Ein Balkonkraftwerk hängt an einem Balkon.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Sebastian Gollnow

Die "Panelretter" bauen Balkonkraftwerke aus aussortierten Solarmodulen (Symbolbild).

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Balkon statt Schrottplatz: Start-up rettet Solarmodule

Sie wollen einen Beitrag zur Energiewende leisten und Elektroschrott minimieren: Christoph Kirschner und Tillmann Durth bauen Balkonkraftwerke aus aussortierten Solarmodulen. Die beiden Gründer haben noch weitere Ideen für mehr Nachhaltigkeit.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Beim gemeinsamen Kneipenbesuch haben die beiden Nürnberger Elektrotechnikstudenten Christoph Kirschner und Tillmann Durth beschlossen, ein Start-up aufzubauen. Schnell war klar, dass sie im Bereich erneuerbarer Energien arbeiten wollten. Die Idee: Balkonkraftwerke aus bereits bestehenden Solarpaneelen bauen. Und so entstanden die "Panelretter".

Kleine Makel – neue Technik

Das Konzept des Unternehmens ist einfach. Durch optische Makel wie beispielsweise kleine Kratzer am Alurahmen oder Verfärbungen können Großhändler ihre Solarpanels nicht mehr als Neuware verkaufen. Diese Module kaufen die "Panelretter" dann vergünstigt und bauen sie zu Balkonkraftwerken um. Die Produkte werden direkt über den eigenen Onlineshop vertrieben. Kunden sparen so gut 20 Prozent gegenüber dem Kauf von herkömmlichen Balkonkraftwerken.

Grüner Strom statt Elektroschrott

Roland Mietke hat dieses Konzept überzeugt. Bereits seit zwei Jahren denkt der Nürnberger über den Kauf eines Balkonkraftwerks nach, war sich bisher aber noch unschlüssig. Als er zufällig auf die "Panelretter" stieß und erfuhr, dass er durch den Erwerb auch unnötigen Elektroschrott vermeiden kann, stand sein Entschluss schnell fest: "Egal wie viel Strom ich da herausbekomme, das ist der erste Schritt hin zu einem Wandel, zu einer Transformation. Und ich denke, dass ich mein Homeoffice schon damit betreiben kann."

Das kleine Kraftwerk hatten er und Christoph Kirschner in gut eineinhalb Stunden an seinem Balkon befestigt. Über einen Wechselrichter kann das Panel ganz einfach an einer Steckdose angeschossen werden und schon fließt Solarstrom durch das Gebäude. Roland Mietke hofft, dass er auch seine Nachbarn schon bald von einem Balkonkraftwerk überzeugen kann.

Neue Ideen für die Zukunft

In der Branche wollen sich die "Panelretter" zunächst einen Namen machen und eine Marke aufbauen. Um noch nachhaltiger zu werden, haben Christoph Kirschner und Tillman Durth bereits neue Pläne im Kopf. Zukünftig wollen sie nicht nur B-Ware verwenden, sondern auch gebrauchte Panels aus Solarparks kaufen, aufbereiten und zu neuen Kraftwerken umbauen.

Die Module müssen in Solarparks oftmals bereits nach fünf Jahren ausgetauscht und entsorgt werden. Technisch genügen sie für die Anforderungen eines Balkonkraftwerks aber allemal. Wenn das gelingt, könnte künftig noch mehr Elektroschrott vermieden werden - und die Endverbraucher könnten noch günstiger an grünen Strom kommen.

Wie gut ist die Leistungsfähigkeit der Panels?

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund eines Kommentars des Users "tkl" im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.

Bezüglich der Leistungsfähigkeit gebe es bei der aktuell verwendeten B-Ware "überhaupt keine technischen Einschränkungen", erklärt Kirschner auf Nachfrage. Bei den Solarmodulen der Solarparks, die man möglicherweise zukünftig verwenden wolle, komme der Effekt der "Degradation" ins Spiel: Die Leistung der Module verringert sich über die Jahre der Nutzung. Die Unternehmer wollen für die Panels sicherstellen, dass eine "Mindestleistung von 90 Prozent vom Neustand des Panels" garantiert wird. Das reiche für ein Balkonkraftwerk "auf jeden Fall" – auch angesichts der gesetzlichen Limitierung auf 600 Watt. 💬

So funktionieren Balkonkraftwerke

Balkonkraftwerke haben zuletzt auch wegen der gestiegenen Strompreise an Popularität gewonnen. In Bayern hat sich die Zahl der registrierten Anlagen seit Jahresbeginn vervierfacht. Stand 2. Oktober wies das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur für den Freistaat 45.200 Balkonkraftwerke aus. Drei Viertel davon sind seit dem Jahreswechsel in Betrieb gegangen. Die tatsächliche Zahl der Anlagen dürfte noch höher sein. So gibt es nicht gezählte Anlagen, deren Status unklar ist und Anlagen, die nicht oder noch nicht angemeldet sind.

In der Regel bestehen Balkonkraftwerke aus ein bis zwei Solarmodulen und einem Wechselrichter. Dieser wandelt den Solarstrom in Haushaltsstrom um, der direkt in die Steckdose eingespeist werden kann. Mit dem Strom können dann Haushaltsgeräte betrieben werden. Im Gegenzug wird weniger Strom aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen.

Ob sich ein solches System lohnt, hängt laut Verbraucherzentrale unter anderem von Anschaffungspreis und Strompreis ab, aber auch davon, ob das Modul möglichst lange und viel Sonne bekommt.

Bundesregierung will rechtliche Hürden senken

Auch die Bundesregierung will es Menschen ohne eigenes Haus leichter machen, eine kleine Solaranlage auf dem heimischen Balkon anzubringen. Dafür hat das Kabinett im September Änderungen im Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der "privilegierten Maßnahmen" aufgenommen wird. Das sind bauliche Veränderungen, die von Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermietern nicht einfach blockiert werden können. Wenn das Gesetz so verabschiedet wird, hätten Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften zwar immer noch ein Mitspracherecht, wenn es darum geht, wie ein Steckersolargerät am Haus angebracht wird. Ob so eine Anlage überhaupt installiert werden darf, wäre dann aber nicht mehr grundsätzlich strittig.

Schon im August hatte das Kabinett bereits einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem der bürokratische Aufwand für die Besitzer der Mini-Solaranlagen reduziert werden soll. So ist etwa vorgesehen, dass die bisher komplizierte Anmeldung von solchen Solaranlagen auf dem Balkon beim Netzbetreiber entfällt. Eine Registrierung im Marktstammregister der Bundesnetzagentur soll in Zukunft ausreichen.

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