Ein Firmenlager und ein Stapler
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Die Firma Hefele in Plattling ist auf Strom angewiesen: bei Elektrostaplern, Beleuchtung und vielem mehr.

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Strompreise und Mittelstand: Warten auf ein Wunder

Die Energiekrise stürzt viele Unternehmen in die Krise: Teils laufen Stromverträge aus und müssen neu verhandelt werden - zu horrenden Strompreisen. Was tun? Der BR hat ein niederbayerisches Unternehmen bei der Suche nach Antworten begleitet.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Stefanie Fertl leitet gemeinsam mit ihrem Vater das Sanitär-Unternehmen Hefele mit über 230 Mitarbeitern in Plattling im Kreis Deggendorf. Mit den steigenden Energiepreisen wachsen auch ihre Sorgen. Ein aktuelles Angebot der Plattlinger Stadtwerke für das Jahr 2023 zeigt eine Stromkosten-Steigerung um das Zwölffache: von 5,5 Cent pro Kilowattstunde auf dann über 70 Cent. Für die jährlichen Betriebskosten heißt das eine Steigerung von über einer halben Million Euro.

"Das ist ein krasser Faktor für unseren Betriebserfolg", so Fertl. Sie macht sich Sorgen, wie es weitergeht. Kann sie das Angebot annehmen? Wie soll sie das stemmen? Es sind Fragen wie diese, die sie umtreiben.

Mittelständische Unternehmen von Politik vergessen?

Und damit ist sie nicht alleine. Auf BR24-Nachfrage heißt es vom Deutschen Mittelstands-Bund (DMB): "Die bislang beschlossenen Entlastungsmaßnahmen beziehungsweise die drei Entlastungspakete haben sich auf die Entlastung von Privathaushalten und Großindustrie konzentriert. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) werden von diesen Maßnahmen allerdings viel zu gering und nicht spezifisch genug adressiert", so Marc S. Tenbieg, Geschäftsführender Vorstand des DMB.

Für Unternehmen fehle die so dringend benötigte Planbarkeit und Verlässlichkeit, wie es vom DMB weiter heißt. "Seitens der Regierungskoalition wird dann etwa eine Entlastung bei den Strompreisen verkündet, ohne dass Details dazu feststehen."

Deutscher Mittelstands-Bund fordert Weiterbetrieb von Isar 2

Der DMB fordert unter anderem eine Strompreisbremse. Aber auch den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Isar 2: "Mittel- und langfristig eignet sich Atomkraft aus unserer Sicht nicht als Teil einer kostengünstigen und klimafreundlichen Energieversorgung. Da es in der jetzigen Situation allerdings darum geht, sämtliche verfügbaren Erzeugungskapazitäten zu nutzen, wären wir dafür offen, Isar 2 auch über das geplante Abschaltdatum Ende dieses Jahres hinaus zu betreiben."

Ähnlich sieht das auch Stefanie Fertl. Jedoch muss sie sich bald entscheiden: Nimmt sie das Strom-Angebot der Stadtwerke für 2023 an oder nicht? Daher wollte der BR von den Plattlinger Stadtwerken wissen: Gibt es beim Strom-Angebot für die Firma Hefele für nächstes Jahr noch Verhandlungsspielraum?

Eine Frau und ein Mann sitzen an einem Tisch
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Gemeinsames Gespräch zwischen Unternehmen und Stadtwerken: Horrende Strompreise machen beiden Seiten zu schaffen.

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Stadtwerke: "Wir sind auch ein Betrieb"

Beim Gesprächstermin zwischen der Firma Hefele und den Plattlinger Stadtwerken macht Stadtwerkechef Stefan Kopp gleich zu Beginn klar, dass die Stadtwerke nicht viel tun können: "Wir kaufen den Strom über den Börsenpreis ein." Kopp hat Verständnis für die Situation von Firmen wie Hefele. Aber: "Verstehen Sie auch unsere Situation: Wir sind auch ein Betrieb, auch wir müssen schauen, dass es weitergeht."

Strompreise abhängig von Gaspreisen

Stefan Kopp erklärt, dass die Steigerung der Strompreise auch mit den hohen Gaspreisen zusammenhängt. Strom wird auch über Gaskraftwerke erzeugt. An der Strombörse in Leipzig bestimmt immer das teuerste Kraftwerk, das gerade noch notwendig ist, um den Strombedarf zu decken, den Gesamtpreis. Das nennt sich "Merit Order". Die Gaskraftwerke wurden aktiviert - und bestimmen den extrem hohen Preis für den gesamten Strom.

Stromsparen vs. Sicherheit

In der Plattlinger Firma Hefele ist man aber auf Strom angewiesen, wie bei den Elektrostaplern in der Halle. Hoher Stromverbrauch findet sich auch in der Bäderausstellung: Duschen oder Waschbecken sollen hier glänzen und strahlen - nur so kann das Unternehmen dem Online-Handel trotzen, wie Fertl sagt: "Wie etwas wirkt, darauf hat das Licht einen großen Einfluss."

Zugleich wird aber auch Strom gespart. Allein die Hofbeleuchtung würde beim aktuellen Strompreisangebot mehr als 12.000 Euro im Jahr kosten. Deswegen hat man auf LED umgerüstet. Ganz verzichten geht aber nicht: "Die große Herausforderung ist ja, einen Mittelweg zu finden zwischen 'wir sparen Strom und wir bekommen ein Sicherheitsproblem'", so Fertl.

Verständnis, aber kein Entgegenkommen

Der Gesprächstermin zwischen der Firma und den Stadtwerken hat gezeigt: Es gibt keinen Verhandlungsspielraum beim Strompreis-Angebot, dafür gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Lage, so Fertl und Kopp. Nichtsdestotrotz: Das teure Strompreis-Angebot nimmt Unternehmenschefin Stefanie Fertl nicht an - sondern will auf ein Wunder warten, wie sie sagt.