Ganz ohne Startschwierigkeiten gelang die Einführung des Deutschlandtickets nicht.
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Ganz ohne Startschwierigkeiten gelang die Einführung des Deutschlandtickets nicht.

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Deutschlandticket-Start: Worüber jammert das Netz bis jetzt?

Seit etwas mehr als einer Woche gibt es das Deutschlandticket. Und dazu natürlich allerlei Posts in sozialen Medien über die Unzulänglichkeiten der Deutschen Bahn. Ein Überblick über die geposteten Probleme – mit Lösungswegen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Deutschlandticket ist noch keine zwei Wochen alt, da sorgt schon ein ziemlich massiver Bahnstreik dafür, dass so mancher wieder von der Schiene aufs Auto umsteigen wird. Ab Sonntag, 22 Uhr, stellt die Bahn wegen eines Streikaufrufs der EVG für 50 Stunden den Fernverkehr ein. Auch der Regionalverkehr und damit klassische Deutschlandticket-Strecken werden betroffen sein.

Klagen über das Deutschlandticket: Probleme und Lösungen

Nicht zuletzt daher lohnt wohl jetzt – bevor auch dort das Thema Streik übernimmt – noch einmal ein Blick auf Twitter, wenn man eruieren will, wie die ersten Tage des neuen Deutschlandtickets in der Bundesrepublik verlaufen sind. BR24 hat daher die Tweets der ersten Tage durchgesehen, bestimmte Beschwerde-Muster erkannt und der Deutschen Bahn vorgelegt.

Vorweg ist jedoch zu sagen: Es gibt nicht nur Jammerei über das Deutschlandticket bei Twitter. Viele User zeigen sich sehr positiv, loben das Ticket, freuen sich über die neuen Möglichkeiten beim Pendeln. Manche der Beschwerden beziehen sich zudem auf übergreifende politische Fragen, etwa ob das Ticket für 49 Euro sozial ungerecht ist oder, ob die Landbevölkerung davon überhaupt profitiert. Wir beschränken uns hier bewusst auf konkrete Erfahrungen und Probleme der Nutzung.

1. Volle Züge

Mit Bildern voller Gänge in Zügen und lakonischen Tweets wie "Ich hab einen Sitzplatz. Dinge, die Bahnfahrer seit dem #Deutschlandticket nie sagen." machen Twitter-Nutzer in den vergangenen Tagen darauf aufmerksam, dass das neue Ticket zu überfüllten Zügen führe. Andere wiederum schreiben, dass sich an der Auslastung in ihrem Zug nichts geändert habe.

Die Deutsche Bahn bestätigt auf BR-Anfrage, dass an am 1.-Mai-Feiertag und an den bisherigen Wochenenden vor allem Ausflügler mit Deutschland-Ticket zu volleren Zügen geführt hätten. Aber: "Es gab bislang keinerlei betriebliche Einschränkungen, die auf das neue Ticket zurückzuführen sind", so eine Bahnsprecherin.

2. Warum ist das Ticket nur digital erhältlich?

Ein häufiger Kritikpunkt am Deutschlandticket ist in den sozialen Medien die Tatsache, dass das Ticket nicht einfach am Automaten gezogen werden kann.

Die Deutsche Bahn begründet dies damit, dass Bund und Länder das Deutschlandticket als digitales Abonnement beschlossen haben – und dass die Bahn Abos grundsätzlich nicht an Automaten verkaufen kann. Die Bundesregierung begründet den Verzicht auf Papiertickets an Automaten damit, die Verkehrsbranche stärker digitalisieren zu wollen.

Wer dennoch ein physisches Ticket abseits des eigenen Handys will, kann das Deutschlandticket an Verkaufsstellen der Deutschen Bahn auch als Chipkarte kaufen. Andere Anbieter tun dies teils (noch) nicht, unter anderem da die Karten dafür aktuell rar sind. Übergangsweise wird auch mit Papierkarten gearbeitet, die es aber nicht an Automaten gibt. In jedem Fall ist das Ticket nicht übertragbar und nur mit Lichtbildausweis gültig. Wer mit fremden Tickets fährt, riskiert eine Anzeige.

3. Technische Probleme beim digitalen Ticket-Kauf

Vor allem in den ersten Tagen nach dem Deutschlandticket-Start häuften sich Posts, die Probleme oder eine Überlastung des Bahn-Buchungssystems monierten. Oftmals versehen mit einem Screenshot der Bahn-App oder –Website:

Im Verlauf der Zeit wurden diese Beschwerden weniger. Die Bahn dazu: "Die Buchungssysteme laufen nach ersten Startschwierigkeiten seit Ende der Woche wieder reibungslos: Kund:innen können das Ticket ohne technische Verzögerungen online buchen und sofort nutzen." Einzelne Beschwerden über lange Wartezeiten zwischen Buchung und Ticket-Bereitstellung gibt es jedoch weiterhin:

Über Probleme beim Kauf oder der Umwandlung bisheriger Abotickets in Deutschlandtickets wird zudem nicht nur bei der Bahn geklagt. Auch regionale Nahverkehrs-Anbieter verkaufen das Ticket – und stellen ihre Kunden dabei teils vor Probleme.

Allgemein gilt: Das Deutschland-Ticket ist digital bei zahlreichen Anbietern erhältlich. Sollte eine Buchung bei Anbieter A nicht funktionieren oder lange dauern, kann sich ein Blick auf die Website oder App eines anderen Anbieters lohnen. Wer das Ticket bereits bestellt, aber noch nicht erhalten hat, kann bei der Bahn vorübergehend auch mit der Bestellbestätigung als Ticket-Ersatz fahren.

4. Fehlender Komfort beim digitalen Kauf

Auch Kunden, bei denen das digitale Kaufen des Tickets grundsätzlich funktionierte, hatten in den ersten Deutschlandticket-Tagen Anmerkungen zum Kaufprozess. Da ist einmal der grundsätzliche Ärger über das Abomodell, das jedoch eine Vorgabe der Politik ist. Auch dass das Ticket-Abo nur bis zum 10. jedes Monats gekündigt werden kann, ist laut Bahn in den Tarifbestimmungen festgelegt, an die sich Bahn und andere Verkehrsunternehmen halten müssen.

Doch auch darüber hinaus gibt es Kritikpunkte. Etwa, dass das Deutschlandticket-Abo nicht direkt per Knopfdruck in der Bahn-App, sondern über ein zusätzliches Portal gekündigt werden muss. Auf die Frage, ob eine Ticket-Verwaltung in der Bahn-App geplant sei, ging die Bahn auf unsere Anfrage hin nicht ein. Ebenso wurde der Kritikpunkt, dass eine Bezahlung des Deutschlandtickets derzeit nur mit Lastschriftverfahren und nicht etwa über Bezahlanbieter wie Paypal oder per Kreditkarte möglich sei, folgendermaßen beantwortet: "Für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen bietet die DB nur das SEPA-Lastschriftverfahren an." Änderungen an diesem Vorgehen sind offenbar nicht geplant.

Auch für diese Komfortprobleme gibt es jedoch Lösungsumwege. Der 10.-des-Monats-Kündigungsfrist kann etwa entgehen, wer das Ticket bei der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg kauft. Dort ist das Abo bis zum letzten Kalendertag des jeweiligen Monats kündbar und man kann - anders als bei der Bahn - auch direkt in der NürnbergMOBIL-App kündigen. Wer etwa auf jeden Fall mit Kreditkarte, Google Pay, Apple Play oder Paypal zahlen will, kann das Deutschlandticket etwa in der App Freenow kaufen, die sonst vor allem für das digitale Rufen von Taxis oder Carsharing bekannt ist.

Es zeigt sich: Auch in Sachen Buchungskomfort kann sich Blick zu Anbieter abseits der Bahn oder des Lokalunternehmens lohnen.

5. Denkt auch wer an die Kinder?

Letztlich wohl auch eine Komfortfrage, aber eine mit durchaus großem Ärgernispotenzial, stellt sich für Eltern. Da Kinder nur bis 6 Jahre kostenlos beim Deutschlandticket ihrer Eltern mitfahren können, muss für Ausflüge und Co. ein eigenes Deutschlandticket für die Kinder her.

Das Problem: In der Bahn-App kann nur ein Deutschlandticket hinterlegt werden. Hat das Kind nun also noch kein eigenes Smartphone, braucht man ein Chipkarten-Ticket, was unter Umständen Zeit und Sprit-Euros kostet.

Der Vorschlag der Bahn zur Lösung dieses Problems auf BR-Anfrage: Die Tickets für die Kinder über Apps und Websites von anderen Verkehrsunternehmen kaufen. Bei einigen Schülern wurde oder wird darüber hinaus das bisherige Monatsticket für den Schulbus in ein Deutschlandticket umgewandelt. Auch das sollten Eltern vor einem Kauf kurz prüfen.

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