Ein Mitarbeiter eine Möbelherstellers baut ein Sofa zusammen.
Bildrechte: BR/Andi Ebert

Das Unternehmen Ponsel ist einer von 15 Polstermöbelherstellern in Bayern, die alle ihren Sitz in Oberfranken haben.

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Polstermöbel aus Oberfranken: Wie eine Branche der Krise trotzt

Das Zentrum der bayerischen Polstermöbelindustrie liegt in Oberfranken – doch die Branche hat zu kämpfen. Viele Unternehmen haben aufgegeben. Ein Familienbetrieb aus dem Kreis Coburg stemmt sich bislang erfolgreich gegen den Abwärtstrend.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Im Sekundentakt hallt das knallende Geräusch von Drucklufttackern durch die Fertigungshalle in Weidhausen im Landkreis Coburg. Auf großen Wägen schieben Mitarbeiter Holzgestelle und Schaumstoffberge an ihre Plätze. Im Familienunternehmen Ponsel entstehen seit mehr als 70 Jahren Polstermöbel.

Polstermöbel mit langer Tradition in Oberfranken

Die Herstellung von Polstermöbeln ist aufwändig, erzählt Geschäftsführer Axel Faber bei einem Rundgang durch den Betrieb. Bis zu 15 Arbeitsschritte sind notwendig, bis beispielsweise eine Couch die Fertigung in Weidhausen verlässt und in Möbelhäusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz angeboten wird. Viele Teile müssen zusammengesetzt werden, vieles ist nach wie vor harte Handarbeit. Die Gestelle müssen passgenau mit Stoff oder Leder bespannt, der Schaumstoff in die Polstertaschen vernäht und die Technik verbaut werden. 170 Angestellte arbeiten in Weidhausen, etwa 140 davon in der Produktion.

Die Polstermöbelherstellung in Oberfranken hat eine lange Tradition, berichtet Martin Schmitz, der Wirtschaftsförderer des Landkreises Coburg. Diese Unternehmen entwickelten sich mit zunehmender Industrialisierung aus bereits ansässigen Korbflechtern in der Region. Für das Coburger Land entstand so im Laufe der Zeit ein wichtiger und dynamischer Wirtschaftszweig, so Schmitz. Auch viele nachgelagerte Betriebe, wie Gestellschreiner, Federnhersteller oder Beschlagproduzenten sorgten für wirtschaftliche Stärke und Arbeitsplätze in der Region. Der Polstermöbelhersteller Ponsel in Weidhausen hat sich ebenfalls aus einem solchen Korbflechtunternehmen entwickelt. Das Unternehmen ist damit noch eines von vier im Landkreis Coburg, in den vergangenen 30 Jahren sind etwa 16 Polstermöbelunternehmen verschwunden. Zuletzt stellte Arco nach rund hundert Jahren seinen Betrieb ein.

Großer Druck für Polstermöbelhersteller

Der Druck für Polstermöbelhersteller wie das Unternehmen Ponsel ist stetig gewachsen, erzählt Axel Faber. Das liege zum einen an der gewachsenen Marktmacht der Einkaufsverbände, mit denen die Hersteller verhandeln. Diese Verbände sorgen dafür, dass die Polstermöbel in großen und überregionalen Möbelhäusern stehen.

Zum anderen stehen die oberfränkischen Produzenten mit preiswerteren Polstermöbeln aus dem Ausland, oft aus Osteuropa, in Konkurrenz. Gegen die billigeren Anbieter wollen die Oberfranken vor allem mit Qualität, Innovationen und Verlässlichkeit punkten, was für das Unternehmen Ponsel in den vergangenen Jahren offensichtlich funktioniert hat.

Axel Faber bedauert es, dass viele Unternehmen in den vergangenen Jahren aufgeben mussten oder die Produktion verlagert haben. Der Wegfall der Produzenten im Landkreis Coburg und in Oberfranken schwäche die Region. Dass das Unternehmen Ponsel im Gegensatz zu anderen durchgehalten habe und gut dastehe, liege vermutlich an verschiedenen Punkten wie Modellpolitik, Stoffen, dem Erkennen von Trends, oder der Liefertreue. Auch im Familienunternehmen in Weidhausen sei nicht alles leicht und rosig, man müsse jeden Tag kämpfen.

15 Polstermöbelhersteller kommen aus Oberfranken

Jochen Winning vom Verband der Holzwirtschaft und Kunststoffverarbeitung Bayern/Thüringen kennt die Probleme und gleichzeitig die Stärke der Polstermöbelhersteller genau. Im Verband sind 15 bayerische Polstermöbelhersteller organisiert, alle mit Sitz in Oberfranken. Deutschlandweit sind es noch 34 Produzenten.

Generell spüre die Branche momentan eine gewisse Kaufzurückhaltung, die Verbraucher seien verunsichert und wüssten nicht genau, ob sie ihr Geld beispielsweise für Energie oder für die Einrichtung der Wohnung ausgeben, oder sich doch lieber zurückhalten sollten.

Verband setzt auf Qualität, Innovationen und Nachhaltigkeit

Der bayerisch/thüringische Branchenverband ist Mitglied im Verband der Deutschen Möbelindustrie. Der Verband setzt für seine Mitglieder auf Qualität, Innovation und Nachhaltigkeit. Diese Themen seien auch auf der in der vergangenen Woche zu Ende gegangenen internationalen Möbelmesse in Köln ein zentrales Thema gewesen, so Winning. Zwar schauten die Kunden in den Möbelhäusern natürlich auch auf den Preis, dieser sei aber nicht allein kaufentscheidend. Man stelle generell eine Tendenz zur Qualität fest und spüre, dass der Kunde vor dem Kauf wissen wolle, welches Möbelstück er kaufe, wie und wo es produziert werde. Das freut Winning und zeige, dass der Verband und die oberfränkischen Hersteller auf dem richtigen Weg seien.

Die Themen Nachhaltigkeit und kurze Wege sind in der oberfränkischen Polstermöbelindustrie quasi historisch angelegt. Die Struktur und das Zusammenspiel zwischen den Herstellern und den Zulieferern funktioniert noch. Auch das Unternehmen Ponsel bezieht einen Großteil seiner Komponenten für Sofas, Sessel und Stühle von Unternehmen im Umkreis, berichtet Moritz Faber, der für den Einkauf bei Ponsel zuständig ist. Mit Lieferanten vor Ort könne man auch kurzfristig planen, Sonderanfertigungen oder kleinere Mengen bestellen. Das bringe viele Vorteile im Vergleich zu Lieferanten aus Fernost, so Moritz Faber.

Auch in Zukunft Polstermöbel "Made in Oberfranken"

Die gewachsene Struktur, die hohe Qualität und Familienunternehmen, die vor Ort Investitionen tätigen, stimmen Jochen Winning vom bayerischen Branchenverband positiv. Auch in Zukunft werde es noch Polstermöbel "Made in Oberfranken" geben, wenn man weiter den Weg der Qualität und der Nachhaltigkeit gehe. Ein weiterer wichtiger Punkt werde es dabei auch sein, diese Werte dem Verbraucher zu vermitteln und ins Bewusstsein zu rufen. Von Seiten der Politik wünscht sich Winning Planbarkeit für Investitionen und den Abbau von Bürokratie für die mittelständischen Unternehmen.

Anmerkung der Redaktion: In einer ursprünglichen Version hieß es, dass alle bayerischen Polstermöbelhersteller aus Oberfranken kommen. Auf Hinweis eines BR24-Lesers haben wir die entsprechende Passage richtiggestellt.

Im Video: Oberfranken als Zentrum der bayerischen Polstermöbel-Industrie

Zwei Männer betrachten eine blaues Polstermöbel und unterhalten sich.
Bildrechte: BR
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Die Polstermöbel-Branche steht unter Druck. Ein Familienunternehmen aus dem Landkreis Coburg stemmt sich dagegen mit Erfolg.

Dieser Artikel ist erstmals am 24. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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