Norwegische Waldkatze - Katzenhaarallergie
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Katzenhaarallergiker reagieren auf ein Protein im Speichel von Katzen allergisch, nicht auf die Haare des Tieres.

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Katzenallergie - Katzen-Impfstoff hängt in der Warteschleife

Seit 2013 arbeitet ein Forscherteam des Universitätsspitals Zürich an einem neuartigen Impfstoff gegen Katzenallergie. Neuartig, weil die Katze den Impfstoff verabreicht bekommen soll, nicht der Mensch. Das macht Probleme bei der Zulassung.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Ein Forscherteam um Professor Dr. med. Thomas Kündig vom Universitätsspital Zürich hat einen neuartigen Impfstoff entwickelt, mit dem Katzen geimpft werden sollen, damit Menschen nicht mehr so allergisch auf die Tiere, häufig ihre geliebten Haustiere, reagieren. Das sorgt für Aufregung unter Tierschützern, die die Forscher "übel beschimpften", wie Kündig sagt, und für Probleme, den Impfstoff zuzulassen.

Katzenallergie - Katzen-Impfstoff trifft auf Behörden-Wahnsinn

Die Zulassung des Impfstoffs HypoCatTM hängt seit Jahren in der Warteschleife, weil sich die Behörden, die Arzneimittel für Menschen verwalten (EMA, FDA human), nicht zuständig für einen Katzen-Impfstoff fühlen. Behörden, die für Tiere zuständig sind (EMA veterinär, FDA animal), haben wiederum die Auflage, dass ein Tier von einem Arzneimittel profitieren muss. Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister beim Impfstoff gegen Katzenhaarallergie aus Zürich. Die Forscher aus Zürich argumentieren, dass die Impfung den Tieren nicht schadet, was unter anderem mit toxikologischen Studien nachgewiesen wurde, und geben als Nutzen unter anderem an, dass die Tiere nicht im Tierheim abgegeben werden, weil ihre allergischen Besitzer nicht mehr so stark auf sie reagieren.

Die Tier-Abteilungen der EMA und der U.S. Food and Drug Administration (FDA), das ist die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel für Mensch und Tier, reiche das nicht als Nutzen für ein Tier, sagt Professor Kündig. Die Angst, dass "Designer-Tiere" erschaffen werden, sei groß und es werde grundsätzlich infrage gestellt, ob "Katzen überhaupt gestreichelt werden wollen", so Kündig weiter. Der Industrieverband Heimtierbedarf Deutschland (IVH) meldete in einer Pressemitteilung vom März 2019, dass Katzen gestreichelt werden wollen, aber Haustierbesitzer auf die Signale der Tiere achten sollen, die Stellen streicheln, die dem Tier angenehm seien und auch die Streichelgeschwindigkeit individuell ans Tier anpassen.

In diesem regulatorischen Niemandsland bewegen sich die Forscher aus Zürich derzeit. So schnell werden sie auch nicht herauskommen, denn die Behörden, die für Arzneimittel-Zulassungen zuständig sind, "geben aber auch keine Hinweise, was sie wollen", sagt Kündig. Man bleibe dran, aber mit der geplanten Zulassung im Jahr 2022 werde es nichts.

Antikörper in Katzenfutter

Hersteller von Katzenfutter hatten es leichter als die Forscher aus Zürich: Sie gaben die Antikörper einfach als Nahrungsergänzungsmittel in Katzenfutter und brauchten dafür keine Zulassung. Allerdings reduzieren die Antikörper aus Futter das Protein "Fel d 1" nur um den Faktor 1,5, wirken also nur halb so stark wie die Antikörper, die per Impfung verabreicht werden sollten. Vergleichen kann man Katzenfutter mit Antikörpern mit einer Art Mundspülung für Katzen, sagt Kündig.

Katzenhaarallergie - Was passiert bei der Katzen-Impfung?

Für den Katzenimpfstoff aus Zürich wurde das katzeneigene Protein "Fel d 1", das im Speichel steckt, so verändert, dass der Katzen-Körper es für ein Virus hält. Wird der Katze der Impfstoff gespritzt, bildet sie Antikörper. Diese binden das stark allergene Protein, neutralisieren es und machen es weniger aggressiv. So sollen bei Menschen mit Katzenhaarallergie die Symptome gelindert werden. Tests haben inzwischen gezeigt, dass die Impfung dafür sorgt, dass Katzen dreimal weniger des Allergens produzieren. Ähnlich ist es bei Katern: Werden sie kastriert, produzieren sie dreimal weniger des Proteins. Die Forscher hatten sich eine stärkere Wirkung erhofft, "aber immerhin", sagt Kündig. Für stark allergische Menschen wird das allerdings nicht reichen, um allergische Reaktionen zurückzudrängen.

Therapien, bei denen im Labor hergestellte Antikörper gegen Proteine eingesetzt werden, gibt es auch beim Menschen. Sie werden monoklonale Antikörper-Therapien genannt und zum Beispiel bei rheumatologischen Erkrankungen eingesetzt. Zum Test wurden sie auch auf SARS-CoV-2 angesetzt, konnten aber nicht überzeugen. In toxikologischen Tests mit rund 100 Katzen hat Professor Thomas Kündig und sein Team nachgewiesen, dass die Impfung für Katzen verträglich und sicher ist. Die Tiere werden auch nicht unfruchtbar. Das Protein "Fel d 1" soll keinesfalls ganz abgeschaltet werden. Die Studie wurde im Mai 2019 im Fachmagazin "Journal of Allergy and Clinical Immunology" veröffentlicht. Auch für Hunde ist ein solcher Impfstoff angedacht, er ist aber komplizierter herzustellen.

Info: Katzen-Protein "Fel d 1"

Alle Katzen besitzen das Protein "Fel d 1", unabhängig von der Rasse. Das gilt auch für Nacktkatzen und die Rasse Cornish Rex, obwohl man immer wieder das Gegenteil liest. Alle Katzen schlecken sich und verteilen das Protein mit dem Speichel aufs Fell, Nacktkatzen entsprechend auf Hautschuppen.

Warum Menschen allergisch auf Katzen reagieren

Besonders viele Menschen mit Tierhaarallergie sind gegen Katzen allergisch. Forscher schätzen, dass rund zehn Prozent der Bevölkerung in Industrienationen betroffen ist. Dabei reagieren Allergiker auf bestimmte tierische Proteine der Katze, die auf den Hautschuppen, den Haaren, im Speichel und in der Tränenflüssigkeit der Tiere zu finden sind, nicht auf die Haare selbst.

Katzen verteilen die Proteine beim Schlecken auf ihr Fell. Allergiker müssen Katzen nicht einmal berühren, um mit juckender Haut, tränenden Augen und allergischem Schnupfen zu reagieren. Es reicht, wenn sie in Kontakt mit Katzenhaaren kommen oder die Proteine über Luftpartikel einatmen. Eine Katzenallergie kann sich zu Asthma auswachsen. Bislang haben Katzenallergiker mit Katze nur drei Möglichkeiten, sich zu behelfen: Ihre Symptome behandeln, jahrelang eine Desensibilisierung machen oder ihr geliebtes Haustier abgeben.

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