Sie sind derzeit Favorit der Bundesregierung, die Wärmepumpen. Sie funktionieren wie eine umgekehrte Klimaanlage und arbeiten dabei oft ziemlich geräuschvoll.
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Wärmepumpen arbeiten dabei oft ziemlich geräuschvoll.

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Wärmepumpen: Vorgaben in Kommunen sehr unterschiedlich

Das Gebäudeenergiegesetz erhitzt weiter die Gemüter. Für neue Heizungen ist die Wärmepumpe Favorit der Politik. Doch bei der Umsetzung hakt es. Es fehlen beispielsweise einheitliche Vorschriften. Hier sind auch die Kommunen und der Freistaat gefragt.

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Das Gebäudeenergiegesetz, oft auch einfach als Heizungsgesetz bezeichnet, wurde am 8. September verabschiedet. Seither stehen die Leitplanken. Eine Möglichkeit, umweltfreundlich zu heizen, können Wärmepumpen sein. Doch hier gibt es keine einheitlichen Regeln, kritisieren etwa Heizungsbauer.

Hausbesitzerin: "Es ist zu kompliziert!"

Ein Einfamilienhaus in München aus den 90er Jahren. Gisela Lutz und ihr Mann wollen die alte Gasheizung durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe im Vorgarten ersetzen. Doch das ist nicht so einfach. Sie fühlen sich im Behördendschungel gefangen, brauchen eine sogenannte Befreiung von planungsrechtlichen Vorgaben.

"Es ist zu kompliziert", findet Gisela Lutz. "Soll das jeder machen? Wie viel Zeit man da aufwenden muss! Und die Vorgaben mit Schallschutzexperten und Architekt – das verteuert, das verdoppelt ja fast eine Wärmepumpe. Ärgert mich." Da Wärmepumpen sehr laut sein können, wurde von der Lokalbaukommission der Stadt sogar ein Schallgutachten gefordert.

Jede Kommune handhabt es anders

Auch in Gröbenzell steht ein Einfamilienhaus aus den 90ern, das gerade saniert wird. Auch hier soll die alte Gasheizung einer Wärmepumpe weichen. Hier braucht es allerdings keine Befreiung. Jede Kommune handhabt das anders. Handwerker Markus Stumbaum hat schon viele Wärmepumpen eingebaut. Er weiß, wie wichtig ein Sicherheitsabstand zur Grundstücksgrenze des Nachbarn ist, mindestens drei Meter: "Ja, weil wir nicht davon ausgehen, dass wir da später Stress haben wollen mit dem Nachbarn, dass der Bauherr Stress hat mit dem Nachbarn. Deswegen halten wir die drei Meter ein und dann ist es kein Ärger."

Um die Lärmbelästigung der Pumpe zu ermitteln, nutzt Stumbaum einen Schallrechner des Wärmepumpenverbandes. Angaben der Hersteller werden dabei kombiniert mit den Daten der örtlichen Gegebenheiten.

Unterschiedliche Bewertungen und Anforderungen

Im Fall der Hauseigentümerin Gisela Lutz schrieb die Stadt München noch im Juli ausdrücklich, sie erkenne den Schallrechner des Wärmepumpenverbandes nicht an. Dieser liefere keine detaillierte Prognose. "Der Originalton am Telefon war wirklich: 'Das ist wie beim Dieselskandal. Da rechnen die Hersteller alles schön und beschummeln'. Sie hat sich wirklich drastisch ausgedrückt", berichtet Lutz.

Das Bayerische Landesamt für Umwelt weist explizit auf Lärmprobleme hin: "Der oft angegebene Schallleistungspegel […] beschreibt nicht zwingend den lautesten Betriebszustand. [...] es handelt sich vielmehr um eine Angabe für einen ganz speziellen Arbeitspunkt der Luft-Wärmepumpe." Und dieser wird nur im Labor gemessen.

Jede Kommune kann über Abstand und Lärm individuell entscheiden. In einem Leitfaden der Arbeitsgruppen der Länder für Immissionsschutz heißt es sinngemäß, dass die zuständige Behörde im Einzelfall den Betrieb der Anlage untersagen kann.

München: "Versuchen, Aufwand so gering wie möglich zu halten"

Die Lokalbaukommission der Stadt München hat ihre Meinung zum Teil geändert. Der neu angetretene Leiter, Thomas Rehn, verzichtet in Zukunft auf ein Schallgutachten, setzt auf Eigenverantwortung der Bauherren und erkennt den Schallrechner der Branche an. Ein Antrag auf planungsrechtliche Befreiung sei aber aus juristischen Gründen weiter notwendig.

"Wir versuchen hier den Aufwand so gering wie möglich zu halten", erklärt Rehn. "Dass man uns das mit einem Lageplan einfach mitteilt, den Antrag stellt, und wir nach Möglichkeit die Befreiung so einfach wie möglich erteilen können."

Bayerisches Bauministerium: "Keine Abstandsflächen nötig"

Das bayerische Bauministerium würde gerne auf alles verzichten, schließlich soll die Wärmewende zügig vorangehen. Es schickte im Juli ein Rundschreiben an Regierungen und Baubehörden der Bezirke, sowie kommunale Spitzenverbände und die Landesanwaltschaft: Es brauche aufgrund der bayerischen Bauordnung keine Abstandsflächen, also auch keine Befreiung. Die Begründung: "Bei einer Luftwärmepumpe handelt es sich üblicherweise nicht um ein Gebäude. Dafür fehlt es ganz regelmäßig bereits an der Betretbarkeit für Menschen."

Das ist allerdings nur eine Empfehlung und keine rechtssichere Verordnung. Handwerker Markus Stumbaum ist das politische Chaos leid. Kommunale Kompetenzrangelei, der lange Streit um das Heizungsgesetz, er spürt maximale Verunsicherung bei seinen Kunden und nimmt inzwischen nur noch Aufträge an, wenn Heizungen kaputtgehen und ausgetauscht werden müssen.

Handwerker: "Wir fordern einheitliche Regeln"

"Wir und alle Handwerker, die mit Wärmepumpen zu tun haben, fordern eigentlich, dass man mit dem Abstand und der Lärmimmission klare Regeln hat, am besten für alle Gebiete, für alle Baugebiete, für alle Regionen und das wäre für uns der wichtigste Teil, dass es dort vereinheitlicht wird", sagt Stumbaum.

Solange klare Regeln fehlen, ist Streit unter Nachbarn vorprogrammiert. Und dann kommt Mirco Ebersold ins Spiel. Er ist Schallgutachter und kennt viele Fälle, bei denen Anlagen zu laut sind und Grenzwerte der sogenannten TA Lärm, einer bundesweiten Schallschutzregel, überschreiten. Gerade in reinen Wohngebieten ist das ein Problem.

Anlagen oft lauter als auf dem Prüfstand

"Gerade, wenn der Nachtschlaf gestört wird durch Lärmeinwirkungen, kann das erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen haben", erläutert Ebersold. "Bei Luft-Wärmepumpen hat man noch zusätzlich das Problem, dass sie tieffrequente Geräusche emittieren können und gerade dieser tieffrequente Schall kann auch gut in Wohnräume eindringen und dementsprechend zu erheblichen Belästigungen führen."

Anlagen im Einsatz sind oft lauter als auf dem Prüfstand im Labor der Hersteller, das hat auch Mirco Ebersold festgestellt. Häuserwände oder harte Untergründe zum Beispiel reflektieren und verstärken den Schall noch. Und selbst wenn die Grenzwerte vor Ort eingehalten werden, kann es eine Störung des Nachbarn bedeuten.

Aus Sicht des Schallgutachters wäre es eine Möglichkeit, festzulegen, nachts die Richtwerte noch einmal um zehn Dezibel zu unterschreiten, um eine Ruhestörung möglichst zu vermeiden. "Auf der anderen Seite wäre natürlich auch denkbar, das geräteseitig zu regeln, dass zum Beispiel über maximal zulässige Schallleistungspegel für die Geräte sichergestellt ist, dass es beim Nachbarn dann auch nicht zu laut ist." Ebersold empfiehlt, besonders leise Geräte zu kaufen, auch wenn sie deutlich teurer sind. Denn Ärger mit dem Nachbarn kann am Ende noch teurer werden.

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