ILLUSTRATION - 10.04.2024, Bayern, München: Ein Mann hält einen Joint vor der Kulisse des Monopteros im Englischen Garten. Seit Ostermontag gelten weite Teile des umstrittenen Cannabisgesetzes. Damit ist fortan für Erwachsene ab 18 Jahren der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. In der eigenen Wohnung sollen drei Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Verboten bleibt Kiffen allerdings im öffentlichen Raum unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite zu solchen Einrichtungen. (zu dpa: «Bayern beschließt Kiff-Verbot für Volksfeste und Biergärten») Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Joint im Englischen Garten

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Cannabis-Verbot auf Volksfesten, in Biergärten und einigen Parks

Im Kampf gegen die Teil-Legalisierung von Cannabis durch den Bund legt Bayern nach: Im Freistaat soll der Konsum in der Außengastronomie, auf Volksfesten, im Englischen Garten und anderen Parks verboten werden. Die SPD sieht eine "Cannabis-Hysterie".

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Den bundesweit ersten Cannabis-Bußgeldkatalog hat das bayerische Gesundheitsministerium bereits veröffentlicht, jetzt soll der Konsum des Rauschmittels im Freistaat gesetzlich weiter beschränkt werden: Durch eine Änderung des bayerischen Gesundheitsschutzgesetzes will die Staatsregierung den Konsum von Cannabisprodukten auf Volksfesten, in Biergärten und auf Außengeländen von Gaststätten im Freistaat verbieten, wie Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nach einer Kabinettssitzung in München sagte. "In den Innenbereichen haben wir auch ohnehin das allgemeine Rauchverbot."

Das Finanzministerium, dem die Bayerische Schlösserverwaltung unterstellt ist, werde zudem ein Konsumverbot im Englischen Garten, Hofgarten und Finanzgarten in München sowie dem Hofgarten in Bayreuth auf den Weg bringen, kündigte die CSU-Politikerin an. Bei weiteren staatlichen Gartenanlagen solle ein Verbot über das Hausrecht verhängt werden.

Auch kein Erhitzen und Dampfen von Cannabis

Auch in Raucherräumen und Raucherbereichen soll der Konsum untersagt werden. Das gilt laut Gerlach nicht nur für das Rauchen, sondern jeweils auch für das Erhitzen und Dampfen von Cannabisprodukten, beispielsweise mittels Vaporisatoren.

Darüber hinaus bekräftigte Gerlach den Plan, Kommunen die Möglichkeit zu geben, das Rauchen und Dampfen von Cannabis an öffentlichen Orten zu verbieten, an denen sich häufig viele Menschen auf engem Raum aufhalten. Als Beispiele nannte sie touristische Sehenswürdigkeiten, Freizeitparks und Freibäder. Um die Zahl von Anbauvereinigungen in Bayern so gering wie möglich zu halten, sei eine Begrenzung auf eine pro 6.000 Einwohner geplant, sagte die Ministerin. Diese Möglichkeit sehe das Bundesgesetz vor.

Söder: Bayern stärkt Kinder und Jugendschutz

"Unser Ziel ist es, den Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen", betonte Gerlach. "Das ist wichtig für den Gesundheitsschutz - und ganz besonders für den Kinder- und Jugendschutz." Gerlach verwies auf die Formulierung im Bundesgesetz, dass Cannabis nicht in unmittelbarer Anwesenheit Minderjähriger konsumiert werden dürfe.

Biergärten beispielsweise seien unüberschaubar - daher sei schwer zu überblicken, ob sich dort Jugendliche aufhalten. Auf Volksfesten drängten sich viele Menschen, Kinder stünden an Fahrgeschäften oder am Zuckerwatten-Stand an. Ein Kontakt zu Minderjährigen sei also nicht auszuschließen. Bayern wolle eine einfache Regelung und schaffe klare Verhältnisse. Im Kurznachrichtendienst X betonte auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Bayern stärkt den Kinder- und Jugendschutz."

Das geänderte Gesetz soll Gerlach zufolge noch vor den Pfingstferien vorgelegt werden, die heuer Mitte Mai beginnen. Wann es dann vom Landtag beschlossen werden könnte, ist noch unklar.

SPD: "Nahezu grotesk"

Der SPD-Rechtsexperte im Landtag, Horst Arnold, kritisierte das Vorgehen der Staatsregierung bei BR24live als "Cannabis-Hysterie". Diese werde kultiviert, während der Gesundheitsschutz bei Nikotin oder anderen Drogen unberührt bleibe. Es sei "nahezu grotesk", dass aus Bierzelten vor den Augen von Kindern Bierleichen getragen werden dürften, während man bei Cannabis so strenge Regeln plane.

Statt wirklich für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, setze die Staatsregierung die "Kriminalisierung" von Cannabis fort. "Wenn man jetzt Innenstädte anschaut, wo sich Außengastronomie an Außengastronomie reiht: Wo unterscheidet man die Grenze der Gastronomie? Wo ist der öffentliche Raum?"

Münchens Bürgermeister: "Übergriffig" und widersprüchlich

Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) warf der CSU "Übergriffigkeit" und Widersprüche in der Drogenpolitik vor. Wenn der Konsum von Alkohol verherrlicht und gleichzeitig Cannabis verteufelt werde, "ist das keine zeitgemäße Drogenpolitik, sondern mehr eine Steilvorlage für die 'Heute-Show'". Für ein Cannabis-Verbot "zu bestimmten Uhrzeiten" gebe es durchaus nachvollziehbare Gründe. Schließlich seien auf der Wiesn viele Kinder und Jugendliche auf engem Raum unterwegs. Doch beim Oktoberfest handle es sich um ein Fest der Stadt München. "Und ich finde, dass das auch eine Entscheidung des Münchner Stadtrats sein sollte".

Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Münchner Stadtrat, Manuel Pretzl, lobte dagegen die Staatsregierung: "Auf der Wiesn oder im vollen Biergarten kann man dem Cannabis-Rauch nicht ausweichen." Dies gelte in einer Metropole wie München auch für weitere Orte.

Gaststättenverband begrüßt Klarheit

Zustimmung zu den Plänen der Staatsregierung kommt auch aus der Gastronomie. Die Entscheidung schaffe mehr Planbarkeit, sagte der Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, Thomas Geppert, bei BR24live. Für die Wirte bedeute das: weniger Diskussionen mit den Gästen, weil die Regeln klar seien. Die allermeisten Wirte hätten bereits von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und den Cannabis-Konsum verboten.

Zugleich machte Geppert aber auch klar: Die Wirte und ihre Angestellten könnten nicht die Rolle von Hilfssheriffs übernehmen. "Da wäre der Wirt komplett überfordert." Er könne höchstens Hinweise geben. Zuständig für Kontrollen seien vielmehr die Behörden.

Jurist: Bayerische Verbote möglich

Nach Einschätzung des Würzburger Rechtswissenschaftlers Kyrill-Alexander Schwarz sind die geplanten bayerischen Regelungen rechtlich möglich. "Die Kompetenzordnung des Grundgesetzes sagt, dass im Bereich, wo der Bund auch regelt, die Länder gegebenenfalls noch weiter regeln können", sagte der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Würzburg dem BR. Entscheidend sei, ob das Bundesrecht eine "Sperrwirkung" habe. Und diese sei dem Cannabis-Gesetz wohl nicht zu entnehmen. "Das heißt: Bayern kann weitergehende Regelungen treffen."

So könne der Freistaat beispielsweise im Bereich des Gesundheits-, des Verbraucher- oder des Jugendschutzes tätig werden. "Weil das – und das ist der entscheidende Punkt – alles Bereiche sind, in denen der Bund keine sogenannte ausschließliche Gesetzgebung hat", erläuterte der Jurist. Dort gebe es die konkurrierende Gesetzgebung: "Da dürfen Bund und Länder regeln." Die Länder könnten dann über jene Bereiche bestimmen, die der Bund nicht geregelt habe. "Und der Bund hat keine Verbote für Volksfeste oder Ähnliches geregelt. Das heißt: Dort können die Länder sozusagen hineindrängen und selber eigene Regelung machen."

Zwar müsse der Freistaat die Grundentscheidung des Bundes beachten, also die Teil-Legalisierung. Er könne aber "durch die Hintertür" an bestimmten Orten Verbote verhängen, sagte Schwarz. "Man mag das so ein bisschen als Taschenspielertrick bezeichnen."

Im Video: Bayern will die Cannabis-Teil-Legalisierung so streng wie möglich handhaben

Symbolbild: Cannabis-Konsum
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Symbolbild: Cannabis-Konsum

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