Ein Lehrer hilft einer Schülerin mit einer Aufgabe an der Tafel.
Bildrechte: BR/Julia Müller

Nach einer Studie liegt die Schulabbrecher-Quote in Hof höher als in jeder anderen deutschen Stadt und weit über dem Bundesdurchschnitt.

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Wie Bayern die hohe Zahl der Schulabbrecher in Hof senken will

Nirgendwo in Deutschland verlassen so viele junge Menschen die Schule ohne Abschluss wie in Hof. Der Staat will etwas dagegen tun – mit einem Hilfsmittel, das eigentlich für viel größere Städte vorgesehen ist. Der Stadt zufolge genügt das aber nicht.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Es war schon der zweite Runde Tisch in Hof, bei dem sich die örtlichen Fachleute die Köpfe darüber zerbrachen, wie es mehr junge Menschen in Hof bis zum Schulabschluss schaffen können. Zwei Schwerpunkte haben sie identifiziert: zum einen die Elternarbeit. Über die Sommerferien soll ein Konzept erarbeitet werden, um auch Eltern zu erreichen, die von sich aus den Kontakt zur Schule meiden. Zum anderen das Thema Schulschwänzer. Künftig soll mit Beteiligung des Gesundheitsamts und von Amtsärzten verhindert werden, dass Kinder mit falschen Attesten dem Unterricht fernbleiben.

Schulabbrecher-Quote in Hof deutschlandweit am höchsten

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung vom Frühjahr liegt die Schulabbrecher-Quote in Hof mit 27,7 Prozent höher als in jeder anderen kreisfreien deutschen Stadt und weit über dem Bundesdurchschnitt von sechs Prozent. Unter den Landkreisen verzeichnet Wunsiedel bayernweit die höchste, deutschlandweit die dritthöchste Quote. Der Wert in Wunsiedel liegt bei rund zwölf Prozent.

Im Mai war eine Abordnung aus Hof bei Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (FW). Der versprach damals, dass Hof bei der Berechnung der Lehrerstunden einen sogenannten "Integrationszuschlag" erhalte. Solche Zusatzstunden gebe es eigentlich nur für Großstädte, aber Hof sei den Großstädten aufgrund des hohen Anteils mit Familien mit Migrationshintergrund gleichzusetzen. In Hof wohnen etwa 45.000 Menschen, den Integrationszuschlag gibt es eigentlich nur für Städte ab 100.000 Einwohner.

Wie viele Lehrer kommen zusätzlich?

Wie viele zusätzliche Lehrer und Lehrerinnen in der Folge nach Hof kommen werden, steht laut der Hofer Oberbürgermeisterin Eva Döhla (SPD) noch immer nicht fest, das Hofer Schulamt soll die Zahlen in den nächsten Tagen erfahren. Das allein werde jedoch nicht die große Trendwende bringen, so die Oberbürgermeisterin, es sei aber ein Baustein von mehreren. Ein weiterer: mehr Hilfe vom bayerischen Sozialministerium.

Es brauche an den Schulen in der Stadt mehr Schulsozialarbeit, so Döhla. Sozialarbeit sei in den Schulen ein ganz wesentlicher Schlüsselfaktor dafür, dass das Lernen gelingen kann, so Döhla gegenüber BR24.

Gründe: Strukturwandel, Armut, Migrationsanteil

Einer der Gründe für die hohe Zahl an Schulabbrechern sei die lokale Sozialstruktur, lautet die Einschätzung der Stadt. Hof habe als einst wichtiger Industriestandort einen starken Strukturwandel durchgemacht. In der Stadt lebten viele kinderreiche Familien mit geringen finanziellen Rücklagen, der Migrantenanteil sei hoch: "Hof ist bei den Zuwandererzahlen mit den Großstädten München, Nürnberg oder Augsburg vergleichbar", so ein Sprecher der Stadt.

"Kein Notstand" an den Hofer Schulen

"Wir haben keine Notstände jetzt an den Schulen", betont Oberbürgermeisterin Döhla: "Aber wir haben einfach sehr viel Kinder, die es aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Umfelds oder ihrer Familie einfach nicht bis zum Abschluss schaffen." Der Freistaat verantworte das schulische Angebot und müsse für eine ausreichende Ausstattung mit Personal sorgen – "sodass jedes Kind auch eine Chance hat, einen Abschluss zu erwerben."

Die vergleichsweise geringste Zahl an Schulabbrechern in Bayern verzeichnet laut der Bertelsmann-Studie übrigens der oberbayerische Landkreis Eichstätt: Dort liegt die Quote bei 1,6 Prozent, das ist auch bundesweit ein Spitzenwert. "Der Landkreis hat in den vergangenen Jahren in die Schulsozialarbeit, also in die Unterstützung der Lehrkräfte an den Schulen durch sozialpädagogisches Personal, sehr viel investiert und die Stellen und Finanzmittel deutlich gesteigert", sagt ein Sprecher des Eichstätter Landratsamtes auf die Frage nach den Erfolgsfaktoren.

Zusammenhang zwischen Arbeitslosen- und Schulabbrecherquote

Außerdem habe man in den vergangenen Jahren viele Schulen neu gebaut, renoviert oder modernisiert. Auch gebe es einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosen- und Schulabbrecherquote, sagt der Sprecher der Landkreisbehörde. Der Landkreis Eichstätt hat auch mit die niedrigste Erwerbslosenquote in Deutschland. "Kein Abschluss und kein Beruf sind somit die Ausnahme und bereits dem Elternhaus eher unbekannt", so der Sprecher.

Hof wies zuletzt eine Arbeitslosenquote von knapp unter sechs Prozent auf, in Eichstätt lag sie Anfang des Jahres bei etwas mehr als zwei Prozent.

Mit Informationen von dpa.

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