Zwei Männer schauen unter einer Brücke auf eine Autobahn
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Verkehrspolizisten auf der Suche nach "Handy-Sündern".

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Ablenkung als Unfallursache - Handy-Kontrollen auf A73

Handy am Steuer, das wird teuer: Obwohl dieser Spruch inzwischen altbekannt ist, erwischt die Polizei häufig Verkehrsteilnehmer, die während der Fahrt ihr Smartphone nutzen. Die Polizei setzt auf Kontrollen und Prävention - zum Beispiel an der A73.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Mit einer Kamera hat sich Verkehrspolizist Alexander Linke unter einer Brücke an der A73 bei Grub am Forst auf die Lauer gelegt. Bis zu 18.000 Fahrzeuge rauschen hier pro Tag durch Oberfranken in Richtung Suhl. Zusammen mit einem Kollegen will Linke Handysünder auf frischer Tat ertappen. Ein Teleobjektiv ermöglicht dem Polizisten einen Blick direkt auf die Fahrzeugführer, bei Verstößen drückt er blitzschnell auf den Auslöser.

Moderne Technik und Zusammenspiel der Polizei

Es sei erschreckend, wie viele Verkehrsteilnehmer mit einem Smartphone in der Hand oder am Ohr unterwegs seien, auch auf der Autobahn, berichtet Linke. Wenn ein Fahrzeug in Schlangenlinien fahre oder besonders langsam unterwegs ist, sei das oft ein Hinweis auf einen abgelenkten Fahrer – und häufig sind technische Geräte der Auslöser.

Die Bilder der Handysünder schickt der Verkehrspolizist weiter an die Kollegen an der Kontrollstelle, ein paar Kilometer nördlicher auf einem Parkplatz bei Ebersdorf. Linkes Kollege funkt die Daten der entsprechenden Fahrzeuge an einen Motorrad-Polizisten. Dieser wartet ein paar hundert Meter weiter in einer Haltebucht und eskortiert die Ertappten zur Kontrollstelle.

Warum die direkte Ansprache mehr bringt

Dort warten mehrere Polizisten auf die Verkehrsteilnehmer, erklären ihnen die Lage und zeigen ihnen die Fotos mit den Verstößen. Solche Kontrollaktionen sind aufwändig, aber lohnend, sagt Volker Fiedler, der Dienststellenleiter der Verkehrspolizeiinspektion Coburg. Das Unrechtsbewusstsein und die Einsicht der Kontrollierten seien durch Gespräche und Aufklärung noch eher vorhanden, als wenn sie ein paar Wochen später ein vorgefertigtes Formular mit einer formlosen Zahlungsaufforderung im Briefkasten fänden, so Fiedler.

Welche Ausreden die Verkehrspolizei hört

Inzwischen ist der Fahrer eines Transporters zum Kontrollpunkt eskortiert worden. Er hatte sein Smartphone am Ohr, die Bilder belegen das. Das will der Fahrer allerdings nicht wahrhaben – er habe sich ein Mäppchen an den Kopf gehalten und dabei nachgedacht. Für Verkehrspolizist Stefan Heinrichs klingt das unglaubwürdig und nach einer Ausrede. Immer wieder versuchten ertappte Handysünder, mit einer Geschichte die drohende Strafe zu umgehen, in den allermeisten Fällen ist das aber erfolglos. Die Bilder als Beweise lassen keinen anderen Schluss zu.

Auch wenn sich der Transportfahrer noch ein paar Minuten ärgert, er wird wohl um eine Strafe von insgesamt fast 130 Euro und einem Punkt in Flensburg nicht herumkommen. Andere Ertappte an der Kontrollstelle ärgern sich zwar, sehen die Verstöße aber ein und werden in Zukunft am Steuer die Hände vom Handy lassen - das gelobt zumindest ein Urlauber aus Südbayern, der in die Kontrolle geraten war.

Polizei zieht positives Fazit

Am Ende der zweistündigen Kontrolle an A73 hat die Verkehrspolizei Coburg insgesamt 19 Verstöße festgestellt. Zwölf Fahrer waren nicht angeschnallt, ein "Beifang" der Handykontrolle. Sieben Fahrer hatten ein Smartphone am Ohr oder in der Hand. Oliver Proft, der stellvertretende Dienststellenleiter, ist mit der Kontrollaktion zufrieden. Die meisten Kontrollierten hätten Einsicht gezeigt, ein Ziel der Aktion ist damit erreicht. Dennoch werde die Polizei auch in naher Zukunft wieder Kontrollen durchführen, denn mit einer einzelnen Aktion sei dem Problem nicht beizukommen.

Bayernweit fast 36.000 Handy-Verstöße im ersten Halbjahr

Die an diesem Kontrolltag festgestellten sieben Fälle der Verkehrspolizei Coburg fließen in die gesamtbayerische Statistik mit ein. Diese zeigt, dass bei vielen Verkehrsteilnehmern das Bewusstsein für die Gefahren durch eine Handy-Ablenkung im Straßenverkehr zumindest teilweise fehlt. Bis Ende Juni dieses Jahres wurden bayernweit fast 36.000 Verstöße festgestellt, im vergangenen Jahr waren es 65.000, wie Zahlen des Innenministeriums auf Anfrage von BR24 zeigen. Das Ministerium weist darauf hin, dass die statistischen Zahlen der vergangenen Jahre stark durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt waren. 2019, dem Jahr vor der Pandemie, wurden mehr als 79.000 Fälle entdeckt.

Nach Angaben des Innenministeriums wird die Unfallursache der Ablenkung durch elektronische Geräte seit Anfang 2021 bundesweit in das Unfallursachenverzeichnis aufgenommen. Seitdem könnten diese Unfälle statistisch besser festgehalten und ausgewertet werden. Das Innenministerium geht aber davon aus, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr hoch und die Aussagekraft nur bedingt belastbar ist. Der Grund dafür sei, dass nur eindeutig festgestellte Verstöße den Eintrag als Unfallursache zulassen und dies in vielen Fällen den Betroffenen nicht nachzuweisen sei, heißt es in einem Schreiben.

2022 drei Verkehrstote in Bayern durch Handy-Ablenkung am Steuer

Nach Angaben des Ministeriums wurden in Bayern im vergangenen Jahr 129 Verkehrsunfälle mit Personenschaden mit der Unfallursache Ablenkung durch elektronische Geräte polizeilich aufgenommen, 2021 waren es 133. Drei Menschen kamen im vergangenen Jahr bei solchen Unfällen ums Leben, 180 wurden verletzt. Im Jahr 2021 starben vier Menschen nach Unfällen durch Ablenkung durch elektronische Geräte, 173 erlitten Verletzungen.

Die Polizei in Bayern versucht, mit präventiven Veranstaltungen, wie beispielsweise dem Landestag für Verkehrssicherheit und Kontrollen, und Schwerpunktaktionen zum Thema Ablenkung solche Unfälle zu verhindern und die Verkehrsteilnehmer zu sensibilisieren.

Mann mit Funkgerät schaut auf eine Kamera.
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Beim Autofahren einen kurzen Blick aufs Handy zu werfen, kann gravierende Folgen haben. Die Polizei führt deshalb vermehrt Handykontrollen durch.

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