Schlachthof in Aschaffenburg
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Im Skandal um den Aschaffenburger Schlachthof hat Oberbürgermeister Jürgen Herzing informiert. Die Stadt gründet nun eine Task Force.

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Aschaffenburger Schlachthof-Skandal: Stadt gründet Task Force

Gequälte Kühe und Schweine, eine Tierärztin, die alles gewusst haben soll, Durchsuchungen: Im Aschaffenburger Schlachthof-Skandal kommen immer neue Details ans Licht. Eine überparteiliche Task Force soll sich nun mit den Problemen beschäftigen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Wie geht es nach dem Skandal weiter mit dem Schlachthof in Aschaffenburg? Damit soll sich eine überparteiliche Task Force beschäftigen. Auch die Bauernverbände der Region und die Metzger-Innung soll einbezogen werden. Das hat der Aschaffenburger Stadtrat heute in einer öffentlichen Sondersitzung beschlossen. Es geht zum Beispiel um die Frage, unter welchen Voraussetzungen es auch weiterhin einen regionalen Schlachthof geben kann.

Schlachthof soll "tierschutzkonform" arbeiten

Dass es einen Schlachtbetrieb hier vor Ort braucht – da waren sich alle Mitglieder des Stadtrats einig. Wichtig sei aber, dass die Tiere dort unter tierschutzkonformen Bedingungen geschlachtet werden und nicht gequält werden. Alle Parteien haben die Verstöße gegen den Tierschutz aufs Schärfste verurteilt und haben gefordert, dass der Skandal lückenlos aufgeklärt wird.

Vertrag mit Schlachthof-Betreiber kündigen?

Weiteres Thema: Kann die Stadt den Vertrag mit dem aktuellen Betreiber außerordentlich kündigen? Und welche Auswirkungen hätte das? Die SPD hatte bereits einen Antrag gestellt und eine fristlose Auflösung des Betreibervertrags mit der Firma gestellt, die den Schlachthof von der Stadt gepachtet hat. Doch das sei nicht so einfach, so Meinhard Gruber, Ordnungsreferent der Stadt Aschaffenburg. Der Vertrag wurde gerade erst erneuert und läuft noch bis 2029. Dieser sehe keine reguläre Kündigungsfrist vor. Der unzuverlässige Betrieb könnte aber als Kündigungsgrund in Frage kommen. Die Mitglieder des Stadtrats sollen den Vertrag nun zur Einsicht bekommen.

Es sei aber ohnehin fraglich, ob die Betreiberfirma nach dem Skandal noch existenzfähig sei, so Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD). Zunächst gelte es, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg abzuwarten.

Stadt hat aktuell nur wenig Einfluss auf Schlachthof

Die Verantwortlichen sollen nun auch prüfen, inwiefern sich Stadt und gegebenenfalls Landkreis selbst an dem Erhalt eines städtischen Schlachthofs beteiligen könnten. Der Oberbürgermeister hat in der Sitzung mehrfach betont, dass die Stadt aktuell nur begrenzt über Zuständigkeiten verfüge. Seit 2018 ist die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) an Stelle von Stadt und Landkreis für sämtliche Entscheidungen bezüglich des Schlachthofbetriebs zuständig.

Betreiber und Kontrollbehörde sind zuständig

Die Stadt könne daher kein Konzept erstellen, wie die tierschutzrechtlichen Vorgaben künftig eingehalten werden können. Vielmehr liege dies nun an der Betreiberfirma, die ein solches Konzept mit der KBLV abstimmen muss. Stadträte und Stadträtinnen mehrerer Parteien hatten zuvor die Erstellung solcher Konzepte von Seiten der Stadt gefordert.

Neue Tierärzte für Schlachthof gesucht

In der Sitzung ging es auch um die Personal-Situation im Schlachthof. Der Stadtrat hat beschlossen, eine neue Vollzeitstelle für einen amtlichen Tierarzt oder eine Tierärztin auszuschreiben. Die Stadtverwaltung Aschaffenburg ist eigentlich "kontrollzuständig", nämlich mit zwei Veterinären und vier Fach-Assistenten/-Assistentinnen. Eine der beiden Veterinär-Stellen war bereits vakant.

Amtliche Tierärztinnen nach Vorwürfen entlassen

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die Stadt die angestellte Tierärztin am Mittwoch mit sofortiger Wirkung entlassen. Diese soll laut Vorwürfen der SOKO Tierschutz den Schlachthof mehrfach vor unangekündigten Kontrollen gewarnt haben. Zudem soll das Team zum Teil sogar dabei gewesen sein, wenn Tiere gequält wurden. Auch eine weitere Tierärztin, die über ein Dienstleistungsunternehmen angestellt war, wurde entlassen.

Keine Vorab-Infos mehr über Kontrollen

Qualifiziertes Personal zu finden, bereite der Stadt aktuell erhebliche Probleme, so Ordnungsreferent Gruber. Bis zu einer eventuellen Neueröffnung des Schlachthofs müsse die Stelle neu besetzt sein. Oberbürgermeister Herzing betonte, dass die Stadtverwaltung dann erhebliche Vorsicht walten lassen werde, was die Weitergabe von Informationen betreffe. Künftig sollen auch amtliche Tierärzte und Tierärztinnen nicht mehr über anstehende Kontrollen der KBLV informiert werden.

Polizei hat Razzien durchgeführt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt aktuell wegen des Verdachts auf Tierquälerei. Am Mittwoch und Donnerstag fanden bereits mehrere Razzien im Zusammenhang Schlachthof statt. Bei der Durchsuchung von insgesamt fünf Wohn- und Geschäftsgebäuden hat die Polizei Beweismittel sichergestellt, die nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken aktuell noch ausgewertet werden. Genau wie die Videoaufnahmen aus dem Schlachthof.

Beweise auch bei Stadtverwaltung sichergestellt

Die Polizei war deshalb auch in der Stadtverwaltung und hat Dokumente sowie Datenträger sichergestellt. Da ging es um das Verfahren gegen die amtliche Tierärztin. Die Stadt habe den Beamten alle gewünschten Informationen und Dokumente zur Verfügung gestellt, so Oberbürgermeister Herzing.

Vorwurf: Kühe und Schweine beim Schlachten gequält

Die Bayerische Kontrollbehörde hat den Betrieb des Aschaffenburger Schlachthofs bis auf Weiteres eingestellt, nachdem Vorwürfe über schwerwiegende Tierschutzrechtsverstöße publik geworden waren. Die SOKO Tierschutz hatte der Behörde Filmmaterial zugespielt, woraufhin die KBLV den Schlachthof unangekündigt durchsucht und sofort geschlossen hatte. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie Schweine und Kühe beim Schlachten gequält werden, zum Beispiel mit Elektroschocks. Schweinen sollen die Augen herausgerissen worden sein. Kühe sollen bei vollem Bewusstsein geschlachtet worden sein. Darüber hatte diese Woche das ARD-Magazin "Fakt" berichtet und einige Aufnahmen gezeigt.

Der Schlachthof-Betrieb darf den Betrieb nach aktuellem Stand erst wieder aufnehmen, wenn gewährleistet ist, dass alle tierschutzrechtlichen Vorgaben durchgehend eingehalten werden.

Tote Schweine hängen in einem Schlachthof (Symbolbild).
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jan Woitas
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Im Skandal um den Aschaffenburger Schlachthof hat Oberbürgermeister Jürgen Herzing informiert. Die Stadt gründet nun eine Task Force.

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