In den Wahlprogrammen der Parteien finden sich unterschiedliche Konzepte für den Wohnungsmarkt.
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Mehrere Neubauten (Symbolbild)

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Bezahlbares Wohnen: Was schlagen die Parteien vor?

Bezahlbare Wohnungen sind kaum noch zu finden - vor allem in Ballungsräumen. Die hohen Mieten belasten Familien und alle, die nicht zu den Topverdienern gehören. Diese Wohnungsmarkt-Konzepte befinden sich in den Wahlprogrammen der Parteien.

Alle Parteien wollen nach der Bundestagswahl die Wohnungspolitik verändern, allerdings mit sehr unterschiedlichen Mitteln. Unionsparteien, Freie Wähler, FDP und AfD wollen vor allem mehr Neubauten fördern und zwar durch Steuererleichterungen und den Abbau von Bürokratie. SPD, Grüne und Linkspartei wollen den Anstieg der Mieten in Ballungsräumen per Gesetz stoppen und mehr Sozialwohnungen. Die Linke fordert sogar Enteignungen von Wohnungskonzernen.

CDU/ CSU: Keine Eingriffe in den Markt, aber steuerliche Anreize

Die Wunschvorstellung der Unionsparteien wäre es, in Deutschland bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen. Einen Mietendeckel, wie ihn der Berliner Senat vorgeschlagen hat, hält man bei CDU und CSU für "fragwürdig und ungeeignet". Anstelle solcher Eingriffe setzen CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm auf Investitionsanreize in Form von Steuervorteilen. Die gibt es vor allem für Vermieter, aber auch für das selbstgenutzte Eigenheim.

Zur Förderung von Wohneigentum denkt die Union über einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer nach - von 250.000 Euro pro Erwachsenem plus 100.000 Euro für jedes Kind beim ersten Kauf einer selbstgenutzten Immobilie. Ein Ehepaar mit einem Kind müsste für eine solche Wohnung erst ab einem Kaufpreis von 600.000 Euro die Grunderwerbsteuer bezahlen. Außerdem soll die staatliche KfW-Förderbank sich mit Sonderprogrammen darum kümmern, dass Familien leichter an eine Finanzierung für ihr Wohnungseigentum kommen.

Viele gemeinsame Forderungen über Parteigrenzen hinweg

Solche Forderungen zu Grunderwerbsteuer und anderen Kaufnebenkosten finden sich auch bei FDP, AfD und Freien Wählern:

"Das Leben in den eigenen vier Wänden darf kein Privileg der gesellschaftlichen Eliten sein, sondern muss der Mitte der Bevölkerung zugänglich sein." Aus dem Programm der Freien Wähler

Diesen Satz aus dem Programm der Freien Wähler würden wohl auch Vertreter anderer Parteien unterschreiben. Einzig die Linkspartei konzentriert sich in allen Belangen nur auf die Mieter und bezahlbaren Wohnraum, der von allen anderen aber ebenso gefordert wird.

Sozialwohnungen und Wohngeld

Auch bei Sozialwohnungen sprechen sich die Unionsparteien in ihrem Wahlprogramm allgemein für eine weitere Förderung aus. Wie viele neue Wohnungen damit gebaut werden sollen, bleibt offen. Außerdem soll das Wohngeld, das Sozialmieter vom Staat bekommen, regelmäßig angepasst werden. Damit werden häufig höhere Mieten bezuschusst, damit sie bezahlbar bleiben.

Sonderabschreibung für Bau günstiger Mietwohnungen

Wer neue Mietwohnungen baut, soll mit Sonderabschreibungen dazu animiert werden, auch günstige Wohnungen anzubieten. Von bis zu fünf Prozent von den Anschaffungs- und Herstellungskosten ist da die Rede. Das ist bereits Gesetz und könnte nach der Bundestagswahl einfach fortgesetzt werden.

Beschleunigte Genehmigungsverfahren bei Bauämtern

Damit es beim Bauamt schneller geht, wollen CDU und CSU für die Bearbeitung neuer Bauanträge eine Frist von zwei Monaten setzen, sobald alle erforderlichen Unterlagen eingereicht sind. Aktuell gibt es nicht nur einen Genehmigungsstau sondern auch einen Überhang von bereits genehmigten Bauvorhaben, die nicht ausgeführt werden. Häufig fehlt es an Handwerkern - oder Baufirmen sind schlicht überlastet, um Aufträge für neue Häuser anzunehmen.

FDP und AfD wollen Mietpreisbremse wieder abschaffen

Ähnlich wie die Union planen auch FDP und AfD Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer, mit denen die Kaufnebenkosten sinken sollen. Beide Parteien sind nicht nur gegen einen Mietendeckel, sie wollen auch die bestehende Mietpreisbremse wieder abschaffen. Solche Reglementierungen hätten nicht zu mehr Wohnraum sondern zu einer Verknappung des Angebots geführt. Auch die Freien Wähler sprechen sich in ihrem Programm zur Bundestagswahl gegen den Mietendeckel aus.

Größeres Angebot für Eigentümer und Mieter

Stattdessen sollten mehr Anreize zum Bau neuer Wohnungen geschaffen werden. Ähnlich wie die Unionsparteien setzt auch die FDP in erster Linie darauf, dass mehr gebaut wird und mehr Mieter zu Eigentümern werden. Das wäre auch im Sinne der Altersvorsorge wünschenswert.

Die AfD beschränkt sich in ihren Forderungen vor allem auf den Abbau von Bürokratie. Außerdem könnten staatliche Wohnungsunternehmen ihre Wohnungen den Mieterinnen und Mietern zum Kauf anbieten. Einkommensschwache Mieter will die AfD mit mehr Wohngeld unterstützen.

Freie Wähler mit umstrittenen "Einheimischenmodellen"

Der heimischen Bevölkerung vergünstigt Wohnraum anbieten und "Zugereiste" davon "auszuschließen" ist eine Kernforderung der Freien Wähler. Dass sie selbst die "Einheimischenmodelle" mit Anführungszeichen in ihr Wahlprogramm schreiben, zeigt, dass der Vorschlag rechtlich auf wackeligen Beinen steht.

Die EU stellt die Bevorzugung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, die hier als "einheimisch" beschrieben wird, als unzulässige Beihilfe in Frage und würde gern näher wissen, was die Freien Wähler genau damit meinen.

Bauvorschriften reduzieren und neue Bürgeranleihen kreieren

Ähnlich wie die AfD schlagen auch die Freien Wähler vor, überzogene Bauvorschriften zurückzunehmen. Ähnlich wie die SPD wollen die Freien Wähler die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau aufstocken. Als besonderes Vorbild wird die Stadt München genannt, die mit zweckgebundenen Bürgeranleihen den sozialen Wohnungsbau mitfinanzieren will.

Auch die FDP schlägt eine schnellere Bearbeitung von Bauanträgen vor. Um die Bauvorhaben zu beschleunigen, sollten die Bauordnungen aller Bundesländer angeglichen werden, damit überall einheitliche Anforderungen gelten. Um die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen, wollen die Liberalen einen Baukosten-TÜV einführen, der für alle bestehenden Regelungen gilt. Arbeitsabläufe und Verfahren sollen schneller und günstiger werden. Wie bei der Steuererklärung sollte bundesweit ein zentrales Portal geschaffen werden, wo digitale Bauanträge eingereicht werden können.

Rote und grüne Gegenpositionen zu schwarz-gelb

Im Unterschied zu Union und FDP legen SPD, Grüne und Linkspartei den Schwerpunkt ihrer Wohnungspolitik weniger auf die Bildung von mehr Eigentum, sondern vor allem auf den Bau von Sozialwohnungen und bezahlbarem Wohnraum für Mieter.

Mit den Freien Wählern gibt es aber Überschneidungen links der Mitte. Auch sie fordern mehr finanzielle Freiräume für die Kommunen bei der Schaffung von Sozialwohnungen, etwa durch ein Vorkaufsrecht für Immobilien, die dann umgewandelt werden sollen.

SPD fordert mehr Sozialwohnungen und Mietenmoratorium

Zurzeit fallen deutlich mehr Sozialwohnungen aus ihrer zeitlichen Bindung heraus als neue hinzukommen. Die Bilanz beim bezahlbaren Wohnraum ist damit jedes Jahr negativ. Um diesen Trend umzukehren, wollen die Sozialdemokraten das Gesetz zur Wohnungsgemeinnützigkeit wieder beleben, das es bis 1989 gab. Es sah Maßnahmen vor, um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.

Die SPD wäre dafür, die bestehende und bereits verschärfte Mietpreisbremse per Bundesgesetz auf einen landesweiten Mietendeckel auszuweiten. Sie vermeidet aber das Wort "Deckel" und nennt es in ihrem Wahlprogramm ein zeitlich befristetes "Mietenmoratorium". Es soll in angespannten Wohngebieten greifen, wo die Preise hoch sind.

Ähnliche Vorschläge finden sich auch bei den Grünen und bei der Linkspartei. So würde der Berliner Senat gern weite Teile des Stadtgebiets zu einem angespannten Wohngebiet erklären, indem die Mieten für einen längeren Zeitraum eingefroren werden. Der Effekt wäre ähnlich wie bei dem gescheiterten Mietendeckel, den das Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärte. Die Karlsruher Richter verlangten dafür eine bundesweit einheitliche Regelung, die aber grundsätzlich möglich wäre.

Einschränkungen des Eigentums für Bodenspekulation

SPD, Grüne und Linkspartei wollen die Rechte der Kommunen für mehr Sozialwohnungen stärken. Es sollte künftig möglich sein, beim Verkauf oder der Vergabe von Grundstücken zum Beispiel mit Erbpachtverträgen genau festzulegen, was dort gebaut wird. Reine Bodenspekulation soll verhindert werden, bei der Grundstücke häufig unbebaut weiterverkauft werden.

Für Genossenschaften oder Mietkaufmodelle könnte es Sonderkonditionen geben. Umgekehrt soll eine Abgabe von kommunalen Grundstücken an Unternehmen unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten erschwert werden. Solche Einschränkungen des Eigentums an Grundstücken sind derzeit rechtlich ohne eine Reform des Baugesetzbuchs noch nicht möglich.

Enteignungen ermöglichen und Eigenbedarf erschweren

Noch viel höher wären die rechtlichen Hürden für Enteignungen, wie sie die Linkspartei und einige Bürgerinitiativen bei großen Wohnungsgesellschaften wie Deutsche Wohnen oder Vonovia fordern. Bei SPD und Grünen ist von solchen Enteignungen nicht die Rede und auch nicht bei den anderen Parteien.

Eine andere Einschränkung des Eigentums wäre es, wenn die Eigenbedarfskündigungen von Vermietern grundsätzlich erschwert würden, wie es die Grünen fordern. Auch die Linke will den Eigenbedarf auf die engste Familie einschränken. Wer lange schon in der Wohnung lebt, über 70 Jahre oder krank ist, sollte demnach nicht mehr gekündigt werden können.

Bestehende Mietwohnungen in Eigentum umwandeln

Umstritten ist auch ein Umwandlungsverbot von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, das die Linke fordert. Union, SPD und FDP halten es grundsätzlich für wünschenswert, wenn mehr Mieter zu Eigentümern werden. Die SPD schlägt Mietkaufmodelle vor, bei denen frühere Mietzahlungen auf den Kaufpreis angerechnet werden.

Das wäre am einfachsten in den eigenen vier Wänden möglich, in denen die Mieter zuvor schon gewohnt haben.

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