Ein Mann trinkt aus einem Maßkrug Bier, es ist der bayerische Ministerpräsident. Auf dem Krug ist ein Emblem montiert: Es zeigt ein durchgestrichenes Hanfblatt.
Bildrechte: picture-alliance/dpa/Peter Kneffel; Montage: BR

Legales Cannabis ab 18? Markus Söders Standpunkt in der Debatte: "Wir werden alles tun, das zu verhindern. Wir wollen keine Drogen in Bayern."

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Cannabis-Verbot: Hat Bayern recht?

Die Ampel will Cannabis legalisieren und die Kritik wird wieder lauter – vor allem aus Bayern: Cannabis sei Einstiegsdroge, der Konsum werde steigen, der Schwarzmarkt nicht weggehen. Hat Markus Söder mit seiner Ablehnung recht? Possoch klärt!

Über dieses Thema berichtet: Possoch klärt am .

Erwachsene sollen zu Genusszwecken Cannabis kaufen und konsumieren dürfen. Das haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Für Markus Söder und seine CSU ein "Irrweg".

"Cannabis und Marihuana sind einfach Einstiegsdrogen." Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayern, am 2. Mai bei "Markus Lanz" im ZDF

Seitdem die Legalisierungspläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) konkreter werden, kommen die Gegenargumente: Einstiegsdroge, löst Psychosen aus, Konsum steigt, Schwarzmarkt bleibt. Hat Söder recht? Das neue "Possoch klärt" (Video oben, Link unten) geht dieser Frage nach.

Ist Cannabis eine Einstiegsdroge?

Bernd Werse, Mitbegründer und Leiter des Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt, schüttelt beim Einstiegsdrogen-Argument mit dem Kopf: "Schon in den 90er-Jahren gab es offizielle Verlautbarungen, auch Studien, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurden, in der genau das widerlegt wurde." Der Satz: Wer Cannabis nimmt, nehme zum Beispiel später die harte Droge Heroin, stimme demnach nicht.

In der Tat kam zu diesem Ergebnis eine vom damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) in Auftrag gegebene Studie schon 1998. Und 2014 stellte Ingrid Fischbach (CDU) als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium auf eine Anfrage der Linkspartei fest: "Die Bundesregierung hält für Cannabis die These von der 'Einstiegsdroge' nicht für zutreffend."

Im Video: Cannabis-Verbot – Hat Bayern recht? Possoch klärt!

Cannabis-Legalisierung: aktuelle Drogenpolitik gescheitert?

Warum will die Ampel überhaupt etwas an der Drogenpolitik ändern? Laut Lauterbach "haben wir im Moment eine gescheiterte Drogenpolitik".

Soziologe Werse teilt diese Einschätzung: "Das kann man eindeutig daran ablesen, dass die Ziele der Drogenpolitik einfach nicht erreicht werden, der Konsum wird nicht eingeschränkt, im Gegenteil, bei vielen Substanzen geht der Konsum eher nach oben als nach unten."

Bildrechte: BZgA - Substanzkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2021; Grafik: BR
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Der Konsum von Cannabis unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen steigt seit ein paar Jahren an.

Am höchsten ist der Anteil an jungen Menschen, die schon einmal im Leben Erfahrung mit Cannabis gesammelt haben (Lebenszeit-Prävalenz), gefolgt von jungen Menschen, die einmal in den letzten 12 Monaten (12-Monats-Prävalenz) konsumiert haben. Aber auch der Anteil jener, die in den letzten 30 Tagen (30-Tage-Prävalenz) Cannabis genommen haben oder regelmäßig konsumieren, steigt.

Cannabis ist längst Volksdroge Nummer drei – nach den legalen Drogen Alkohol und Nikotin. Ein Drittel der Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren haben mindestens einmal in ihrem Leben gekifft, gut vier Millionen Deutsche konsumieren regelmäßig Cannabis. Das hält der epidemiologische Suchtsurvey 2021 fest.

Gefahr bei Cannabis: immer mehr THC

Der THC-Gehalt von Cannabis ist in den vergangenen 10 Jahren von im Schnitt acht Prozent auf über zwölf Prozent angestiegen. THC ist der psychoaktive Bestandteil von Cannabis, der berauscht. CBD ist der Bestandteil, der beruhigt, entkrampft, Ängste löst. Doch je mehr THC enthalten ist, desto weniger CBD ist drin.

Gesundheitsminister Lauterbach sieht nur zwei Möglichkeiten: Entweder alles so lassen wie es ist und damit unter anderem in Kauf nehmen, dass auch Konsum von toxischen Mengen, gerade im Alter von 18 bis 25 Jahren stattfindet. Oder legalisieren und dann den THC-Gehalt begrenzen und kontrollieren. Der Schwarzmarkt würde so auch entscheidend geschwächt.

Cannabis löst Psychosen aus: Was ist dran?

Doch ein weiteres Argument gegen legales Cannabis ist: Wer in jüngeren Jahren kifft, schädigt sein Gehirn und steuert auf eine Psychose und andere psychische Probleme zu. Professor Oliver Pogarell, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Neurologie am LMU Klinikum München, ist vorsichtig: "Die Sorge ist durchaus berechtigt."

Wenn Menschen im jungen Alter Cannabis konsumieren würden sie in ein bis zu dreifach erhöhtes Risiko für eine chronische Psychose laufen. Als Begründung führt Pogarell die Hirnentwicklung an, die erst im Alter von 25, 26 Jahren abgeschlossen sei. Ob allerdings bei Menschen mit einer Disposition für eine Psychose, diese nur von Cannabis ausgelöst wird oder ob es nicht auch jede andere (illegale) Droge könnte, ist medizinisch strittig.

Pogarell würde eine Legalisierung ab einem Alter von 25 befürworten. Dann könne man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass alle Hirnareale ausreichend ausgereift und die Risiken des Cannabis-Konsums gesenkt sind. Außerdem führt Pogarell an, dass alle Legalisierungspläne mit einer entsprechenden Aufklärungskampagne einhergehen müssten.

Cannabis-Legalisierung: Bevölkerung gespalten

Markus Söder wird innerhalb der Debatte um die Legalisierung nicht müde, zu betonen, dass er es für einen Fehler hält, Drogen zu erlauben, und er glaubt zudem, dass "die große Mehrheit der Bevölkerung das genauso sieht".

Bildrechte: Statista; Infratest dimap; Deutscher Hanfverband
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Deutschland bei Cannabis-Legalisierung gespalten

Tatsächlich ist die deutsche Bevölkerung gespalten, was die Legalisierung von Cannabis anbelangt. Wie eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Hanfverbands zeigt.

Legales Cannabis: Schwarzmarkt adé?

Ob die aktuellen Pläne der Ampel tatsächlich den Schwarzmarkt, das illegale Geschäft mit Cannabis, komplett eindämmen können, hält Werse vom Centre for Drug Research für zweifelhaft: "Ich rechne nicht unbedingt damit, aber es zumindest besser als jetzt, wo wir erst einmal nur Schwarzmarkt haben."

Für Werse ist allerdings der Hauptgrund, Cannabis zu legalisieren, nicht der illegale Verkäufer, sondern der dann nicht mehr kriminelle Käufer: "Jedes Jahr werden 200.000 Menschen kriminalisiert, geraten in die Fänge der Strafverfolgung, einfach nur, weil sie geringe Mengen von Cannabis dabeihatten." Dieses Unrecht müsse beendet werden.

Ob der Konsum nach der Legalisierung steigt, lässt sich Stand der Forschung jetzt nicht eindeutig belegen, wie der BR24 Faktenfuchs herausgefunden hat. Entscheidend ist laut Experten die Aufklärung, dass vor allem junge Menschen mehr um die Risiken von regelmäßigem Cannabis-Konsum wissen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!