Margaret Qualley (r) als Jamie und Geraldine Viswanathan als Marian in einer Szene des Films «Drive-Away Dolls» (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 07.03.2024 in die deutschen Kinos. (zu dpa-Kinostarts) Foto: Wilson Webb/Universal Pictures/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Film und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
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"Drive-Away Dolls" von Ethan Coen - ein Roadtrip zweier junger lesbischer Frauen

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Zu viele Dildos: Der Film "Drive-Away Dolls" von Ethan Coen

Die US-amerikanischen Coen-Brüder Ethan & Joel haben Oscars für "Fargo" und "No Country for Old Men" gewonnen. Jetzt gibt's einen neuen Film: "Drive-Away Dolls", der erste filmische Alleingang von Ethan Coen seit langem. Brilliert er auch ohne Joel?

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Dieser Film hat ein Dildo-Problem. Und zwar ein großes. Dildos allüberall. Sie sind nicht der Running, sondern der Standing Gag. Dabei geht es um den Roadtrip zweier junger lesbischer Frauen. Und um deren zufällige Verwicklung in kriminelle Machenschaften. Die eine ist Jamie – gespielt von Margaret Qualley als erotische Draufgängerin –, die andere Marian (Geraldine Viswanathan) als anfangs verklemmte Büroangestellte.

Schlüpfriger Blick auf lesbische Sexualität

Es scheint, als habe Ethan Coen, inzwischen 66 Jahre alt und seit langer, langer Zeit mal wieder allein für die Regie verantwortlich, sich in leicht seniler Autonomie in die Pubertät zurückkatapultiert. "Drive-Away Dolls" ist ein ziemlich schlüpfriger Jungsfilm. Mit einem seltsamen Blick auf lesbische Sexualität.

Ethan Coen hat sich für "Drive-Away Dolls" in Ermangelung seines Bruders Joel Hilfe von seiner Frau Tricia Cooke geholt. Die ist queer, aber die beiden haben gemeinsame Kinder und sind verheiratet. Das Medium Kino ist ihr durchaus vertraut – sie arbeitet als Cutterin und Produzentin. Cooke gab den Anstoß. Sie habe schon lange ein durchgeknalltes Roadmovie über zwei lesbische Frauen machen wollen, erzählte sie einem US-Magazin für unabhängiges Kino, und nun hätte sich mit "Drive-Away Dolls" die Gelegenheit ergeben. Sie wolle queere Charaktere in einem Film mitspielen lassen, ohne dass es explizit um deren Queerness gehe. Was ihr Mann dann daraus gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt.

Roadtrip nach Florida

Von einer Geschichte oder einer komplexen Handlung zu sprechen, wäre übertrieben. "Wir sind einfach nur auf dumme Ideen gekommen und haben versucht, die in den Film einzuarbeiten", sagt Cooke. Was die beiden jungen Frauen, die sich rund um die Jahrtausendwende spontan auf einen Roadtrip nach Tallahassee in Florida begeben, anfangs nicht wissen: Im Kofferraum ihres vertauschten Mietwagens befindet sich ein Koffer mit brisantem Inhalt – und hinter dem sind dann bald ein paar Ganoven her. Das ist alles.

Wiedergängerinnen von "Thelma & Louise"

Vor dieser Folie von zusammenhanglosen Irrungen und Wirrungen – es geht munter drunter und drüber – können vor allem die beiden Hauptdarstellerinnen überzeugen. Die coole Margaret Qualley, Tochter von Schauspielerin Andie MacDowell, und die hier zuerst recht bieder wirkende Geraldine Viswanathan, seit 2019 mit Daniel Radcliffe in der Comedy-Fernsehserie "Miracle Workers" zu sehen, entwickeln eine schöne Chemie als ungleiches Paar. Für einen typischen Coen-Film sind sie ideal besetzt – als eine Art komische Wiedergängerinnen von "Thelma & Louise".

Eindeutig viel zu viele Dildos

Allerdings war das legendäre Drama von Ridley Scott über zwei feministische Desperados schon deutlich weiter vor gut 30 Jahren als jetzt "Drive-Away Dolls". Viele Zuschauerinnen und Zuschauer waren damals euphorisiert, einige auch empört über die Gewalt, die Frauen ausüben können, und nicht wenige hofften, dass der Film etwas ändern würde für weibliche Charaktere in Hollywood. Nimmt man jetzt Coen zum Maßstab, muss man sagen: Nein, dessen neuer Film ist ein deutlicher Rückschritt. Frauen spielen zwar die Hauptrollen, aber der Blick auf das lesbische Duo sowie dessen Sexualität ist voller Klischees und wird aus der heterosexuellen Perspektive eines alten weißen Mannes dargestellt. Das muss nicht per se schiefgehen – ist es hier aber samt den viel zu vielen Dildos.

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