitag heute wollen die Christsozialen nun Söder den Rücken stärken - und für die letzten zwei Wahlkampfwochen Kraft tanken.

BR24 überträgt Söders Rede auf dem CSU-Parteitag samt Einordnung ab ca. 11 Uhr live.

CSU ist bei Misserfolgen nicht zimperlich

36 Prozent wie im BayernTrend wären noch einmal schlechter als das aus CSU-Sicht desaströse Wahlergebnis von 2018 von 37,2 Prozent. Ein Resultat, das damals für reichlich Unruhe in der CSU sorgte - bis schließlich der Parteivorsitzende Horst Seehofer unter wachsendem Druck den Rückzug von der CSU-Spitze ankündigte. Das Ergebnis von 2018 gilt daher als Messlatte für Ministerpräsident Söder.

Die CSU ist bekannt dafür, bei Misserfolgen nicht besonders zimperlich mit ihrem Spitzenpersonal zu sein. Söders Vorteil im Vergleich zu Seehofer ist allerdings, dass er die meisten Spitzenposten in der Partei und im Kabinett mit seinen Vertrauten besetzt hat und ihm kein ehrgeiziger Kronprinz im Nacken sitzt.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner ließ in den vergangenen Jahren zwar mehrfach durchblicken, dass sie sich einen Wechsel auf den Chefsessel in der Staatskanzlei vorstellen könnte. Auch für den Parteivorsitz würde sich sicher jemand finden lassen - beispielsweise CSU-Vize Manfred Weber oder CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Dass eine/einer der Genannten von sich aus eine Revolution anzetteln würde, gilt aktuell aber als unwahrscheinlich.

Die Harmonie von CSU und Freien Wählern ist dahin

Vor wenigen Monaten noch machte sich in der CSU über solche Szenarien kaum jemand Gedanken, im Gegenteil. Umfragen ließen die Partei sogar auf ein Wunschergebnis von mehr als 40 Prozent hoffen. Die Wahlkampfstrategie, die Berliner Ampel schlechtzureden und die eigene Politik im Freistaat zu rühmen ("In Bayern lebt es sich einfach besser"), schien voll aufzugehen. Doch dann kam zunächst die Heizungsdemo in Erding mit dem Streit über die Wortwahl von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ("Demokratie zurückholen"), einige Wochen später folgte die Debatte über die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Wirtschaftsminister.

Beides wirbelte den Wahlkampf kräftig durcheinander, die Harmonie von CSU und Freien Wähler war dahin - Aiwanger wurde für Söder zunehmend zur Herausforderung. Der Ministerpräsident rügte seinen Vize nach Erding für seine populistische Wortwahl und später während der Flugblatt-Affäre für mangelnde Aufklärung, Aiwanger aber ließ sich davon nicht beeindrucken und sieht sich durch ein nie dagewesenes Umfragehoch seiner Partei bestätigt: Im BayernTrend überflügelten sie die Grünen als zweitstärkste Kraft und kamen auf 17 Prozent.

Wunsch-Partner und Konkurrent zugleich

Für die CSU sind die Freien Wähler Wunsch-Partner und scharfer Konkurrent um konservative Wähler gleichzeitig. Mit seinen Dauerattacken auf die Grünen ("passen nicht zu Bayern") will Söder weniger die Grünen selbst treffen, sondern vor allem im Wettstreit mit Aiwanger nicht den Kürzeren ziehen. Auch am Montag betonte der CSU-Chef erneut, dass die "Gefahr" Schwarz-Grün in Bayern auf keinen Fall drohe - daher brauche es auch "keine Leihstimmen an andere, um das noch sicherer zu machen".

Aus Aiwangers Sicht wird Söder zunehmend zum Scheinriesen, der immer kleiner wird, je näher die Wahl rückt. Aus strategischen Gründen hatte sich der CSU-Chef schon vor Monaten auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Freien Wählern festgelegt - und damit die Erwartung vieler an der Parteibasis erfüllt. Gleichzeitig nahm sich Söder damit selbst die Möglichkeit, den forschen Freie-Wähler-Chef durch andere Bündnisoptionen unter Druck zu setzen.

Die CSU-Spitze verweist unisono darauf, dass Umfragen Momentaufnahmen sind. 2018 stand die Partei im ARD BayernTrend unmittelbar vor der Wahl bei nur 33 Prozent und holte dann doch ein paar Prozentpunkte mehr. Söder betonte am Montag, dass am Ende die Wählerinnen und Wähler entscheiden. "Freude über Umfragen ist schön, aber keiner soll sich zu früh freuen."

Migration wird zum Wahlkampfthema

Das Thema Migration hielt Söder anders als vor fünf Jahren dieses Mal lange aus dem Wahlkampf heraus. Schließlich hatte er sich damit 2018 die Finger verbrannt, als ihm vorgeworfen wurde, mit AfD-naher Rhetorik am rechten Rand zu fischen. Damals steuerte er drei Monate vor der Wahl um. In diesem Jahr wurde die Flüchtlingspolitik erst im Schlussspurt ein dominierendes Wahlkampfthema. Söder sah sich gezwungen, zu reagieren und mit seiner Forderung nach einer Wende in der Asylpolitik in die Offensive zu gehen. Zugleich muss er wegen seiner Zusage, die Fehler von 2018 nicht zu wiederholen, seine Wortwahl gründlich abwägen. Aiwanger nahm derweil die CSU öffentlich in Mithaftung für die "verfehlte" Zuwanderungspolitik in der Großen Koalition unter Angela Merkel (CDU).

Somit dürfte die Migrationsthematik auf dem CSU-Parteitag heute eine große Rolle spielen. Neben der Rede und Wiederwahl Söders steht ein Auftritt des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz auf dem Programm. Dass die Bemühungen um eine "grünere CSU" längst ad acta gelegt sind und im Wahlkampfendspurt vor allem die konservative Klientel angesprochen werden soll, verdeutlicht auch CSU-Generalsekretär Huber mit seiner Aussage: "Keine Partei hat so viel PS unter der Haube und keine Partei bringt auch so viel PS auf die Straße", sagte er. Deswegen werde die Partei jetzt "noch mal ordentlich Gas geben".

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