Mitglieder des bayerischen Kabinetts während der Vereidigung im Bayerischen Landtag
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Mitglieder des bayerischen Kabinetts während der Vereidigung im Bayerischen Landtag

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Neues Kabinett steht - Söder: Kontinuität und Erneuerung

Vier Wochen nach der Landtagswahl ist das neue bayerische Kabinett vereidigt worden. Judith Gerlach ist neue Gesundheitsministerin, Eric Beißwenger Europaminister. Laut Ministerpräsident Söder steht seine Regierung für Kontinuität und Erneuerung.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern hat der Bayerische Landtag das neue Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder bestätigt. Anschließend schworen die 17 Minister und Staatssekretäre den Eid auf die Verfassung. Söder selbst war schon vergangene Woche erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden.

Neu im Kabinett ist für die CSU der Schwabe Eric Beißwenger: Als Europaminister wurde er Nachfolger von Melanie Huml, die dem Kabinett damit nach 16 Jahren nicht mehr angehört. Der gelernte Bankkaufmann und Landwirt Beißwenger sitzt seit 2013 im Landtag. In der vergangenen Legislaturperiode war er stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses.

Die Unterfränkin Judith Gerlach, bisher Digitalministerin, übernimmt das Gesundheitsressort. Der Ministerposten wurde frei, weil Klaus Holetschek zum CSU-Fraktionschef gewählt worden war.

Mehrere CSU-Minister bleiben im Amt

Insgesamt setzt Söder bei den CSU-Ministern vor allem auf Kontinuität. Die meisten seiner Minister bleiben im Amt: Joachim Herrmann (Inneres, Sport), Christian Bernreiter (Wohnen, Bau und Verkehr), Georg Eisenreich (Justiz), Markus Blume (Wissenschaft, Kunst), Albert Füracker (Finanzen, Heimat), Michaela Kaniber (Ernährung, Landwirtschaft und Tourismus), Ulrike Scharf (Arbeit, Soziales) sowie Florian Herrmann (Staatskanzleichef). Ulrike Scharf wird anstelle von Joachim Herrmann stellvertretende Ministerpräsidentin - neben Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.

Die Bürger seien im Moment sehr verunsichert, sagte der Ministerpräsident. Umso wichtiger sei es, ein Zeichen von Vertrauen, von Stabilität und Kontinuität, aber gleichzeitig auch von Erneuerung und Perspektive zu setzen. "Ich bin stolz auf dieses ausgewogen besetzte Kabinett."

Neu besetzen musste Söder den Posten des Finanzstaatssekretärs: Diese Aufgabe übernimmt Martin Schöffel. Er sitzt seit 2008 im Landtag, war bislang aber eher unauffällig. Er ist der neue Oberfranke im Kabinett, nachdem Huml ihren Posten als Europaministerin räumen muss. Sandro Kirchner aus Unterfranken bleibt Innenstaatssekretär.

FW-Minister bereits bekannt

Die Freien Wähler hatten ihre Personalien schon vor knapp zwei Wochen bekanntgegeben: Hubert Aiwanger bleibt auf dem Chefsessel im Wirtschaftsministerium, den Staatssekretärsposten übernimmt dort der Oberpfälzer Tobias Gotthardt von Roland Weigert. Thorsten Glauber führt weiterhin das Umweltressort. Einen Wechsel gibt es an der Spitze des Kultusministeriums: Michael Piazolo wird durch seine bisherige Staatssekretärin Anna Stolz ersetzt. Im Digitalministerium löst Fabian Mehring die bisherige CSU-Ministerin Gerlach ab.

Die CSU-Abgeordneten wählten am Vormittag nach BR-Informationen den Forchheimer Parlamentarier Michael Hofmann zum parlamentarischen Geschäftsführer ihrer Fraktion. Zuvor war er Bürgerbeauftragter der bayerischen Staatsregierung. Er folgt auf Tobias Reiß, der neuerdings Vizepräsident des Landtags ist.

Söder dankt scheidenden Ministern

Söder bedankte sich im Plenum bei den ausgeschiedenen Kabinettsmitgliedern Roland Weigert (FW, zuvor Staatssekretär im Wirtschaftsministerium), Holetschek, Huml und Piazolo für ihre Arbeit in den vergangenen Jahren. Alle hätten "hervorragende Leistungen" erbracht. Piazolo lobte er dafür, sein Amt mit "Gelassenheit" gemeistert zu haben. Er sei sicherlich einer der "großen Kultusminister" in der Geschichte gewesen. Melanie Huml gebühre nach 16 Dienstjahren besonderer Dank. Sie habe unzählige Aufbauleistungen vollbracht.

Der neue CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek lobte die neuen Kabinettsmitglieder als "Männer und Frauen, die mitten im Leben stehen". Und er gab ihnen gleich einen Rat mit auf den Weg: Die Berufung sei immer auf Zeit und müsse mit Demut angegangen werden. Es sei ein Privileg, sich mit voller Kraft für Bayern einzusetzen und zu gestalten, so Holetschek. Wichtig ist ihm, dass nicht aus dem Elfenbeinturm heraus regiert werde. Die Politiker müssten den Bürgern draußen Rede und Antwort stehen. "Dieser Koalitionsvertrag atmet nicht die Luft von etwas Altem und Moderndem."

Streibl: Den Menschen Angst nehmen

Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl betonte, mit der heutigen Vereidigung des Kabinetts sei Bayern wieder arbeitsfähig. Die "überragend schnelle" Regierungsbildung könne für Deutschland Vorbild sein. Der Koalitionsvertrag sei das "Pflichtenheft" des schwarz-orangen Bündnisses für die nächsten fünf Jahre. Ziel sei es, eine Politik zu machen, die den Menschen Sicherheit gebe. "Eine Politik, wo sie wissen, hier kommen keine komischen Überraschungen."

Eine solche Politik nehme den Menschen die Ängste und sei damit das "beste Mittel gegen Extremismus und Fanatismus". Denn sie nehme dem rechten Rand "das Lebenselixier", sagte Streibl. "Dieser rechte Rand lebt von der Angst der Menschen. Und diese Angst müssen wir den Menschen nehmen."

AfD: Migration zum Kernthema machen

Der AfD-Abgeordnete Martin Böhm forderte die neue Staatsregierung in seiner Rede dazu auf, die Begrenzung der Migration zum Kernthema zu machen. Es gehe um den "Erhalt unserer bayerischen Identität". Dass es wichtig sei, das zu thematisieren, zeigt laut Böhm der Blick auf Straßen und in Schulen, wo der Migrationsanteil hoch sei.

Einige Forderungen der AfD seien nach dem guten Wahlergebnis der AfD nun im Koalitionsvertrag aufgegriffen worden, so zum Beispiel "die Einführung von Sprachklassen" an Schulen. Der AfD-Politiker lobte einerseits, dass es mehr Lehrerstellen geben soll. Andererseits bemängelte er, dass damit "Migrationskosten in einen anderen Haushalt verlagert" würden. Seiner Meinung nach wäre besser, wenn ukrainische Schüler auch von ukrainischen Lehrern unterrichtet würden, anstatt sie in die bayerischen Schulen zu integrieren.

Schulze: Niedriger Frauenanteil ein "Armutszeugnis"

Für die Grünen erneuerte die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze ihre Kritik am Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern. Er atme "die vollkommene Ambitionslosigkeit dieser Kraftlos-Koalition", beklagte sie. "Und das ist bitter, bitter für die Menschen in Bayern." Nötig sei eine starke Regierung, die die notwendigen Veränderungen anpacke. Handlungsbedarf gebe es beispielsweise beim Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, beim Ausbau der erneuerbaren Energien, in der Sozial- und Bildungspolitik.

Unzufrieden zeigte sich Schulze mit dem Frauenanteil in der neuen Regierung. Söder habe "die Hälfte der Bevölkerung mal wieder nicht im Blick". Der Frauenanteil sinke im neuen Kabinett erneut: von 27 auf 22,2 Prozent. Von 18 Kabinettsmitgliedern seien nur noch vier Frauen. "Das ist ein Armutszeugnis." Frauen hätten eine angemessene Repräsentation verdient. Zudem sei der Eindruck entstanden, dass Zuschnitte der Ministerien nach persönlichen Interessen verändert würden. Das sei "politisches Kabarett", sagte sie mit Blick auf die Entscheidung, dass die Jagd nun zum Wirtschaftsministerium gehört. "Was hat bitteschön das Jagdrecht mit der Industriestrategie und der Erhaltung unseres Wohlstands zu tun?"

Von Brunn: "Wildschwein statt Weitsicht"

Auch SPD-Fraktionschef Florian von Brunn kritisierte den neuen Zuschnitt des Wirtschaftsministeriums scharf. "Wildschwein statt Weitsicht? Treibjagd statt Transformation? Das ist der falsche Weg." Das Ressort dürfe doch kein "Wünsch-dir-was- und Folklore-Ministerium für Hubert Aiwanger" sein. Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) rief er dazu auf, den Wohnungsbau voranzutreiben.

Und besonders wichtig ist laut von Brunn: "Wir müssen endlich den Turbo zünden für die Windkraft und die Energiewende insgesamt." Mit einem Weiter-so gehe es nicht, sagte der SPD-Fraktionschef. Dass in Bayern im vergangenen Jahr nur sechs Windräder errichtet worden seien, sei ein Armutszeugnis. An Arbeitsministerin Scharf gerichtet, sagte von Brunn: "Wir brauchen mehr Einsatz beim Thema Arbeit als bisher." Das Thema Fachkräfte sei die Schlüsselaufgabe der Zukunft und müsse ein Schwerpunkt der künftigen Regierung werden.

Das neue bayerische Kabinett im Überblick:

Ministerpräsident: Markus Söder (CSU, Mittelfranken)

Minister des Innern, für Sport und Integration: Joachim Herrmann (CSU, Mittelfranken) / Staatssekretär: Sandro Kirchner (CSU, Unterfranken)

Minister für Wohnen, Bau und Verkehr: Christian Bernreiter (CSU, Niederbayern)

Justizminister: Georg Eisenreich (CSU, Oberbayern)

Ministerin für Unterricht und Kultus: Anna Stolz (Freie Wähler, Unterfranken)

Minister für Wissenschaft und Kunst: Markus Blume (CSU, Oberbayern)

Minister für Finanzen und Heimat: Albert Füracker (CSU, Oberpfalz) / Staatssekretär: Martin Schöffel (CSU, Oberfranken)

Minister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie sowie stellvertretender Ministerpräsident: Hubert Aiwanger (Freie Wähler, Niederbayern) / Staatssekretär: Tobias Gotthardt (Freie Wähler, Oberpfalz)

Minister für Umwelt und Verbraucherschutz: Thorsten Glauber (Freie Wähler, Oberfranken)

Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Tourismus: Michaela Kaniber (CSU, Oberbayern)

Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales: Ulrike Scharf (CSU, Oberbayern)

Ministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention: Judith Gerlach (CSU, Unterfranken)

Digitalminister: Fabian Mehring (Freie Wähler, Schwaben)

Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten, Medien und Film: Florian Herrmann (CSU, Oberbayern)

Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales: Eric Beißwenger (CSU, Schwaben)

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Judith Gerlach

Interview: BR-Korrespondentin Anita Fünffinger zum neuen bayerischen Kabinett

BR-Korrespondentin Anita Fünffinger
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BR-Korrespondentin Anita Fünffinger

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