Studierende in einem Hörsaal (Symbolbild)
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Neues Hochschulgesetz: "Großer Schritt" oder "Reförmchen"?

Bayerns Kabinett hat einem Entwurf für ein neues Hochschulgesetz zugestimmt. Ein großer Kritikpunkt scheint ausgeräumt, aber die Opposition meldet schon Gesprächsbedarf an. Wissenschaftsminister Blume will "kompakte Beratungen" im Landtag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Perspektivisch mindestens 40 Prozent Frauen in den Leitungen, mehr Start-Ups und andere Gründungen aus dem Hochschulbetrieb heraus, in Ausnahmefällen schnelle Berufungen von "fachlich besonders hoch qualifizierten Professorinnen und Professoren": Mit diesen und anderen Maßnahmen will Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) im Freistaat nach eigenen Angaben Deutschlands modernstes Hochschulrecht auf den Weg bringen.

Man werde für eine "neue Gründerzeit an Bayerns Hochschulen" und noch bessere Studienbedingungen sorgen, sagte Blume nach einer Kabinettssitzung in München. Dabei wurde der Entwurf für ein sogenanntes Hochschulinnovationsgesetz verabschiedet, das das bisherige Hochschulgesetz ersetzen soll.

Die Forschungslandschaft habe sich seit der vorangegangenen umfassenden Novelle 2006 grundlegend geändert, erklärte Blume. Er verwies auf Digitalisierung, Globalisierung, Klimaschutz und eine "veränderte Weltlage". Ebenfalls neu: Ein Landesstudierendenrat soll in Bayern erstmals im Hochschulrecht verankert werden - laut dem Minister "als Stimme für die unmittelbar Betroffenen".

Hochschulgesetz: Jahrelanges Projekt vor dem Finale?

Blume hat das Projekt Hochschulgesetz von seinem Amtsvorgänger und Parteikollegen Bernd Sibler geerbt. Angekündigt hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Hochschulreform bereits vor zweieinhalb Jahren, die Verabschiedung vor der Sommerpause 2021 scheiterte an vielen offenen Fragen. Das neue Gesetz soll helfen, die Wissenschaftslandschaft in Bayern für die nächsten 20 bis 30 Jahre aufzustellen. Von Anfang an gab es aber auch viel Kritik an den Reformplänen: Verschiedene Hochschulvertreter befürchteten einen Bedeutungsverlust bestimmter Gremien und weniger hochschulinterne Demokratie.

Diesen Punkt will Blume jetzt ausgeräumt wissen: Die organisatorische Eigenständigkeit der Universitäten und Hochschulen soll laut dem neuen Wissenschaftsminister nicht verändert werden. "Die bewährte und von allen Gruppen akzeptierte Organisationsstruktur bleibt erhalten", steht im Kabinettsbericht. Darin wird auch erläutert, wie universitäre Neubauten künftig schneller entstehen könnten: Die Hochschulen können demnach "die Bauherreneigenschaft für einzelne Baumaßnahmen oder für alle Baumaßnahmen sowie für Liegenschaften erhalten" - und damit Vorhaben schneller realisieren, wenn ihnen die staatlichen Bauämter zu langsam sind.

Landtag: Opposition hat weiter Diskussionsbedarf

Der hochschulpolitische Sprecher der Landtags-AfD, Ingo Hahn, bekräftigte bei BR24live seine Befürchtung, dass kleinere Studienfächer in Bayern künftig vernachlässigt werden könnten. Er könne kein wirklich stichhaltiges Konzept erkennen, sagte Hahn unmittelbar nach Blumes Ausführungen. Zuletzt hatten Geistes- und Sozialwissenschaftler die Befürchtung geäußert, dass ihre Fächer marginalisiert werden. Blume wies diese Bedenken erneut zurück.

CSU-Wissenschaftspolitiker Robert Brannekämper betonte dagegen, ebenfalls bei BR24live, dass es Reformbedarf gebe: "Wir haben viele Nobelpreise, aber es mündet am Schluss nicht in Arbeitsplätzen." Unterdessen sagte Johanna Weidlich von der bayerischen Landesstudierendenvertretung bei BR24live, dass es jetzt auf die genaue Ausgestaltung des Gesetzes ankomme. Sie drängte auf Frauenförderung – und darauf, dass bei Entscheidungen an den Hochschulen immer auch Nachhaltigkeit und Klimaschutz berücksichtigt werden.

Blume: Gesetz soll ab 1. Januar 2023 gelten

Geht es nach Bayerns Wissenschaftsminister Blume soll das neue Hochschulgesetz ab 1. Januar 2023 gelten. Ob das so kommt, wird sich zeigen: Zunächst wird der Gesetzentwurf im Landtag beraten - dort haben auch SPD, Grüne und FDP bereits Diskussionsbedarf angemeldet.

Grünen-Hochschulpolitikerin Verena Osgyan sprach in einer ersten Reaktion von einem "Hochschulreförmchen". Von der markigen Rhetorik bleibe nur ein Sturm im Wasserglas. "Der Vorschlag ist peinlich uninnovativ und völlig ungeeignet, um die Probleme der Hochschulen wirklich anzugehen." Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Heubisch, früher selbst bayerischer Wissenschaftsminister, teilte mit: "Große Veränderungen zum ersten Entwurf lassen sich nicht erkennen. Für dieses Gesetz hätte der Minister nicht ausgetauscht werden müssen."

Blume wiederum hat das Ziel sehr ambitioniert formuliert: "Vermutlich ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für die Hochschulen in Bayern", sagte der Minister über das geplante Hochschulgesetz. Er setzt jetzt auf "hoffentlich zielführende und kompakte Beratungen im Landtag".

(mit Informationen von dpa)

BR24live: Die Pressekonferenz nach der Kabinettsitzung mit Einordnung im Video

Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU)
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Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU)

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